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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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begriffen«, sagte eine wohlbekannte Stimme hinter ihm. Raven fuhr mit einer blitzartigen Bewegung herum, ballte die Hände und ging in Kampfstellung. Er war entschlossen, sein Leben so teuer wie möglich zu verkaufen.
    Ein leises, meckerndes Lachen drang durch die wogenden Nebelschleier, die den hinteren Teil der Halle beherrschten, zu ihm.
    »Du enttäuschst mich, Raven«, sagte die Stimme des Assassinen. »Selbst jetzt glaubst du noch, mich besiegen zu können.«
    Die Nebelschwaden rissen auf, als würden sie von einem plötzlichen Windstoß auseinandergetrieben, und vor Ravens Augen breitete sich ein gleichermaßen faszinierendes wie grausiges Bild aus.
    Der Hintergrund der Halle hatte sich verändert. Wo vorher der steinerne Thron des Magiers gewesen war, befand sich jetzt eine riesige, weit ausladende Freitreppe, an deren oberem Ende sich ein gigantisches bronzenes Tor erhob. Davor stand - selbst über die große Entfernung noch imposant in seiner Größe - der Assassine. Er trug ein langes, goldbesticktes Gewand und eine überdimensionale Hörnerkrone. Seine pupillenlosen Augen schienen unter einem höllischen inneren Feuer zu glühen.
    »Wie viele Beweise meiner Macht verlangst du noch, Raven?«, fragte er. »Wie oft soll ich dir noch demonstrieren, dass du vollkommen in meiner Gewalt bist?«
    Raven lachte rau. »So weit ist es mit deiner Gewalt nicht her, alter Mann«, sagte er mit einer Geste auf den toten Dämon zu seinen Füßen.
    »Narr!«, zischte der Assassine. »Ich wollte, dass du siegst. Was glaubst du, wer dir geholfen hat? Was glaubst du, von wem die Kraft kam, mit der du meine drei Diener besiegen konntest? Gegen meinen Willen hättest du keine Sekunde überlebt. Weder hier noch vorher.«
    »Aber ...«
    Der Assassine machte eine herrische Geste. »Schweig!«, zischte er. »Ich habe dich hierherkommen lassen, weil ich dich brauchte, Raven. Ich brauchte dich, um meine Macht zu festigen. Du wirst das Werkzeug sein, mit dessen Hilfe ich wieder den Platz in dieser Welt einnehmen werde, der mir zukommt. Du - und Janice. Sie ist bereits meine Dienerin. So wie auch du bald mein treuer Diener sein wirst.«
    »Du lügst!«, brüllte Raven. Seine Stimme überschlug sich fast. Er ballte die Hände, ging einen Schritt auf den Assassinen zu und blieb stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Mauer geprallt.
    Der Magier lächelte dünn. »Du glaubst mir nicht?«, fragte er. »Ich verstehe. Du verlangst Beweise. Nun, du sollst sie haben.« Er drehte sich um, hob die Arme und stieß einen Befehl in einer fremdartig klingenden Sprache hervor.
    Einen Moment lang geschah gar nichts, dann schwangen die riesigen Bronzeflügel des Tores lautlos auf, und eine schmale, in fließendes Gold und Silber gekleidete Gestalt trat hervor.
    »Janice!«, keuchte Raven.
    Aber was für eine Janice! Ihr Gesicht war zu einer wie aus Marmor gemeißelten Maske erstarrt. Auf ihrem Haar saß eine etwas kleinere Version der Hörnerkrone des Assassinen, und ihre Hände waren schwer von Ringen und kostbaren Armbändern.
    Das Grauenhafteste aber waren ihre Augen.
    Es waren die schwarzen, pupillenlosen Augen des Assassinen. Dunkle, inhaltslose Löcher, die ihrem starren Puppengesicht das Aussehen eines Totenschädels verliehen.
    Raven schrie auf, taumelte einen Schritt zurück und blieb abermals stehen. Der Assassine drehte sich betont langsam wieder herum. Auf seinen Zügen erschien ein dünnes, höhnisches Lächeln.
    »Glaubst du mir nun, Raven?«, fragte er. »Sie ist meine Dienerin. Sie gehört mir. Mir! So wie auch du mir gehören wirst.« Das Lächeln verschwand wie fortgewischt von seinem Gesicht. Der Blick seiner Augen wurde stechend. »Komm jetzt, Raven«, sagte er leise. »Deine Zeit ist abgelaufen!«
    Raven spürte, wie das namenlose Etwas in ihm wieder zum Leben erwachte. Er wollte sich wehren, schreien, irgendetwas tun, aber sein Körper gehorchte ihm plötzlich nicht mehr. Starr vor Entsetzen registrierte er, wie er aufstand und langsam, wie eine Marionette, an deren Fäden ein unsichtbarer Spieler zog, einen Schritt auf den Assassinen zuging.
    Der Alte lachte triumphierend. »Es ist geschehen! Du hast die Schattenreiter getötet und bist dadurch selbst zum Dämon geworden. Nichts wird dich jetzt mehr retten können, Raven. Nichts! Ich ...«
    Ein blendender, blauroter Blitz löschte das hellrote Licht der Höhle aus. Der Assassine schrie auf, riss schützend den Arm vor das Gesicht und taumelte zwei, drei Schritte zurück.

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