Raus mit der Sprache
entsteht häufig aus unbewältigten Sozialisationskonflikten, die in der Phase der Prüfungsvorbereitung und Prüfung wieder aufbrechen und zusätzliche Ängste produzieren. Prüfungsangst ist dann ein Angstgemisch aus realer Angst und neurotischer Angst und daher sehr komplex.
Neurotische Prüfungsangst kann man sich in etwa so erklären: In der Prüfungssituation werden unbewusst Ähnlichkeiten der Strukturen der jetzigen Situation mit einer früheren unbewältigten Konfliktsituation wahrgenommen. Beispielsweise taucht in der Prüfer-Prüfling-Beziehung die frühere Eltern-Kind-Konstellation wieder auf. Da die Konflikte unbewusst sind, können die alte Kinderangst und die jetzige Bedrohung nicht auseinander gehalten, nicht getrennt betrachtet werden. Die früher erlebte Hilflosigkeit und Ohnmacht wird auf die Prüfungssituation projiziert, und wie früher wird mit einer massiven Angst darauf reagiert. Das hat zur Folge, dass die Situation nicht mehr realistisch, sondern übertrieben eingeschätzt wird (man nennt das Regression; es wird nicht bedacht, dass man nicht mehr das kleine, hilflose Kind, sondern erwachsen geworden ist und dazugelernt hat). Schließlich kann man sogar völlig außerstande sein, die problemlösenden Schritte zu |119| tun, mit denen die Angst hinsichtlich der Prüfung verringert werden könnte – ein Teufelskreis.
Die Angst vor dem Examen kann auch etwas zu tun haben mit Konflikten wie
der Angst vor dem Danach:
Einerseits ist man froh, die Lernerei hinter sich zu haben und nicht mehr abhängig von den Eltern zu sein; andererseits liegt Neuland vor einem, und das ist naturgemäß immer mit Unsicherheit behaftet, zumal heute, wo ein Hochschulabschluß keinen nahtlosen Übergang in den entsprechenden Beruf mehr garantiert und oft Zwischenlösungen und Umwege angesagt sind.
der definitiven beruflichen Festlegung:
Solange der letzte Schritt, das Examen, nicht gemacht ist, hält man sich weiterhin alle Möglichkeiten offen.
einer persönlichen Veränderung:
Wenn zum Beispiel für die Zeit nach dem Examen die Hochzeit geplant ist. Das ist eine weitere Festlegung, die man vielleicht noch nicht oder nicht mehr eingehen möchte. Dann hilft eine Examensstörung, die Austragung des Konflikts hinauszuschieben.
Das sind nur einige Beispiele, für die Prüfungsangst stehen kann. Wenn Sie aus vorhergehenden Prüfungen von sich wissen, dass Sie ein Prüfungsangst-Typ sind, und wenn Sie den Eindruck haben, dass Dinge mit hereinspielen, die dem eigentlichen Prüfungsgeschehen nicht angemessen sind, dann ist es sinnvoll, psychologische Beratung in Ihre Examensvorbereitung mit einzuplanen, und zwar rechtzeitig und nicht erst fünf vor zwölf. Auf die Schnelle geht da in der Regel nichts mehr. Der Wirkungsgrad jeder Strategie wächst mit der Zeit.
Wenn Sie zielgerichtet, realistisch und konkret geplant und studiert haben, wenn Sie Risiken eingegangen sind, anstatt sie zu vermeiden, dann haben Sie neben Ihrem Wissen auch Selbstsicherheit (Sie sind sicher in dem, was Sie können und was Sie nicht können) und Selbstbewusstsein (Sie haben akzeptiert, dass Sie vieles, aber nicht alles können) erworben.
|120| Ich behaupte, dass die Chancen der neurotischen Angst relativ gering sind, wenn Sie diese Prämissen erfüllt haben, und dass sie ausbricht, wenn das nicht der Fall ist.
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|121| 9. Bilanz - Was hat das Buch bewirkt?
Zum Abschluss sollen Sie sich anhand der folgenden Fragen vergegenwärtigen, welchen Nutzen Sie aus der Lektüre des Buches gezogen haben.
Einschätzung
Wenn Sie das Buch gelesen haben,
welche Anregungen haben Sie bekommen?
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was haben Sie vermisst?
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werden Sie es noch systematisch durcharbeiten? Wenn nein, warum nicht?
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|122| Wenn Sie das Buch über das reine Lesen hinaus durchgearbeitet haben, dann füllen Sie bitte den Fragebogen zur Angsthierarchie erneut aus, ohne jedoch vorne nachzuschauen. Vergleichen Sie erst im Nachhinein.
Angsthierarchie
Ausmaß der Hemmungen, vor Gruppen zu reden
In einer Veranstaltung (stellen Sie sich bei dieser und allen folgenden Situationen eine Veranstaltung mit etwa 15 bis 30 Teilnehmern vor) soll
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