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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zugedreht.
    Boraas schüttelte den Kopf, rieb sich mit Daumen und Zeigefinger der Linken die Augen und stöhnte leise. »Ich habe versucht, sie - zu überzeugen«, murmelte er.
    Card lachte leise. »So?«
    Boraas nickte. »Der - der Assassine hat uns betrogen, wie ich vermutet habe«, sagte er. »Aber sie haben mir nicht geglaubt. Es kam zum Kampf. Einen habe ich erledigt, glaube ich, aber der andere ...« Er sah zu der reglos daliegenden Gestalt hinüber und zuckte unmerklich zusammen. »Ich sehe, Sie haben mir die Arbeit abgenommen.«
    Card schauderte. Das Wesen, über dessen Tod Boraas sprach, war jahrtausendelang sein Kampfgefährte und Kamerad gewesen. Aber wahrscheinlich durfte man nicht den Fehler begehen, bei Boraas und seinen Brüdern menschliche Reaktionen und Verhaltensweisen vorauszusetzen.
    »Und was geschieht jetzt?«, fragte Kemmler.
    Boraas sah auf. »Der Assassine«, sagte er entschlossen. »Wir müssen ihn erledigen, wenn nicht all das hier umsonst gewesen sein soll.«
    Card lachte humorlos. »Und wie soll das geschehen? Immerhin befindet er sich irgendwo auf der anderen Seite der Erde - wenn Sie uns die Wahrheit gesagt haben.«
    Boraas stand mit einem Ruck auf, stieß sich den Kopf an der niedrigen Decke und verzog das Gesicht.
    »Es gibt eine Möglichkeit«, sagte er. »Aber Sie müssen mir dabei helfen.«
    »Und wie sieht diese Möglichkeit aus?«
    »Ich sagte es bereits«, antwortete Boraas. »Wir müssen ein magisches Tor erschaffen. Das ist der einzige Weg, auf dem wir noch rechtzeitig hingelangen können.«
    »Aber ...«
    Boraas hob besänftigend die Hand. »Ich, weiß, was Sie sagen wollen, Card. Sie glauben mir nicht.«
    »Ich glaube vielmehr, dass Sie eine neue Schweinerei vorhaben, Boraas«, knurrte Card. »Wenn es dieses magische Tor gäbe, dann hätten Ihre beiden Gesellen kaum gewartet, bis wir sie eingeholt haben.«
    »Es gibt dieses Tor«, sagte Boraas eindringlich. »Aber man kann es nur zu dritt öffnen. Nur drei vereinte Geister sind stark genug, den Weg durch das Nichts zu finden. Deshalb sind sie nicht geflohen. Sie konnten es nicht. Nicht ohne mich.« Er schwieg einen Moment und streckte dann auffordernd die Hände aus. »Also?«
    Card zögerte endlos. Dann steckte er seine Waffe zurück und griff nach Boraas' dargebotener Hand.
    Ein dumpfer, hallender Gongschlag ließ die Luft erzittern. Der Ton vibrierte einen Moment lang in Ravens Schädel nach, ließ seine Zähne klappernd aufeinanderschlagen, und der damit verbundene Schmerz riss ihn endgültig in die Wirklichkeit zurück.
    Er richtete sich auf, schüttelte benommen den Kopf und starrte ungläubig auf seine blutbesudelten Hände. Hinter seiner Stirn wirbelten die Erinnerungen an die vergangenen fünf Minuten in buntem Chaos durcheinander. Er erinnerte sich genau, dass er die Halle betreten hatte und erst einem, dann allen drei Schattenreitern gegenübergestanden hatte. Und dann ...
    Raven stöhnte entsetzt auf. Sein Blick fiel auf die verkrümmte, leblose Gestalt zu seinen Füßen, und das Bild überzeugte ihn vollends davon, dass das, woran er sich zu erinnern glaubte, wirklich geschehen und nicht nur ein böser Albtraum war.
    Für ein paar kurze, schreckliche Augenblicke hatte er selbst den Griff der dunklen Macht gespürt, in deren Dienst die Schattenreiter gestanden hatten. Er war selbst zum Dämon geworden, zu einem bösen Etwas, das mit dem Raven, den er kannte, kaum mehr als den Namen gemein hatte. Für einen Moment war ein verzehrendes Feuer in ihm aufgeflammt, die Flamme einer Macht, die in ihrer Schlechtigkeit schon beinahe wieder jenseits von Gut und Böse stand.
    War ...?
    Der Gedanke ließ ihn zusammenzucken. War es wirklich nur ein Moment gewesen? Er schloss die Augen, versuchte, seine Umgebung zu vergessen, und lauschte in sich hinein.
    Es war noch immer da. Tief, tief in seinem Inneren vergraben, brodelte noch immer diese unstillbare Wut, der Wille zu töten. Er spürte seine Anwesenheit wie einen üblen Geruch, der seine Gedanken durchtränkte, etwas, das unsichtbar und doch präsent war, ein riesiges dunkles Raubtier, das in einem Winkel seines Schädels hockte und auf eine Gelegenheit wartete, ihn anzuspringen. Er war besessen. Besessen von der dunklen, bösen Seite seines Charakters, die endlich aus ihrem Gefängnis befreit worden war. Und irgendwie spürte er, dass er nur so lange Herr seines Körpers und seiner Gedanken sein würde, wie es dieses andere, finstere Wesen zuließ.
    »Endlich hast du es

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