Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ravinia

Titel: Ravinia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
Vom Netzwerk:
meinte Berrie. »Besser als gut. Genial.«
    Lara musste schlucken. War Tom in Ravinia vielleicht sogar berühmt? Wie verrückt die Welt doch war.
    Aber es half ja nichts. Berrie hatte wahrscheinlich recht. Niemand konnte Tom und Baltasar und Geneva und den anderen jetzt helfen. Nur sie selbst. Vermutlich hatten sie es bereits getan. Das hoffte Lara zumindest.
    Die Tür schwang auf, und Lee trat herein. Sein Gesichtsausdruck, der zuvor irgendwie in die Ferne gerichtet gewesen war, hatte sich gewandelt. Vollkommen. Nun strahlte er über das ganze Gesicht. Er lächelte nicht dabei, und seine Mundwinkel bogen sich nicht nach oben, nein, er strahlte ganz einfach. Er leuchtete von innen.
    Hinter ihm betrat ein großer, unglaublich schlaksiger Mann mit langen, schwarzen Haaren den Raum. Oder sollte man besser sagen die Hütte, denn das war es ja schließlich? Doch der Gedanke verflog, als sie dem Mann ins Gesicht und auf die Hände sah. Jemand so unbeschreiblich Blassen hatte sie noch nie zuvor gesehen. Er war sogar im schummrigen Licht der Ölfunzeln blass. Verstärkt wurde der Eindruck noch zusätzlich dadurch, dass er einen schwarzen Anzug trug, dessen Hosen etwas zu kurz waren. Zwar war der Anzug nicht der neuste und etwas zerschlissen und voller Fussel, dafür aber mit den akkuratesten Bügelfalten versehen. Ein großer Mund setzte ein breites, zufriedenes Lächeln auf, als er Lara erblickte.
    Â»Ah, die junge Miss ist erwacht«, sagte er. Seine Stimme klang vergnügt, war aber so tief, dass Laras Ohren zu vibrieren schienen, als er sprach. Er legte zwei große, in Zeitungspapier eingewickelte Bündel auf ein Tischchen neben dem Herd, und bald duftete es in der Hütte köstlich nach gebratenem Fisch.
    Lee setzte sich zu Lara an den Tisch.
    Â»Das ist alles so unglaublich«, meinte er. »Die haben mir erzählt, ich könnte ein Wahrsager werden.«
    Â»Ein Wahrsager?« Lara war mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache. Außerdem war es ein wenig seltsam. Bis jetzt hatte sie Ravinia als eine Art persönliches Geheimnis angesehen. Das war die Stadt natürlich nicht, denn es gab ja noch viele Hunderte oder Tausende anderer Menschen, die davon wussten, aber bis jetzt war sie es allein gewesen, die Ravinia entdecken konnte, die durch jede weitere Entdeckung etwas Neues für ihre Seele mitnehmen konnte.
    Â»Ja, stell dir vor. Berrie hat sogar angeboten, das alles selbst in die Hand zu nehmen. Das ist echt unglaublich. Bis gestern war ich noch ein Nichts in einer trostlosen Kleinstadt in Rhode Island. Und jetzt? Die sprechen hier sogar alle Englisch. Na ja, die meisten zumindest.«
    Â»Erklärt das wenigstens deine komischen Träume? Ich finde es nämlich seltsam, dass Leute, die nichts mit mir zu tun haben, von mir träumen«, entgegnete Lara mürrisch.
    Â»Na ja«, Lee zuckte mit den Schultern. »Berrie hat gesagt, dass sich der Zufall manchmal auch Schicksal nennt und dass sich das mit den Träumen vielleicht bald erklären lässt.«
    Der blasse Francesco setzte sich zu ihnen an den Tisch.
    Â»Den Zufall-Schicksal-Satz sagt sie am liebsten den lieben langen Tag. Wenn du mich fragst, bedeutet er alles und nichts.«
    Â»Francesco!«
    Berrie drehte sich in gespielter Empörung vom Herd weg und stemmte die Hände in die Hüften.
    Â»Jaja, ist ja schon gut«, sagte Francesco.
    Lara wechselte das Thema.
    Â»Warum haben Sie mir eigentlich geholfen?«, wollte sie wissen.
    Â»Du fragst ja schon wieder«, stöhnte Berrie.
    Â»Das liegt in der Natur der Dinge«, rechtfertigte Lara sich.
    Berrie sagte erst einmal nichts, doch als sie ansetzen wollte, begann Francesco gerade zu erklären. Seine Worte schienen mit Bedacht gewählt, und wer nicht genau hinsah, der mochte ihn für etwas dümmlich halten. Für einen großen, schlaksigen Lulatsch. Das war er jedoch keineswegs, denn wer achtgab, konnte den scharfsinnigen Geist hinter den nachtschwarzen Augen hin und her huschen sehen.
    Â»Ich würde sagen, das liegt ebenso in der Natur der Dinge«, sagte er.
    Â»Hä?«
    Â»Na ja, dass wir euch geholfen haben, meine ich. Der Junge hat dich ziemlich heldenhaft durch die Gassen geschleppt, um Hilfe zu holen. Du bist ihm wohl einfach vor der Nase umgekippt. Einfach so. Plumps.«
    Er lachte über das Geräusch.
    Â»Dann habe ich euch gefunden. Und da der Junge aussah, als könne er dich nicht

Weitere Kostenlose Bücher