Raus aus dem Schneckenhaus
darum, keine Angst vor anderen Menschen zu haben, sondern trotz Angst all das zu tun, was Ihnen wichtig ist.
Das von uns vorgeschlagene Akzeptanztraining in fünf Etappen beruht auf einer neueren Behandlungsform innerhalb der Verhaltenstherapie, nämlich auf der sogenannten Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT). Sie lernen dabei, Ihre Symptome, Gedanken und Gefühle durch Akzeptanz statt durch Kontrolle zu überwinden.
Angstvermeidung ist Erlebnisvermeidung: Akzeptieren Sie Ihre Angstgefühle
Wie schwer fällt es Ihnen, Ihre Ängste zuzulassen und das zu tun, was Ihnen wichtig ist? Sozial ängstliche Menschen vermeiden und fliehen nicht deshalb aus ängstigenden Situationen, weil sie Angst haben, sondern weil sie nicht bereit sind, ihre Furcht vor anderen Menschen zuzulassen und zu spüren – aus Angst, dabei unangenehm aufzufallen. Versuchen Sie nicht, Ihre Ängste mit aller Kraft kontrollieren und beseitigen zu wollen. Wenn Ihnen im Umgang mit Ihren Mitmenschen etwas wichtig ist, tun Sie es einfach – mit Angst und trotz Angst! Lassen Sie Ihre Ängste und Befürchtungen zu, ohne ständig dagegen anzukämpfen. Das verstärkt nur Ihre Anspannung. Begrüßen Sie stattdessen Ihre soziale Angst und treten Sie mit ihr in einen Dialog: »Da bist du also wieder, ich kenne dich schon. Jetzt gehen wir ein Stück gemeinsam weiter, nämlichauf andere Menschen zu. Du darfst mich begleiten, wenn ich jetzt vermehrt mit Menschen in Kontakt trete.«
Lassen Sie Ihre Gedanken, Vorstellungen, Gefühle und körperlichen Reaktionen kommen und gehen, wie die Wellen des Meeres, die bei Flut zu einem Höhepunkt ansteigen und dann während der Ebbe wieder abflauen. Beim Schwimmen oder Bootfahren bewältigen Sie Wellen bekanntlich am besten, wenn Sie sich mit ihnen bewegen, statt dagegen anzukämpfen. Lassen Sie Ihre inneren Bilder vorbeiziehen wie die Wolken am Himmel, wie Geräusche, die laut und bald wieder leiser werden. Akzeptieren Sie Ihre Gedanken und Gefühle in sozialen Situationen ebenso wie Ihre körperlichen Zustände, ohne dagegen anzukämpfen, denn diese sind nur vorübergehend und werden von allein wieder verschwinden.
Akzeptanz von Angst und Furcht bedeutet nicht, vor diesen starken Emotionen zu kapitulieren und zu resignieren, wie viele Menschen mit Angststörungen fälschlicherweise meinen. Es ist nur ein Verzichten auf unwirksame Kontrollstrategien, die viel Kraft kosten. Wenn Sie nicht mehr gegen Ihre Angst kämpfen, können Sie mit Ihrer Angst all das angehen, was Ihnen wichtig ist.
Sind Sie überzeugt, dass Sie soziale Situationen erst dann befriedigend erleben können, wenn Sie keine Angst vor anderen Menschen mehr haben? Meinen Sie, Sie müssten erst Ihre sozialen Ängste beseitigen, bevor Sie mit anderen erfolgreich Kontakt aufnehmen können? Gehören Sie zu jenen Personen, die es für eine Schwäche halten, Angst zu haben und ihre Furcht in der Öffentlichkeit nicht kontrollieren zu können? Dann ist es nur logisch, dass Sie sich ständig bemühen, Ihre Angst besser »in den Griff« zu bekommen, und sie zu beseitigen. Doch das funktioniert nicht.
Angst ist eine zutiefst menschliche Empfindung und überfällt uns in Situationen subjektiver Gefahr. Es ist daher ganz normal, in Situationen, die wir als bedrohlich einschätzen, Angst zu bekommen. Auch Menschen, die keine Angststörung haben, können im Umgang mit anderen dieselben Ängste haben wie Patienten mit einer sozialen Phobie. Gesunde Personen stellen sich oft ähnliche Fragen wie sozial ängstliche Menschen, z. B.: »Werde ich gut ankommen?«, »Wie wird es mir gehen, wenn mich die anderen kritisieren?«, »Soll ich meinen Auftritt nicht doch noch verschieben, bis ich mich besser präsentieren kann?«
Was meinen Sie: Wieso ist wohl die gleiche Reaktion einmal gesund und warum hat sie einmal Krankheitswert? Es sind nicht die Gedanken und Gefühle an sich, sondern vielmehr die Problemlösungsversuche , dieden Unterschied ausmachen. Sozialphobische Personen neigen zu Flucht, Vermeidung, Unterdrückung und Ablenkung; sie sind daher vor allem mit der Kontrolle ihrer Angst beschäftigt und möchten erst dann tun, was sie sich wünschen, wenn sie keine Angst mehr haben. Gesunde Menschen lassen sich ihren Umgang mit anderen nicht von ihren Befürchtungen diktieren; sie tun trotz gewisser Ängste das, was ihnen in sozialen Situationen wichtig ist, denn sie haben die Entscheidung getroffen, dass sie im Kontakt mit anderen Menschen etwas Positives erleben
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