Raus aus dem Schneckenhaus
erlebte soziale Situation im Geist minutiös in allen Einzelheiten durch. Sie fragen sich, wie peinlich sie wohl auf andere gewirkt haben, fühlen sich beschämt und ärgern sich über sich selbst. Sie sehen ihr Verhalten viel negativer, als es tatsächlich war und verstärken damit ihre sozialen Ängste. Beim Nachgrübeln über eine bestimmte soziale Situation spüren Sozialphobiker ihre damalige körperliche Erregtheit und ihre peinliche Betroffenheit noch einmal ganz neu, weshalb ihre Erinnerungen für sie sehr belastend sind, während Außenstehende den möglichen kleinen Fauxpas gar nicht im Gedächtnis behalten haben. Menschen mit sozialen Ängsten gehen davon aus, dass die anderen bemerkt haben, welche innerliche Erregung sie gespürt haben. Sie verknüpfen dies mit anderen subjektiv blamablen Auftritten und Begegnungen, sehen sich darin bestärkt, dass sie unfähig und unattraktiv sind, und fühlen sich in ihren Erwartungsängsten bestätigt. Positive Rückmeldungen würdigen sie kaum, da ihre kritische Selbstwahrnehmung alles dominiert.
Erhöhte Selbstaufmerksamkeit: Selbstbeobachtung statt Kontaktorientierung
Menschen mit sozialen Ängsten erwarten eine negative Beurteilung ihrer Person und ihres Verhaltens und neigen zu einer intensiven Selbstbeobachtung. Sie erleben sich selbst aus der Beobachterperspektive , vom Standpunkt der sozialen Umwelt aus, und beschäftigen sich ganz mit ihren eigenen Wahrnehmungen, Empfindungen, Gedanken und Verhaltensweisen, statt ihre Aufmerksamkeit voll und ganz auf ihre Interaktionspartner zu richten. In Anwesenheit anderer Menschen zeigen die Betroffenen eine erhöhte Selbstaufmerksamkeit und beobachten sich ständig selbst bei allem, was sie tun und sagen. Sie stehen gleichsam neben sich selbst und überwachen und bewerten andauernd ihr eigenes Verhalten. Wenn sie mit einer anderen Person Blickkontakt haben, versetzen sie sich in ihr Gegenüber und betrachten sich selbst aus dessen Perspektive. Ihr Verhalten in sozialen Situationen wird also durch eine doppelte Beobachter-Perspektive reflektiert und dadurch blockiert: Zum einen beobachten sozial ängstliche Menschen sich selbst anstatt ihre Gesprächspartner, zum anderen fühlen sie sich von den anderen beobachtet und sehen sich ständig aus deren Blickwinkel. Ihre Selbstaufmerksamkeit ist umso mehr erhöht, je größer die Unsicherheit und je geringer das Selbstvertrauen sind. Hinter dieser Selbstbeobachtung steht die Überzeugung, dass die anderen sehen können, was man innerlich spürt.
Bei andauernder Selbstbeobachtung hört man auf, zielorientiert zu handeln, und verharrt in einem höchst unangenehmen Zustand eines übersteigerten Bewusstseins seiner selbst, das jede soziale Begegnung erschwert und die nötige Konfrontation mit den Angst machenden Personen und Situationen verhindert. Aufgrund ihres selbstbeobachtenden Verhaltens und ihrer mangelnden Aufmerksamkeit nach außen wirken die Betroffenen noch unsicherer, gehemmter und distanzierter, als sie tatsächlich sind. Sozialängstliche Personen sind derart mit sich selbst beschäftigt, dass sie sich an das objektive Geschehen kaum erinnern können. Sie ergänzen ihre Erinnerungslücken durch Angst machende Vorstellungen, wie die anderen angeblich auf sie reagiert hätten. An ihre eigenen Gedanken, Gefühle und körperlichen Zustände können sie sich dagegen sehr gut erinnern.
Wie sehr ist Ihnen eine erhöhte Selbstaufmerksamkeit in sozialen Situationen vertraut? Ahnen Sie bereits, wie die Lösung Ihres Problems ausschauen müsste? Sie müssen gleichsam sich selbst vergessen, um sich ganz auf die anderen konzentrieren zu können.
Sicherheitsverhalten: der Versuch, soziale Ängste zu kontrollieren
Es ist ganz normal, sich auf bevorstehende soziale Situationen möglichst gut vorzubereiten, um erfolgreich zu sein. Menschen mit sozialen Ängsten haben jedoch eine übergroße Aufmerksamkeit für alles, was sie in ihrem Selbstwertgefühl bedrohen könnte. Aus Angst vor einem unerträglichen Restrisiko sozialer Kritik treffen sie übermäßige Vorbereitungen, entwickeln perfektionistische Strategien und sichern sich extrem ab, wobei sie gleichzeitig weit überhöhte Ansprüche an sich selbst stellen. Viele Betroffene leben aus Angst vor der Peinlichkeit eines öffentlichen Kontrollverlusts in großer Furcht vor einer sichtbaren Panikattacke, die sie um jeden Preis zu vermeiden trachten.
Eine der Hauptursachen für das Weiterbestehen sozialer Ängste sind
Weitere Kostenlose Bücher