Raven - Schattenreiter (6 Romane)
setzte.
Aber sie waren zu langsam.
Der vorderste Schattenreiter stieß einen markerschütternden Kampfschrei aus, riss seinen Krummsäbel aus der Scheide und preschte los. Die Gruppe teilte sich. Die Hälfte galoppierte zum Flussufer hinunter und trieb die verstörten Soldaten auseinander, während der Rest der gespenstischen Armee den Talausgang blockierte.
Charbadan sah, wie der Turm des Panzers langsam herumschwenkte. Die Sicherung der Kanone rastete hörbar aus. Gleichzeitig begannen die Maschinengewehre zu feuern. Charbadan schloss stöhnend die Augen, als die Leuchtspurgeschosse auf die herangaloppierenden Reiter zujagten.
Die Salve saß genau im Ziel. Neben und vor den Schattenreitern explodierte der Boden. Eine schnurgerade Linie winziger Dreckfontänen raste auf die Angreifer zu, kreuzte ihre Spur und jagte hinter ihnen in die Nacht.
Aber die Unheimlichen waren immun gegen menschliche Waffen. Die Geschosse rasten harmlos durch sie hindurch, durchschlugen ihre Körper ohne sichtbaren Widerstand und explodierten an der Felswand in ihrem Rücken.
Dann feuerte die Kanone.
Die herangaloppierende Meute verschwand in einer ungeheuren Explosion. Der Boden hob sich, schüttelte die Männer wie ein bockendes Pferd ab und erzitterte. Eine ungeheure Druckwelle fegte über Charbadan hinweg, trieb ihm die Luft aus den Lungen und presste ihn regelrecht in den Boden. Seine Augen tränten, und der mörderische Knall der Detonation hatte ihn fast taub gemacht.
Aber er sah noch genug von seiner Umgebung, um zu erkennen, dass die Höllenreiter auch diese Explosion unbeschadet überstanden hatten. Sie brachen aus der Nacht hervor, drangen schwertschwingend und schreiend auf die Soldaten ein. Ausgeburten der Hölle, Fleisch gewordener Albtraum, der durch nichts aufzuhalten war.
Der Turm des Panzers ruckte herum. Die Kanone richtete sich drohend auf den vordersten Reiter. Aber die Mannschaft kam nicht zu einem zweiten Schuss. Die Schattenreiter waren heran.
Charbadan beobachtete entsetzt, wie der erste Mann unter einem wütenden Schwerthieb fiel.
Er tastete blind um sich, bekam seine MPi zu fassen und richtete sich stöhnend auf. Neben ihm bewegte sich Sabid mühsam. Sein Gesicht war blutüberströmt, und auf seiner Uniform breitete sich langsam ein großer, dunkler Fleck aus. Charbadan erkannte auf den ersten Blick, dass er Sabid nicht mehr helfen konnte.
Er lief ziellos weiter, blieb stehen und sah sich gehetzt um. Der Panzer war zum Stillstand gekommen. Drei, vier Soldaten lagen bereits reglos im Sand, die anderen versuchten verzweifelt, den schweigenden, tödlichen Schatten zu entkommen. Sie hatten keine Chance. Die sechs Reiter blockierten den schmalen Ausgang des Tals, trieben die Männer mit ihren furchtbaren Säbeln vor sich her und machten einen nach dem anderen nieder. Nur vereinzelt peitschten noch Schüsse. Die Soldaten hatten eingesehen, dass die Schattenreiter unverwundbar waren, und suchten ihr Heil nur noch in der Flucht.
Vom Flussufer drang jetzt ebenfalls Kampflärm herauf. Aber auch die Männer dort unten hatten keine Chance. Die Schattenreiter trieben sie vor sich her, scheuchten sie ins Lager zurück und töteten jeden, der in die Reichweite ihrer Krummsäbel geriet.
Der ganze Spuk war in weniger als fünf Minuten vorbei.
Charbadan begriff plötzlich, dass er der letzte Überlebende war. Außer ihm waren alle Männer seines Zuges tot, Opfer der Schattenreiter oder ihrer eigenen Kugeln.
Er ließ sein Gewehr fallen, drehte sich um und ging mit erzwungenen ruhigen Schritten zum Lagerplatz zurück.
Die Unheimlichen bildeten ein stummes, drohendes Spalier zu beiden Seiten. Er versuchte, Einzelheiten zu erkennen, aber sie waren auch aus der Nähe nur stumme, gesichtslose Schatten.
»Du hast Mut, Sterblicher«, dröhnte eine Stimme in seinem Kopf. Charbadan versuchte zu erkennen, welche der Gestalten gesprochen hatte. Aber sie waren alle gleich, jede eine perfekte Kopie der anderen.
»Warum - habt ihr das getan?«, krächzte Charbadan mühsam. Er wunderte sich selbst, dass er den Mut aufbrachte, die Gestalten anzusprechen. »Es war - Mord. Sinnloser Mord.«
Ein raues, humorloses Lachen antwortete ihm. »Du sprichst von Dingen, die du nicht verstehst, Charbadan«, sagte eine der Gestalten schließlich.
»Ihr - wisst meinen Namen?«
Einer der Reiter lenkte sein Pferd aus der schweigenden Phalanx heraus und näherte sich Charbadan. »Wir wissen alles«, sagte er leise. »Alles von dir. Wir sind
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