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Ravinia

Titel: Ravinia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Bund herum, löste einen besonders prachtvollen Schlüssel, der sich durch einen formschönen Kopf und einen matten Platinglanz auszeichnete, und gab ihn Lara.
    Wieder durchfuhr ein leichtes Kribbeln Laras Finger. Ja, dieser Schlüssel musste mit einer ungeheuren Liebe gefertigt worden sein. In einer verschnörkelten, geschwungenen Schrift war über den Bart hinweg Ravinia eingraviert.
    Â»Der ist wunderschön«, gab Lara anerkennend zu. »Einzigartig.«
    Marcion nickte nur.
    Â»Du kennst doch Eusebius Lanchester?«, fragte er, ohne dass er eine Antwort zu erwarten schien.
    Lara nickte. Natürlich. Sonst wüsste Marcion wohl kaum über ihren Namen Bescheid. Der Stadtrat musste ihren Namen als neuer Lehrling von Ravinia in den letzten Wochen öffentlich gemacht haben.
    Â»Dieser Schlüssel«, erklärte Marcion, »entstammt dem Nachlass von seines Bruders Witwe.«
    Â»Oh«, machte Lara bloß.
    Â»Ein alter Freund, der Ravinia schon kannte, hat mir damals den Tipp gegeben. Und da ich händeringend nach einem Ort suchte, wo man mich und meine seltsamen Eigenarten versteht, habe ich ihn ersteigert.«
    Marcion machte eine kurze, aber bedeutungsvolle Pause.
    Â»Er hat mich beinahe alles gekostet, was ich besessen habe, aber es war mir egal. Mr Lanchester hat getobt, aber er konnte es nicht verhindern. Das war mein Schritt in Richtung Ravinia.«
    Wieder ein kurzes Schweigen. Lara gab den Schlüssel zurück.
    Â»So, junge Miss McLane, ich kann vielleicht nichts Besonderes herstellen, kann mich nicht wie eine Katze bewegen, so wie die Nachtwächter, und ich habe auch keine Visionen oder was den Wahrsagern sonst noch alles Seltsames widerfährt, aber ich hänge ebenso sehr an Ravinia wie der Stadtadel oder wie sonst irgendjemand in dieser Stadt. Vielleicht hilft dir das ja über die Vorurteile mancher Schlüsselmacher hinweg.«
    Francesco und Lee zogen beide die Augenbrauen hoch. Lara war platt. Offensichtlich hatte niemand erwartet, dass Marcion de Huhl so viel von sich preisgeben würde. Berrie hingegen schien nicht sonderlich überrascht.
    Â»Viele nennen mich den König der Vaganten «, setzte Marcion noch einmal an. »Und das ist der Grund dafür, warum mich so viele Handwerker in Ravinia nicht mögen. Man nennt mich so, weil ich mich für die Vaganten einsetze, dafür, dass man sie in Ravinia akzeptiert. Aber wenn man schon den Titel Stadtvagant trägt, wird man auch gleich mit denjenigen ohne Ehre in einen Topf gesteckt. Denjenigen, die Kristallkugeln und Heiltränke, magische Spiegel und weiß der Geier was nicht alles einfach stehlen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.«
    Niemand wusste darauf etwas zu erwidern.
    Berrie begann, den Tisch abzuräumen, hielt dann aber inne.
    Â»Marcion, ich hätte da eine Idee«, meinte sie. »Du kennst doch allerhand Schleichwege. Was hältst du davon, unsere beiden Teenager sicher zum Uhrenturm zu bringen?«
    Doch bevor Marcion antworten konnte, wurden von allen Seiten Einwände erhoben:
    Â»Wieso soll ich denn mit zu diesem Uhrenturm kommen?«, fragte Lee, während Francesco offenbar Sorgen um Laras Sicherheit hegte und bedächtig fragte, ob Berrie das für eine so ausgesprochen gute Idee hielte.
    Berrie knallte den Geschirrstapel auf die rostige Spüle.
    Â»Erstens: Lee, wenn du bei mir lernen willst, dann tust du, was ich dir sage. Außerdem haben deine Träume sicherlich einen Grund. Deshalb bleibst du erst einmal bei Lara.«
    Beiläufig murmelte Marcion daraufhin etwas wie: »Ach, sieh an.«
    Â»Zweitens: Mein liebster Francesco, dann geh doch einfach mit, wenn du dich sorgst!«
    Francesco grunzte kurz, aber Marcion meinte: »Genau, komm einfach mit, dann wirst du schon sehen, dass ich die Kinder nicht auffresse. Außerdem ist es dunkel, du kannst dich also ruhig nach draußen wagen.«
    Ein weiteres Grunzen. Francesco hatte offenbar keine Lust auf einen Ausflug mit Marcion, aber er musste einsehen, dass er in die Ecke gedrängt worden war. Ihm blieb keine Wahl.
    Berrie schien zufrieden.
    Â»Na bitte«, sagte sie triumphierend. Und dann malte sie zufrieden ein weiteres Kreidezeichen an den Querbalken über der Spüle, an dem diverse gusseiserne Töpfe und Pfannen hingen.

    Sie traten hinaus in die düstergoldene Nacht.
    Dies war der Moment, in dem auch Lara erfahren sollte, was es mit dem Rondell auf sich

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