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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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langweilten, ging sie auf die Eingangstür zu und trat auf den Hof hinaus.
    Tief sog sie die frische Luft ein. Zigarettenrauch konnte sie zur Not noch ertragen, aber gleich zwei Zigarrenraucher, das war entschieden zu viel.
    Sie hörte Schritte hinter sich und entdeckte Hillary Benson, die sich ihr näherte.
    »Da drin herrscht wirklich reichlich dicke Luft«, sagte sie mehrdeutig. »Ich versuche seit Jahren, mir das Rauchen ganz abzugewöhnen, aber es gelingt mir einfach nicht. Vor allem während der Scheidung ist es richtig schlimm geworden.« Sie musterte Janice. »Falls Ihnen die Frage nicht zu indiskret ist: Raven und Sie haben nie überlegt zu heiraten?«
    »Überlegt haben wir schon.« Janice zuckte die Achseln, senkte den Blick und scharrte mit einem Fuß über das Pflaster. »Es hat sich irgendwie nie die richtige Gelegenheit ergeben. Irgendwann waren wir schon so lange verlobt, dass keiner von uns mehr einen Grund sah, am gegenwärtigen Zustand etwas zu ändern.«
    »Tja, manchmal ist es besser so.« Hillary seufzte. »Hätte ich es ebenso gemacht, hätte ich mir die schlimmsten Jahre meines Lebens erspart. Bis zu unserer Hochzeit war der ehrenwerte Diplomat Roger Benson ein wirklich lieber und netter Kerl. Aber kaum waren wir verheiratet und zogen nach Australien, fing er an, sich in ein Ekel zu verwandeln.«
    »Das tut mir leid für Sie.«
    »Ach was, das braucht es nicht. Mir tut es nur selbst leid, dass ich trotzdem so lange bei ihm geblieben bin, nur um nicht die Schande einer Scheidung auf mich zu laden, als die sie in gewissen Kreisen immer noch betrachtet wird.«
    Janice wusste nicht, was sie darauf noch erwidern sollte, und ließ ihren Blick umherwandern. Die Sonne versank hinter dem Horizont und tauchte den Himmel in ein farbliches Wechselspiel von Rot und Blau, aber hier, hinter den hohen Mauern, die den Hof umgaben, herrschte bereits nur noch ein dämmriges Zwielicht.
    »Einige der Efeupflanzen sind bereits ordentlich an den Wänden hochgerankt«, stellte sie fest. »Bei unserer Ankunft ist mir das gar nicht so aufgefallen. Da habe ich sogar zu Raven gesagt, dass alles noch etwas kahl aussieht, sich das aber wohl ändern wird, wenn das Efeu erst einmal eine gewisse Höhe erreicht.«
    »Komisch, jetzt, da Sie es sagen, fällt es mir auch auf.« Hillary runzelte die Stirn und trat ein paar Schritte auf die Mauer zu. »Das Efeu ist erst vor ein paar Tagen gepflanzt worden. Es kann eigentlich noch gar nicht so hoch gewachsen sein. Ich bin mir ebenfalls sicher, dass es noch heute Vormittag nur ein paar kümmerliche kleine Triebe waren.«
    Janice begriff erst einen Augenblick zu spät, was das bedeutete. Bevor sie etwas sagen konnte, stieß Hillary plötzlich einen Schrei aus, und irgendetwas riss sie kraftvoll von den Beinen.
    ES empfand wachsendes Vergnügen. Wie es aussah, bildeten die Sterblichen, die ES in seine Falle gelockt hatte und die keine Ahnung von seiner Existenz hatten, sich tatsächlich ein, den Kampf gegen ihn aufnehmen zu können. Ihre hilflosen Versuche beschränkten sich zumindest bislang jedoch auf das Anbringen einiger magischer Zeichen, von denen sie sich Schutz erhofften. ES konnten sie damit nicht aufhalten, höchstens einige unbedeutende Tricks wie die Verwandlung ihres Essens in Käfer oder dergleichen zukünftig verhindern.
    ES bedauerte, dass es noch längst nicht seine frühere Stärke zurückerlangt hatte. Bislang hatte ES den größten Teil seiner neu gewonnenen Kraft dazu verwendet, die schlimmste Fantasie seines ersten Mittlers auch auf andere Städte auszudehnen. Heroische Akte der Zerstörung, wie ES sie liebte.
    Aber ES wusste nicht, ob die Menschen in seiner unmittelbaren Nähe nicht auch über gefährlichere Möglichkeiten als die albernen Symbole verfügten, und so beschloss ES, ihnen nun noch stärkere Aufmerksamkeit zu widmen.
    So sehr ihre unbeholfenen Versuche ES einerseits amüsierten, so ärgerte ihre ungeheuerliche Anmaßung ES anderseits auch.
    Die Zeit war gekommen, ihnen einen Denkzettel zu verpassen und ihnen SEINE Macht zu demonstrieren.
    Es rief seinen Mittler herbei, um alles in die Wege zu leiten.
    Alles ging so schnell, dass Janice im ersten Moment nicht einmal richtig mitbekam, was geschah. Ein harter Ruck an den Beinen ließ Hillary stürzen, aber erst nach Sekunden entdeckte Janice die dunkle Masse, die unmittelbar vor der Frau das Pflaster bedeckte und sich in der hereinbrechenden Dunkelheit kaum davon abhob.
    Weitere ein, zwei Sekunden

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