Raven - Schattenreiter (6 Romane)
auf das er hätte schießen können. Der Raum war leer.
Die beiden Dämonen waren geflohen!
Card benötigte einige Sekunden, um die Erkenntnis zu verdauen. Es wäre für die Schattenreiter ein Leichtes gewesen, ihn zu überwältigen, aber sie hatten darauf verzichtet und stattdessen ihr Heil in der Flucht gesucht. Ihre Schritte dröhnten dumpf durch das Haus.
Card sprang mit einem wütenden Knurren auf die Füße und stürzte hinterher.
Aber er kam zu spät. Der wehende Umhang des letzten Dämons verschwand aus der Hintertür, als er die Küche erreichte. Card blieb stehen, feuerte einen Schuss hinterher und rannte weiter. Draußen klang ein zorniges Wiehern auf, dann das Stampfen horniger Klauen auf dem weichen Sandboden.
Card jagte einen weiteren Schuss durch die Tür, ehe er selbst aus dem Haus stürzte. Ein schwarzer Schatten wirbelte vor ihm davon, schwang sich mit einer kraftvollen Bewegung auf den Rücken eines Dämonenpferdes und preschte in wildem Galopp los.
Card feuerte, sah, wie die Gestalt zusammenzuckte und sich im Sattel krümmte, und zog den Abzug ein weiteres Mal durch.
Der einzige Erfolg bestand aus einem leisen, blechernen Klicken. Die Waffe war leer geschossen.
Card fuhr mit einem wilden Fluch herum. Der zweite Schattenreiter schwang sich wenige Meter neben ihm in den Sattel seines Tieres und riss an den Zügeln. Das Pferd kreischte auf, stieg auf die Hinterläufe und schlug wild mit den Vorderhufen aus.
Card duckte sich im letzten Augenblick.
Die stahlharten Hufe des Tieres hämmerten dort gegen die Hauswand, wo sich Sekunden zuvor noch sein Kopf befunden hatte.
Die dünnen Bretter zersplitterten unter der fürchterlichen Gewalt der Schläge.
Card wich keuchend zurück, als das Tier wieder angriff. Die stahlharte Kante eines Hufes streifte seine Schulter.
Er schrie vor Schmerz auf, taumelte gegen die Wand und sank langsam daran herunter. Seine gesamte linke Körperhälfte schien in Flammen zu stehen. Er versuchte, auf die Beine zu gelangen, und sank mit einem schmerzhaften Seufzer wieder zurück.
Das Letzte, was er wahrnahm, war ein riesiger Schatten, der den Himmel über ihm verdunkelte, eine huschende Bewegung - dann nichts mehr ...
Sie hatte geschlafen, aber es konnte nicht lange gedauert haben. Die Fackeln in den schweren, schmiedeeisernen Haltern hinter ihr an der Wand waren kaum merklich heruntergebrannt, seit die Dämonen sie in diesen Raum gesperrt hatten.
Zu Anfang hatte sich Janice verzweifelt gewehrt und versucht, die dünnen Ketten, mit denen sie gefesselt worden war, aus der Wand zu reißen. Das einzige Ergebnis war, dass sie sich die Handgelenke wund gescheuert hatte. Schließlich hatte sie aufgegeben.
Selbst wenn es ihr gelungen wäre, die Fesseln zu sprengen, hätte sie den Saal nicht verlassen können. Die Tür bestand aus einer riesigen verzierten Bronzeplatte, die so schwer war, dass sich zwei der übermenschlich starken Dämonen dagegenstemmen mussten, um sie zu bewegen.
Janice setzte sich halb auf, wischte sich eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn und sah sich schaudernd in der weitläufigen Halle um. Der Anblick jagte ihr selbst jetzt, nach Stunden, noch einen eisigen Schauer über die Haut.
Die Halle der Särge ...
Der Name war zutreffend. Der Raum wurde von dreizehn riesigen, roh bearbeiteten Felsquadern beherrscht, auf deren Oberseiten schwarze, mit kabbalistischen Zeichen versehene Särge standen. Deckellose Särge, die so aufgestellt worden waren, dass die mumifizierten Leichname darin zu stehen schienen. Jedenfalls in denen, in denen sich noch Leichen befanden. Die meisten Särge waren leer, nur mit trockenem Staub und ein paar Brocken rostigen Eisens gefüllt.
Sie stand auf, bewegte Arme und Beine, soweit es die stählernen Fesseln zuließen, und rieb sich die schmerzenden Handgelenke. Ihre Muskeln fühlten sich taub und schwerfällig an, eine Folge der unbequemen Haltung, zu der sie die Fesseln zwangen.
Ihre Aufmerksamkeit wandte sich wieder den Särgen zu. Es konnte kein Zufall sein, dass ihre Zahl mit der der Schattenreiter übereinstimmte, Dies hier mussten die ursprünglichen Körper der Dämonen sein - die menschlichen Hüllen, in denen sie gelebt hatten, bevor sie ihre Seelen dem Teufel verschrieben.
Der Gedanke erfüllte Janice mit milder Befriedigung. Sechs der Särge waren leer. Und wenn ihre Vermutung zutraf, dann würde es jetzt eine gleich große Anzahl Schattenreiter weniger geben. Sie hatte das Ende von drei Dämonen
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