Raven (Shadow Force) (German Edition)
Helfer eilten herbei. Holy moly! Der Typ war verrückt, ganz eindeutig. Ihre Gedanken schrien Flucht. Das schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage. Wenn alle abgelenkt waren, würde sie vielleicht entkommen können. Danach würde sie sofort zur Polizei gehen. Sollten diese Kerle ihren Streit unter sich austragen, sie musste dringend das Weite suchen und sich verstecken, damit man sie nicht finden konnte . Raven würde nach dem Aufprall nicht mehr in der Lage sein, sie zu beschützen und sie konnte ihm nicht helfen, indem sie sich kopflos opferte. Sie musste Hilfe organisieren. Einen Krankenwagen dazu. So schnell sie ihre Beine trugen , rannte sie in die entgegengesetzte Richtung und nestelte in ihrer Tasche herum. Irgendwo mussten sich ihr Handy und dieses blöde Pfefferspray befinden, das ihr Frank vor Monaten aufgeschwatzt hatte. Vielleicht hätte er ihr lieber einen Elektroschocker geben sollen, der wäre sicherlich hilfreicher gegen ihre unbekannten Verfolger gewesen. Dann hätte sie aus ihnen allen Grillhähnchen gemacht. Doch Sekunden später war Raven wieder hinter ihr. Sie hörte sein Atmen, seine Schritte und fühlte seine Nähe. Wie hatte er das gemacht? War er zweihundert Meter in fünf Sekunden gespurtet? Wie war er so schnell und dazu unverletzt aus dem Auto gekommen? Mittlerweile zweifelte sie an ihrem Verstand und verlangsamte ihr Tempo. Ihr war schwindelig und ihr Magen rebellierte. Wenigstens war Raven nicht verletzt worden und würde vielleicht einen Plan B haben, um von diesem Ort schnellstmöglich zu verschwinden. Falls nicht, würde ihr schon etwas einfallen.
„Lauf weiter“, rief er ihr zu. Ein Befehl, was sonst.
Noch einmal mobilisierte sie ihre Kräfte und setzte zu einem Spurt in die Botanik eines gepflegten Vorgartens an, der Rettung versprach. Vielleicht schafften sie es bis zur Klingel, ins Haus, in Sicherheit. Bloß weg von diesen mörderischen Typen, die sie vielleicht noch verfolgten.
„Lianne, warte.“ Er stand plötzlich vor ihr. „Hier geht´s lang.“
War er gesprungen? Geflogen? Okay, okay, sie wusste ja mittlerweile, dass er irgendwie anders war. So wie Frank wahrscheinlich. Neben einem dunklen Volvo kam sie schwer atmend zum Stehen, und als die Türen mit einem Signalton aufsprangen, stieg sie auf sein kurzes Nicken hin ein. Ihre Nerven lagen so blank, dass sie zusammenzuckte, als die Tür ins Schloss fiel. Wenn sie das hier überstehen würde, musste sie dringend etwas trainieren und sportlicher werden. Auch wenn sie Fitnessstudios hasste. Vielleicht würde Joggen im Stadtpark helfen. Oder sie musste sich einen quirligen Hund anschaffen und Agility machen. Schnell schloss sie den Sicherheitsgurt und hielt den Atem an, als er wie von der Tarantel gestochen losfuhr. Lianne stieg bittere Magensäure in die Kehle und sie würgte.
„Geht´s nicht etwas langsamer?“ Ihre Stimme war kratzig und rau.
„Nein.“
„Auf deine Verantwortung.“
Wenn sie sich übergeben musste, war das seine Schuld und sein Pech. Sie würde die Sauerei nicht wegmachen. Irgendwelche Pillendosen flogen ihr entgegen, als der Volvo über eine Kreuzung fuhr und jede Verkehrsregel missachtend die nächste Abbiegung nahm. Die Reifen jammerten bedenklich in schrillen Tönen. Der BMW, den er gerammt hatte, folgte ihnen mit quietschenden Reifen und beschädigter Front. Ravens Versuch, beide Autos zu demolieren war also gescheitert. Die verbliebenen zwei Männer in dem BMW schienen jedenfalls zu allem entschlossen zu sein und die mächtige Limousine schoss auf sie zu wie ein wildes Raubtier, das den Vollkontakt erzwingen und töten will. Nicht weniger gefährlich und entschlossen wirkte der Mann an ihrer Seite, der die Ruhe selbst zu sein schien.
„Hast du ein Handy dabei?“ Er spähte auf ihre Tasche, die sie dicht an sich gedrückt hielt.
„Ja.“
„Gib es mir“, befahl er und sein strenger Blick machte deutlich, dass er keinen Widerspruch wünschte. Für Streiterei war Lianne sowieso viel zu aufgeregt und suchte in ihrer Tasche, bis sie ihr nagelneues Motorola Handy fand. Kaum hielt sie es in Händen, griff er danach, öffnete das Fenster und schmiss es aus dem Auto.
„Das hast du nicht wirklich getan“, brachte sie hervor und das Blut kochte in ihren Adern. Wie konnte er es wagen, sich an ihrem Eigentum zu vergreifen? „Das Ding war nagelneu!“
„Dein Handy könnte geortet werden“, gab er die einzige Erklärung zurück, die sie für plausibel hielt und wohl oder übel mit
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