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Ravinia

Titel: Ravinia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Nichts eine junge Schlüsselmacherin ihre Lehre im Hause Quibbes begonnen haben. Jemand mit einem geschichtsträchtigen Namen. Ms McLane.«
    Marcion bot Lara seine Hand dar, und diese nahm den Gruß zaghaft an.
    Â»Du darfst gleich plaudern, Marcion«, meinte Berrie. Es klang wie eine Beschwichtigung. »Aber zuerst verrätst du mir bitte, woher du weißt, dass Lara hier ist.«
    Â»Das war ganz einfach«, gab Marcion gleichgültig zurück. »Immerhin hat der Junge sie durch die halbe Stadt geschleppt.«
    Die Hand wanderte zu Lee, der den Handschlag ebenfalls erwiderte.
    Â»Marcion de Huhl«, stellte dieser sich erneut vor.
    Â»Hab ich gehört«, entgegnete Lee, sichtlich unentschlossen, was er von der Erscheinung im Flickenmantel halten sollte. »Lee Crooks«, stellte er sich schließlich seinerseits vor.
    Â»Angenehm«, sagte Marcion, dann kehrte seine Aufmerksamkeit zu Lara und Berrie zurück.
    Â»Du behältst übrigens auch für dich, woher du so manches weißt, meine Liebe«, wandte er sich an Berrie. »Also lass meine Informationsquelle meine Sorge sein, so wie deine mich nicht zu interessieren hat.«
    Â»Irrtum«, lächelte Berrie ihn zuckersüß an. »Du befindest dich in meinem Haus. Und zwar zu meinen Bedingungen.«
    Marcion seufzte und machte die abwehrende Handbewegung, die Lara schon aus ihrer kurzen Begegnung in Amsterdam kannte.
    Â»Okay, okay«, ließ er vernehmen. »Ein Nimmerchen hat es mir gesteckt.«
    Das stellte Berrie offenbar zufrieden, denn sie nickte.
    Lara sah Lee an. »Ein Nimmerchen?«
    Â»Kleine Viecher, ein wenig wie springende Meerschweinchen«, meinte Berrie. »Sie sind manchmal recht nervig.«
    Â»Oder sehr nützlich«, bekundete Marcion. »Mal ehrlich, meine Liebe, manchmal sind wir doch alle froh, dass der Stadtadel es nicht geschafft hat, sie aus den Kanälen zu vertreiben, oder?«
    Berrie seufzte.
    Â»Manchmal vielleicht. Aber bei mir überwiegt der Nerv-Faktor, glaube ich. Kleine Schmarotzer.«
    Â»Na na, Schmarotzer ist kein nettes Wort«, meinte Marcion. »Wir werden manchmal auch so genannt.«
    Berrie sah ihn unverwandt an.
    Â»Na ja, in einem gewissen Maße stimmt das ja auch.«
    Ein Schulterzucken seitens des Holländers.
    Â»Du bist einer von diesen Stadtvaganten, oder?«, mischte Lee sich ein.
    Â»Ach«, Marcion winkte ab. »Weißt du, der Begriff ist so negativ besetzt.«
    Lara antwortete stattdessen.
    Â»Tom meint, Stadtvaganten seien Personen, die anderer Leute Arbeit nicht wertschätzen würden.«
    Die Belustigung in Marcions Augen wich ein Stückchen.
    Â»Das ist so nicht ganz richtig«, versuchte er es deshalb klarzustellen.
    Â»Sondern?«
    Â»Pass auf, junge Miss McLane. Ihr habt es relativ einfach in Ravinia. Du kannst zum Beispiel Schlüssel herstellen – oder wirst es irgendwann können. Da du nicht so ganz in die Welt eines Amsterdam, eines Moskau, eines London, eines New York passt, gewährt man dir wohlwollend Zutritt zu Ravinia.«
    Lara nickte, so weit hatte sie es verstanden.
    Â»Aber was ist mit denjenigen Leuten, die ebenfalls nicht in diese Welt passen? Schau mich an! Sehe ich so aus, als hätte ich in Amsterdam viel zu suchen? Ich glaube an Ravinia, an Geister, an Mythen, an Magie«, sagte er verschwörerisch. Aber Lara hatte längst begriffen, dass es scheinbar eine sehr viel tiefgründigere Seite an Marcion de Huhl gab, als den flapsigen Lebemann, den er oberflächlich gab.
    Â»Ich finde übrigens auch«, fuhr er fort, »dass man die Arbeit der besonders talentierten Leute respektieren sollte. Ich würde niemals einen Schlüssel oder etwas Ähnliches stehlen.«
    Es klang so aufrichtig, dass sich Laras Bild von Marcion, den Tom nicht leiden konnte, langsam neu zu zeichnen begann.
    Â»Ja«, gab Marcion zu. »Es gibt diejenigen unter uns, die sich ihren Zugang zu Ravinia erschleichen. Aber ich versuche seit Jahren vergeblich, eine Art Ehrenkodex für Stadtvaganten durchzusetzen. Doch ihr Lebenswandel ist ihnen zu bequem.«
    Er zog einen Schlüsselbund hervor. Dieser war wesentlich kleiner als Toms, und Lara erkannte sofort – warum wusste sie nicht, sie vermutete, es hatte mit ihrer Begabung zu tun –, dass nur drei oder vier der Schlüssel daran zu jenen sonderbaren gehörten, die an andere Orte führten.
    Marcion fingerte an dem

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