Raus aus dem Har(t)z IV!
wirklich utopisch, aber nehmen wir doch nur einmal an, es würde so funktionieren, dann wären es doch nur wenige Schritte und alle wären raus aus dem Tief, nicht wahr? Und was soll man schon verlieren, wenn geschickt investiert wird. Dann bestünde ja theoretisch noch immer die Chance, den Einsatz wieder heraus zu bekommen, wenn man geschickt an die Sache heran geht. Du kennst das doch am besten und weißt doch aus eigener jahrelanger Erfahrung, wie es Dein ehemaliger Chef mit Antiquitäten gemacht hat.“ . Damit hatte Stefan eigentlich Recht. In meiner Arbeit im Antiquitätenladen habe ich sehr häufig mitbekommen, wie mein ehemaliger Chef teilweise gezielt mit Fachwissen ausgestattet die Schnäppchen erkannte, die er dann nur wenig später mit enormen Profit weiter verkaufen konnte. Nicht wenige waren froh, für den in ihren Augen ‚Alten Krempel‘ vom Dachboden überhaupt ein paar Euro Scheine zu bekommen und hatten nicht die leiseste Ahnung, was da teilweise für Schätze schlummerten. Während mein Chef nicht nur diese Schätze erkannte, sondern auch gleich wusste, wen er sie anbieten und teuer weiter verkaufen könnte. Er brachte das Angebot zum Interessenten und Suchenden. Mehr war es ja wirklich nicht. Aber das soll so pauschal für alles gelten? Ich war mir nicht sicher, wobei ich den Eindruck hatte, dass Stefan geradezu darauf brannte, hier eine solche Gruppe zu etablieren. Stefan, der Luftikus, der dafür bekannt war, alles anzufangen und nichts zu Ende zu bringen. Ausgerechnet er. Michael sagte mir einmal am Telefon, eines von jenen Gesprächen, die stundenlang andauerten und in denen wir über Gott und die Welt sprachen und uns ausließen über so ziemlich alles, was um uns herum geschah, dass Stefan immer dann, wenn er über eine neue Geschäftsidee liest oder im Internet auf eine Verkaufsseite für irgendeine Software oder irgendein Konzept stößt, dass man nur kaufen müsse und dann Millionär werden würde, am liebsten immer sofort zuschlagen würde und sich schon im Ferrari vorfahren sieht. Seine Gedanken rennen in solchen Fällen viel zu schnell vorwärts und sehen nur das bestmögliche Ende. Ein Mensch, der schnell zu begeistern ist und der jetzt eine Idee auf den Tisch knallte, die eigentlich im groben Konzept gut klang –wer möchte nicht sein Geld verdoppeln, und dann immer wieder, bis Wohlstand erreicht ist- aber ausgerechnet aus seinem Mund kam. Ein Fakt, der selbst die größte und beste Idee disqualifizierte und wieder nur als eine seiner üblichen Schnellschüsse suggerierte. Hätte Michael damit angefangen, vermutlich wäre der Funke übergesprungen, der nach und nach, je länger ich darüber nachdachte, nicht in meinem Kopf ausging, sondern seltsamerweise weiter loderte und dort ein dauerhaftes Feuer zu entfachen drohte. Aber Stefan, der Luftikus und Traumjäger? Oder in diesem Fall der unverstandene Visionär?
Ein ungutes Gefühl machte sich breit im Magen, was ich aber auch durchaus auf den billigen Rotwein schieben könnte, der zur Neige gegangen war und jetzt in meinem Bauch mit seiner Rache drohte. Wenn ein kleines zu oft ‚Feuer‘ schreit und jedes Mal nur einen Spaß machte, wer soll dann noch auf die Warnung hören, wenn es doch einmal ernst werden würde? So kam ich mir im Moment vor. Stefan. Hätte ich nicht von Michael, der ihn immerhin schon länger kannte als ich, gewusst, dass Stefan gern Träumereien nachjagt und schnell zu begeistern ist, vermutlich hätte ich mich bei dieser Idee besser gefühlt oder wäre direkt darauf angesprungen. Denn zu verlieren hatte man ja wirklich nichts. Aber ich wusste eben, dass Stefan auch ein Traumtänzer sein kann und konnte das nicht einfach so ausblenden. Dabei fiel mir auf, dass ich mir schon jene Art Gedanken machte, als wenn diese Idee konkret wäre und ein gemeinsamer Plan, der eben uns allen hier aufgetischt wurde. Dabei habe ich ihn ja nur gefragt, was ‚Mastermind Gruppe‘ bedeutet, also noch nichts wirklich Verfängliches. Doch mein Interesse war unzweifelhaft geweckt und ich konnte an den Gesichtern von Tobias und Stefan erkennen, dass in deren Köpfen vermutlich gerade ähnliche Gedanken durchschossen, da sie noch immer ruhig da saßen und vermutlich froh darüber waren, dass Stefan mich jetzt wieder zu einer Antwort oder Reaktion drängte: „Na, was hältste denn jetze davon?“. Ein ehemaliger Schulkamerad, heute Psychologe, sagte mir vor wenigen Jahren, als ich ihn –damals noch Verkäuferin im
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