Raven - Schattenreiter (6 Romane)
sich demonstrativ und deutete mit einer Kopfbewegung auf seinen Wagen. »Setzen wir uns hinein. Es ist ziemlich ungemütlich hier.«
»Wir haben nicht sehr viel Zeit«, entgegnete Raven. »Die Fähre ...«
»Sehen wir«, unterbrach ihn Belders.
Raven tauschte einen überraschten Blick mit Janice, zuckte dann mit den Schultern und folgte dem Inspektor zum Wagen.
»Sie haben es ziemlich eilig, die Isle of Wight zu verlassen, wie?«, begann Belders, nachdem sie im Wagen Platz genommen hatten.
Raven nickte. »Die nächste Fähre geht erst am Abend. Und ich möchte heute noch nach London zurück.«
»Wichtige Geschäfte?«
Raven lächelte. »Warum interessiert Sie das?«
»Mich interessiert prinzipiell alles.« Belders beugte sich vor, gab dem Fahrer ein Zeichen und ließ sich mit einem Seufzer in die Polster zurücksinken. Der Wagen setzte sich in Bewegung.
»He!«, sagte Raven erstaunt. »Was ...?«
»Ich fürchte, Sie müssen doch ein wenig später nach London zurückkehren, Mr. Raven«, unterbrach ihn Belders ruhig.
»Aber unser Gepäck ...«
»Darum kümmern wir uns.« Belders lächelte böse. »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Unsere Polizei ist ziemlich wachsam.«
Raven schluckte die boshafte Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, hinunter. »Vielleicht erklären Sie mir, was das Ganze soll«, sagte er mit erzwungener Ruhe.
»Sie wissen es nicht?« Belders Stimme klang ungläubig, und in seinen Augen lag ein misstrauisches Glitzern. »Sie haben wirklich keine Ahnung?«
»Hat es mit dem Wagen zu tun?«, fragte Janice.
Belders antwortete nicht. Aber auf seinem Gesicht lag plötzlich ein Ausdruck höchster Aufmerksamkeit. Er gefiel Raven nicht. Der ganze Mann gefiel ihm nicht sonderlich.
»Ich weiß, dass wir ihn hätten zurückbringen müssen«, fuhr Janice fort. »Aber wir hatten es gestern Abend ziemlich eilig, und ...«
»Gestern Abend? Wo waren Sie da?«
Raven warf Janice einen warnenden Blick zu.
»Ich möchte zuerst wissen, was hier überhaupt gespielt wird«, sagte er betont langsam. »Vorher beantworte ich keine Frage. Und Miss Land auch nicht.«
Belders zwinkerte überrascht, schwieg einen Augenblick und zuckte dann mit den Schultern. »Es ist Ihre Sache, wie viel Arger Sie sich einhandeln wollen. Ich habe lediglich ein paar Fragen an Sie und Ihre Freundin. Wenn Sie sie beantworten und ich mit den Antworten zufrieden bin, können Sie gehen. Wenn nicht ...«
»Sagen Sie uns endlich, was los ist«, verlangte Raven. »Sie müssen es.«
Belders grinste. »Sie haben entschieden zu viele schlechte Kriminalfilme gesehen, Mr. Raven«, sagte er ruhig. »Wir sind hier nicht in Chicago. Sie werden jetzt mit mir zur Wache fahren, und dort unterhalten wir uns in aller Ruhe.« Seine Stimme wurde plötzlich um eine winzige Spur schärfer. »Und ich rate Ihnen dringend, sich ein wenig kooperativer zu verhalten, wenn Sie nicht noch mehr Arger haben wollen.«
»Noch mehr?«, fragte Raven. »Welchen Arger haben wir denn schon?«
Belders grinste, drehte sich zur Seite und starrte für den Rest der Fahrt schweigend aus dem Fenster.
Der Wagen brauste mit hoher Geschwindigkeit durch die engen Straßen des Hafenviertels. Der Fahrer hatte das Blaulicht ausgeschaltet, aber die Straßen waren dank der frühen Morgenstunde und des schlechten Wetters wie leergefegt, sodass er auf den Verkehr wenig Rücksicht zu nehmen brauchte.
Sie erreichten die Wache nach weniger als fünf Minuten - ein altes, zweistöckiges Gebäude mit schmalen Fenstern, hinter denen trübgelbes Licht brannte.
Belders stieg aus. »Gehen wir.«
Raven wartete, bis Janice der Aufforderung Folge geleistet hatte, und kletterte dann ebenfalls aus dem Fahrzeug. Ein eisiger Windstoß traf ihn, drang durch seine Kleidung und ließ ihn frösteln. Er blieb stehen, schüttelte sich und vergrub die Hände in den Taschen.
»Gehen wir hinein«, sagte Belders. »Drinnen ist es gemütlicher.«
Raven warf ihm einen eisigen Blick zu. Belders' Lächeln gefror. Er drehte sich um, winkte auffordernd und sprang mit zwei weit ausholenden Schritten die Treppe empor. Raven und Janice folgten ihm etwas langsamer.
»Ich möchte wirklich wissen, was das soll«, murmelte Janice, während sie hinter dem Inspektor durch den Korridor gingen. An der Decke brannte nur eine einzige, trübe Lampe. Aus einem der Räume, an denen sie vorbeikamen, drang das hektische Klappern einer Schreibmaschine, und irgendwo in einem anderen Teil des Gebäudes grölte ein
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