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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dieselben Reiter waren?«
    »Du hast sie doch gesehen.«
    »Ich habe ein paar seltsame Männer auf Pferden gesehen«, entgegnete Janice. »Immerhin könnte es eine zufällige Ähnlichkeit sein.«
    Raven schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Ich spüre, dass es sich um die gleichen Dämonen handelt. Eine Begegnung wie diese vergisst man nicht so leicht. Vielleicht nie. Können wir weitergehen?«
    Janice nickte, steckte ihre nutzlosen Schuhe in Ravens Jackentaschen und hakte sich bei ihm unter.
    Sie war nicht halb so ruhig, wie sie sich gab. In ihrem Inneren brodelte es. Sie hatte genauso deutlich wie Raven gespürt, dass die Gestalten, die da an ihnen vorübergerast waren, keine Menschen waren. Der Atem des Bösen, des Unmenschlichen, der sie wie eine unsichtbare Aura umgab, hatte auch sie gestreift.
    Aber wenn es überhaupt eine Möglichkeit gab, Raven zu beruhigen, dann die, möglichst gleichmütig zu tun. Sie würde alles nur verschlimmern, wenn sie zeigte, wie es in ihr wirklich aussah.
    Raven ging immer noch schnell. Er drehte sich immer wieder um und starrte angstvoll die Straße hinunter. Aber er hatte sich wieder in der Gewalt.
    »Ich möchte nur wissen, was sie hier suchen«, murmelte er. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nur meinetwegen gekommen sind.«
    »Vorhin warst du ganz sicher.«
    »Wenn sie gekommen wären, um mich umzubringen, wäre ich längst tot«, entgegnete Raven. »Der, den ich kennen gelernt habe, hat jedenfalls nicht lange gefackelt.«
    »Immerhin hast du ihn besiegt«, gab Janice zu bedenken.
    Raven lachte rau. »Oh ja! Es war ein Kinderspiel, weißt du.« Er betrachtete für einen Augenblick seine Handflächen. Die dünnen weißen Linien darauf waren kaum noch zu sehen. Die Ärzte, die seine Hände zusammengeflickt hatten, hatten wirklich etwas von ihrem Handwerk verstanden. Aber die Narben würden trotzdem bis an sein Lebensende bleiben - eine dauerhafte Erinnerung daran, wie knapp er bei seiner ersten Begegnung mit dem Schergen der Hölle dem Tod entgangen war.
    »Ich war richtig enttäuscht, als alles vorbei war«, fuhr er sarkastisch fort. »Schließlich bekommt man nicht jeden Tag Gelegenheit, mit einem lebenden Schatten zu kämpfen.« Er schüttelte entschlossen den Kopf. »Wir müssen weg hier«, sagte er. »Am besten noch heute Nacht.«
    »Eigentlich passt es nicht zu dir wegzulaufen«, sagte Janice.
    »Ich laufe nicht weg. Ich ...« Raven brach ab, biss sich auf die Lippen und beschleunigte seine Schritte. Janice hatte plötzlich den Eindruck, als ob ihm die letzten Worte leidtaten.
    »Du willst nicht aus Angst weg, nicht wahr?«, fragte sie mühsam. »Du ...«
    »Hör auf!«
    »Du glaubst, dass ich ebenfalls in Gefahr bin«, fuhr Janice langsam fort. »Und ich weiß sogar, warum. Du hast es mir selbst erzählt.«
    »Was habe ich dir erzählt?«
    Janice blieb stehen. »Du selbst hast gesagt, dass die Schattenreiter nur - nur für ihre Opfer sichtbar sind«, sagte sie stockend.
    Raven schüttelte unwillig den Kopf. Aber er widersprach ihr nicht.
    Sie wussten beide, dass sie Recht hatte.
    Der Regen hatte kurz vor Sonnenaufgang begonnen, und mit ihm waren die Kälte des bevorstehenden Winters und das trübe Zwielicht eines Herbstmorgens über die Insel hereingebrochen. Die Temperaturen waren schlagartig gefallen, und der Seewind, der noch am vergangenen Abend mild und fast warm gewesen war, biss jetzt mit Millionen winziger Zähne in Ravens Gesicht.
    Er zog die Schultern hoch, vergrub die Linke in der Manteltasche und fuhr sich mit der freien Hand nervös über das Gesicht. Er fühlte sich unwohl. Er fror. Sie waren erst nach drei Uhr in die Pension zurückgekommen, und er hatte während der übrigen Nachtstunden so gut wie gar nicht geschlafen.
    Keiner von ihnen hatte die Schattenreiter noch einmal erwähnt. Aber wahrscheinlich hatte Janice genauso wie er an nichts anderes gedacht.
    Ihre Worte vom vergangenen Abend gingen ihm nicht aus dem Sinn. Natürlich war es nicht seine Art wegzulaufen - im Gegenteil. Wahrscheinlich hätte er sich wohler gefühlt, wenn er hierbleiben und den Kampf gegen die Dämonen aufnehmen könnte. Aber er konnte nur so lange den Helden spielen, wie sein eigenes Leben auf dem Spiel stand. Und die Tatsache, dass Janice die Unheimlichen ebenso gesehen hatte, war ihm Warnung genug.
    Die Bestien würden sich kaum damit zufriedengeben, ihn zu töten. Sie würden auch Janice umbringen - und vielleicht nicht nur sie. Er hatte schon einmal zu spüren

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