Raus aus dem Schneckenhaus
sich selbst und die soziale Umwelt .
Es besteht ein sehr negatives Selbstbild, das die Grundlage vieler sozialer Ängste darstellt: »Ich bin seltsam, minderwertig, unterlegen, uninteressant, unattraktiv, hässlich, nicht liebenswert, langweilig, ungeschickt, unfähig, dumm, völlig anders als alle anderen, mache alles falsch.« Das Selbstwertgefühl ist oft derart gering, dass die Betroffenen davon überzeugt sind, gar keine soziale Anerkennung zu verdienen. Sozial ängstliche Menschen sind sich selbst die schärfsten Kritiker und fürchten letztlich jenes Urteil am meisten, das sie innerlich über sich selbst längst gefällt haben. Hierin besteht die Falle: Aufgrund ihrer übertriebenen Selbstkritik suchen die Betroffenen verzweifelt nach einem positiven Feedback seitens der Umwelt und machen sich dadurch völlig abhängig von den Rückmeldungen der anderen.
Zu dem negativen Selbstbild kommt dann noch eine falsche Sicht auf die anderen Personen hinzu: Die anderen werden als kritisch, ablehnend, demütigend, überlegen, intelligent, kompetent wahrgenommen und warten nach Meinung der Betroffenen nur darauf, dass sie ein Zeichen von Schwäche zeigen, um dann gnadenlos zuzuschlagen.Sozial ängstliche Menschen glauben oft, dass alles besser wäre, wenn sie selbst intelligenter, attraktiver oder sympathischer wären. Sie übersehen dabei, dass andere Menschen durchaus ähnlich wie sie selbst sind und dennoch keinerlei Kontaktprobleme haben, weil sie anders mit ihren Eigenarten umgehen.
Falsche Wenn-dann-Annahmen (konditionale Überzeugungen) .
Als Folge des falschen Bildes von sich selbst und anderen entstehen pessimistische Annahmen und Befürchtungen: »Wenn ich erröte (zittere, schwitze, stottere), falle ich als nervlich angeschlagen oder schwach auf«, »Wenn ich meine Meinung sage, werde ich kritisiert und abgelehnt«, »Wenn ich meinen Standpunkt vertrete, werde ich nicht mehr geliebt«, »Wenn ich nicht alles richtig mache, werde ich nicht akzeptiert«, »Wenn andere meine Angst erkennen, werden sie mich für schwach halten«, »Wer mich näher kennt, wird mich nicht mehr mögen«, »Wenn ich nichts sage, gelte ich als schüchtern oder langweilig«, »Wenn ein Gespräch nicht gelingt, liegt das nur an mir.« Die Betroffenen schreiben sich selbst vorschnell alle Schuld zu, weil sie sich für die optimale Gestaltung sozialer Situationen verantwortlich fühlen. Sie werden gehemmt, ziehen sich zurück und verhalten sich im Sinne einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung so, dass mit erhöhter Wahrscheinlichkeit das eintritt, was sie gefürchtet haben: Sie fallen unangenehm auf und werden tatsächlich weniger gemocht, sodass sie sich in ihrer Unfähigkeit bestätigt fühlen.
Extrem hohe Standards und Regeln für das soziale Auftreten und Zusammenleben (perfektionistische Leistungsansprüche) .
Überhöhte, völlig unrealistische Anforderungen an sich selbst sollen die gefürchtete negative Beurteilung anderer abwenden: Wäre man vollkommen, müsste man nicht mit Kritik rechnen. Die perfektionistische Haltung, sich unerreichbare Ziele zu setzen, zeigt sich z. B. in Denkmustern wie: »Ich muss immer stark sein«, »Ich darf keine Schwäche zeigen«, »Ich darf keinen Fehler machen«, »Versagen ist Schwäche«, »Gefühle zeigen bedeutet, keine Kontrolle über sich zu haben«, »Ich darf nicht nervös sein«, »Ich muss die Beste sein«, »Ich verhalte mich unakzeptabel«, »Ich muss immer etwas Interessantes sagen oder tun«, »Ich muss einen guten Eindruck machen«, »Ich muss immer den Erwartungen der anderen entsprechen«, »Alle müssen mich mögen«, »Ich darf keine Angst haben, um gut funktionieren zu können.« Viele dieser Gedanken laufen automatisch ab und werden von den Betroffenen oft gar nicht wahrgenommen. Durch Bewusst-Machen kann man diese Gedanken jedoch ändern.
Aufgrund ihrer negativen Denkmuster überschätzen sozial ängstliche Menschen die Wahrscheinlichkeit negativer sozialer Erfahrungen. Sie interpretieren alle möglichen sozialen Situationen als potenziell bedrohlich und entwickeln eine ständige Selbstbeobachtung sowie ein ausgeprägtes Sicherheitsverhalten. Ihre Wahrnehmung ist selektiv: Positive Reaktionen ihrer Mitmenschen übersehen sie und vermeintlich kritische Reaktionen registrieren sie übersensibel. Sie neigen zu einem Bestätigungsverhalten: Was ihre Überzeugungen und Annahmen (»Mich mag ohnehin kein Mensch«) bestätigt, wird eher wahrgenommen als das, was ihren
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