Raus mit der Sprache
Beurteilung der Wirkung nützlich:
(1) Denkstil
Damit ist gemeint
die äußere Übersichtlichkeit (Gliederung), also klare Unterteilung in verschiedene Abschnitte und
die innere Folgerichtigkeit (Ordnung), also klarer sachlogischer und psychologischer Aufbau.
(2) Sprachstil
Hier geht es um
die Wortwahl (Genauigkeit, Verständlichkeit, Erklärung von Fachausdrücken und Fremdwörtern) und
den Satzaufbau (einfach, kurz, anschaulich, klar).
(3) Sprechstil
Darunter fallen
Stimme, Satzmelodie,
Lautstärke, Betonung,
Geschwindigkeit, Pausen,
Deutlichkeit.
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(4) Schauform
Hierher gehören
Mimik (Blickkontakt),
Gestik (natürliche, den Text unterstreichende Bewegungen),
Haltung (Lockerheit),
angemessene Kleidung – darauf kommt es bei einer Bewerbung oder einem großen öffentlichen Auftritt auch an.
Sie können Ihren Probe-Zuhörern den folgenden Beurteilungsbogen (hier ausgelegt für sechs Vortragende) in die Hand drücken, auf dem diese vermerken, was ihnen zu den vier Kategorien bei Ihrem Probe-Vortrag auffällt. Auf dem zweiten hier abgedruckten Formblatt können Sie sich die Änderungsvorschläge notieren. Es ist durchaus nicht so, dass Sie alle Anregungen aufgreifen müssen, sondern Sie bestimmen, was zu Ihnen passt, womit Sie sich gut fühlen – authentisch muss es sein.
Es bleibt nicht aus, dass Sie für bestimmte Fragen ›betriebsblind‹ werden, wenn Ihre Gedanken lange um dasselbe Thema kreisen. Um grobe Fehler möglichst auszuschließen, sollten Sie die Probe-Runde auffordern, mit einem unbefangenen Blick von außen Kritik zu üben und Verbesserungsvorschläge zu machen. Das wird sich positiv auf Ihre Selbstsicherheit beim Vortragen auswirken.
Mit diesem – ich will gern zugeben: arbeitsintensiven – Vorgehen können Sie inhaltliche Schwächen, Unklarheiten, unscharfe Formulierungen sowie eigene Unsicherheiten erkennen und ausmerzen. Und vor allem können Sie feststellen, ob Sie mit der zur Verfügung stehenden Zeit hinkommen. Das können Sie auf keine andere Weise als durch vorheriges Üben lernen.
(Zum Umgang mit der Zeit folgt gleich mehr.)
Wenn Sie das Referat schon ein oder mehrere Male gehalten haben, dann ist es Ihnen im Ernstfall so vertraut, dass Sie die Aufregung unter Kontrolle und viele Valenzen frei haben für eine gute Präsentation.
Andernorts wird das Üben in der freien Rede seit langem ernst genommen. So gibt es im Old College, dem Sitz der |104| juristischen Fakultät der Universität Edinburgh, seit 1787 Debattierclubs, in denen Studierende diese Fertigkeit üben.
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|104| Jeweils zwei Redner für Pro und für Contra eines Themas versuchen, innerhalb von zehn Minuten die Versammlung auf ihre Seite zu schlagen. Mit der Stimmabgabe in Form von roten Glaskügelchen wird der Favorit bestimmt. Als Diskussionsgegenstand eignet sich alles, worüber sich trefflich streiten lässt. Nebensächlich ist, wer Recht hat, und der Reiz der Rede liegt oft darin, dass der Verfechter einer Sache womöglich privat ganz anderer Meinung ist.
Das ist – trotz der unterschiedlichen historischen und kulturellen Prägungen – eine nachahmenswerte Form des Übens. Die Praxis rethorischer Wettbewerbe hat sich inzwischen auch hierzulande an einer Reihe von Unis etabliert.
Umgang mit der Zeit
In der Kirche, aber auch in manchen Vereinigungen gilt die Regel: Man kann über alles reden, aber über nichts länger als 20 Minuten. Das ist wohl ein erprobter, jedoch nicht absoluter Erfahrungswert für Konzentration und aufmerksames Zuhören. Denn die angemessene Dauer hängt von der jeweiligen Redesituation ab. Für ein fachliches Referat kommt es zudem auf die Vorgaben des Dozenten an. Jedenfalls sollten Sie 45 Minuten auf gar keinen Fall überziehen – eher weniger – und dann, nach kurzer Pause, die Möglichkeit für Fragen bzw. zur Diskussion geben.
Die Videoaufzeichnungen veranschaulichen eindrücklich den Unterschied zwischen Vortrag, bei dem Haltung, Gesichtsausdruck und Gesten noch etwas angespannt oder verhalten sind, und Diskussion, bei der die meisten durch den direkten Kontakt mit den anderen lebendiger und frischer wirken. Sie brauchen sich davor also nicht zu fürchten.
Sie sollten zu Beginn Ihres Referats klarstellen, ob Sie Zwischenfragen zulassen oder ob diese notiert und erst am Ende des Vortrags gestellt werden sollen. Sie können es so oder so machen, es gibt kein Besser oder Schlechter. Für den Anfang |105| halte ich es für einfacher, wenn Sie erst einmal
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