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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Señoritas ?, fragte sich Raven. Ach ja, Mexiko und die Azteken ...
    »José; Hernandez, der Einzige in der Gruppe mit Familie - eine Frau und zwei Töchter in Quipas, einem kleinen Küstennest. 29 Jahre alt. Mexikaner natürlich. Er hat eine Mechanikerausbildung und war daher für die Schiffsmaschine und die Tauchausrüstung zuständig.«
    Ein olivfarbenes, etwas spitzes Gesicht unter einer wirren Masse schwarzen Haars. Dunkle Schatten auf den Wangen, was an der Beleuchtung im Augenblick des Fotografierens liegen oder die Ölspritzer von einem Aufenthalt im Maschinenraum sein konnten. Das Bild war unscharf und nicht farbecht. Raven blätterte achselzuckend weiter.
    »Ihr Kutter. Die LAURA.«
    »Hübsches Schiffchen«, meinte Raven. »Das heißt, wenn man es mal streichen würde.«
    Melissa McMurray erlaubte sich ein leises Lachen. »Seetüchtig war sie jedenfalls.«
    Raven sah aus den Augenwinkeln, wie sie erst in der einen, dann in der anderen Tasche ihrer Kostümjacke nach etwas tastete. Dann holte sie ein Päckchen Zigaretten hervor.
    Sie bot Raven eine an, er schüttelte den Kopf, fingerte jedoch sein Feuerzeug aus der Hosentasche.
    Als er ihr, über den Schreibtisch gebeugt, Feuer gab, berührten ihre Finger die seinen. Sie waren trocken und kühl. Die Berührung dauerte einige Sekundenbruchteile länger, als unbedingt nötig gewesen wäre.
    »Seetüchtig vielleicht«, bemerkte er. »Aber auch einem Sturm gewachsen?«
    »Am siebten Tag - dem Tag, an dem der Funkkontakt mit der LAURA abbrach - war es nach Auskunft der Meteorologen von Port-au-Prince im gesamten Bereich der Caicos-Inselgruppe sonnig und windstill. Die LAURA ankerte bei einem Korallenriff, das zu dieser Gruppe gehört. Am neunten überflog eine Maschine des Seenotdienstes die fragliche Stelle, und am zehnten traf ein Rettungsschiff vor Ort ein. Nichts. Keine Spuren. Weder Wrackteile noch Öl auf dem Wasser. Die LAURA ist nicht untergegangen, sondern schlicht und einfach davongedampft.«
    »Mit dem Piratenschatz an Bord?«, erkundigte sich Raven nicht ohne Ironie.
    Diesmal lachte Melissa McMurray schallend. »Romantiker, was? Aber wenn Sie wollen, können Sie es so ausdrücken. Nur dass es sich nicht um einen Piratenschatz handelt, sondern um kostbare aztekische Kunstwerke, die die spanische Galeone ESPERANZA im Jahre 1526 an den Hof des Kaisers nach Madrid bringen sollte. Der Name ESPERANZA war übrigens absolut treffend, denn diese Gabe stellte die letzte Hoffnung Cortez' dar, die Gunst des Kaisers zurückzuerlangen. Auf die Spur der ESPERANZA bin ich bei Recherchen in Lissabon gestoßen, als ich in der Staatsbibliothek Akten der Junta dos Mathematicos, des damaligen portugiesischen Staatsrats für Seefahrt, sichtete. Zwischen diesen Akten fand ich einen Bericht über den Untergang der ESPERANZA, verfasst vom Kapitän des Begleitschiffes, der glücklicherweise auch die genauen nautischen Positionsangaben niedergelegt hat. Und jetzt fragen Sie mich bitte nicht, wie dieses Dokument nun von Madrid nach Lissabon gekommen ist. Das gehört zu den Merkwürdigkeiten, mit denen wir Historiker uns bei der Quellenforschung tagtäglich herumschlagen müssen.«
    Raven hatte eigentlich auch gar nicht vorgehabt, sich danach zu erkundigen. Er stand auf und trat ans Fenster. Die Straße drunten lag grau und verlassen im wolkengefilterten Licht. Die Bäume am Straßenrand verloren schon die ersten Blätter. Und hinter Ravens eigenem Maserati stand ein lackschwarzer Jaguar, der normalerweise nicht hierher gehörte. Melissa McMurray war ebenfalls ein Fan von schnellen Sportwagen.
    Das Schweigen dehnte sich endlos lange aus. Raven versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Irgendwie wollte es ihm nicht gelingen. Er hatte Schwierigkeiten, die bunte Karibik mit dem grauen London in Übereinstimmung zu bringen.
    Noch schwieriger war es allerdings, seine privaten Emotionen mit den geschäftlichen Erfordernissen zu koordinieren.
    Schließlich drehte er sich auf dem Absatz herum und blickte Melissa McMurray geradeheraus an. »Sie haben Interpol eingeschaltet?«
    »Gewiss.«
    »Dann verstehe ich nicht, warum Sie zu mir kommen. Das Verbrechen - wenn es eines ist - hat in der Karibik stattgefunden. Die Verbrecher - wenn es welche sind - sind zwei Amerikaner und ein Mexikaner. Die Verbindung zu England besteht nur darin, dass das Britische Museum, Ihr Arbeitgeber, den Auftrag zu der Taucherexpedition erteilt hat und somit sozusagen der Geschädigte ist. Obwohl sich sicherlich auch

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