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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sein kannst«, sagte sie leise.
    Jeffrey lächelte. »Manchmal muss man das sein. Menschen wie Card kann man nur mit Härte schlagen. Er ist selbst ein harter Mann, und wenn man ihm einmal nachgibt, hat man verloren.«
    Sie bewegte sich unruhig. Der Kimono floss in raschelnden, seidigen Wellen an ihrem Körper entlang, und wieder überkam ihn dieses seltsame neue Empfinden, dieses Verlangen, das weit über das rein Körperliche hinausging.
    »Verloren?«, fragte sie. »Hast du denn etwas zu verlieren?«
    Jeffrey winkte ab. »Ach, das ist doch nur so eine Redensart. Du darfst nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.«
    »Stimmt das, was er erzählt hat?«, fragte Carol.
    »Was?«
    »Das mit eurer Reise und alles.«
    »Natürlich. Wir haben diese Reise unternommen.«
    »Du weißt genau, was ich meine«, sagte sie. »Ist dort wirklich etwas - geschehen?«
    »Geschehen? Was soll denn geschehen sein. Wir haben Glück gehabt, Paul und ich, das ist alles. Card spinnt. Dieser Schnüffler hat ihn mit seinem Gerede von Übersinnlichem angesteckt. Du glaubst doch nicht etwa an diesen Humbug, oder?«
    Carol nickte. »Doch.«
    »Doch? Soll das heißen, du glaubst an Gespenster, Zauberer und verhutzelte alte Frauen, die bei Vollmond Kröteneier suchen, um einen Fluch auf ihre Nachbarn herabzubeschwören?«
    »Natürlich nicht. Aber ich weiß, dass es Dinge gibt, von denen die Menschen besser die Finger lassen.«
    »Ach, und jetzt meinst du, Paul und ich hätten einen Pakt mit dem Teufel geschlossen oder sonst was?« Er bemühte sich, seiner Stimme einen möglichst spöttischen Tonfall zu verleihen.
    Carol war näher an der Wahrheit, als sie vielleicht selbst ahnte. Und er spürte, wie ihn dieses zerbrechliche, zarte Ding durchschaute. Seine Gedanken schienen so klar vor ihr zu liegen, als wäre sein Kopf aus Glas.
    »Carol«, sagte er eindringlich. »Ich will dich da nicht mit hineinziehen. Bitte, vergiss es!«
    »Es stimmt also.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. »Paul wurde das Opfer von übernatürlichen Kräften.«
    »Nein, Carol, nur ...«
    »Und du hast Angst, dass es dir genauso ergeht«, fuhr sie unbeirrt fort.
    »Ich habe keine Angst!«
    »Doch, das hast du. Ich habe es sofort gespürt, in der ersten Minute, in der ich dich sah. Du hast Angst, panische Angst. Du fürchtest dich. Wovor, Jeff?«
    In Jeffreys Augen trat ein flehender Ausdruck. »Bitte, Carol! Zwing mich nicht, dich da mit hineinzuziehen! Ich bin nicht in Gefahr. Paul trug selbst die Schuld an seinem Schicksal. Mir wird nichts passieren.«
    »Du kannst mich nicht hineinziehen«, sagte Carol. Sie trat auf ihn zu und legte die rechte Hand auf seinen Oberarm. Er war erstaunt, wie kräftig ihr Griff war. »Ich bin nämlich schon mittendrin, Jeff. Ich liebe dich, wenn du das noch nicht selbst gemerkt haben solltest. Und ich werde nicht zulassen, dass dir etwas zustößt.«
    Jeffrey lächelte traurig. »Ich liebe dich auch«, sagte er schließlich. »Und genau das ist der Grund, weshalb ich dir nichts sagen werde. Noch nicht, jedenfalls.«
    »Warum nicht, Jeff? Es ist mir ganz egal, was du getan hast. Ich will dir doch nur helfen. Vertrau mir! Ich werde niemandem etwas sagen. Card schon gar nicht.«
    »Ich habe nichts getan«, sagte Jeffrey stockend. »Aber - ich muss etwas tun. Etwas Schreckliches.«
    »Was? Sag es mir, Jeff! Bitte!«
    Jeffrey stöhnte. »Quäl mich nicht, Carol! Ich will dich nicht verlieren. Verstehst du denn nicht?«
    »Nein, ich verstehe nicht. Ich will dir helfen, das ist alles, was ich verstehe. Was ist es, das du tun musst?«
    Es dauerte fast fünf Minuten, ehe Jeffrey antwortete. Fünf Minuten, in denen sich Schweigen wie ein lastendes, drohendes Tier zwischen ihnen niedersenkte.
    »Ich - ich muss jemanden töten«, sagte er schließlich.
    Carol starrte ihn an.
    »Wen?«, fragte sie schließlich.
    Jeffrey spürte, wie sich seine Augen mit Tränen füllten. Aber es gab keine andere Möglichkeit, sie zu retten. Er wusste, dass ein Stück von ihm sterben würde, wenn sie ging. Aber es musste sein.
    »Dich«, sagte er.
    Die Welt, in der er erwachte, war weiß. Er versuchte, die Augen zu öffnen, aber das grelle Weiß, das ihm aus allen Richtungen entgegenströmte, war so schmerzhaft, dass er die Lider sofort wieder senkte.
    Er spürte, dass er auf einer weichen, warmen Unterlage lag. Seine Schultern und sein rechter Arm brannten, und dort, wo eigentlich seine Hände sein sollten, schienen zwei feurige, klopfende Lavaklumpen zu

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