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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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er auf
Amazonenkriegerinnen steht. Meine Mutter jedenfalls war optisch wohl genau das,
was er meinte. Vielleicht hatte er deshalb ihre Akte auf seinem Computer.
    Nachdem Connor die Musik etwas lauter gedreht und das
Deckenlicht gelöscht hatte, war ich noch eine Weile bei ihm sitzen geblieben.
Ich habe keine Ahnung, woran er gedacht hat. Jedenfalls hat er keinen weiteren
Versuch unternommen, mich auszufragen.
    Als ich sagte, ich müsse jetzt gehen, blickte er
mich überrascht an. Es schien, als hätte ich ihn aus einer imaginären Welt
gerissen. Er schaltete das Licht etwas heller. Brachte mich zur Tür.
    Verlegen suchte ich nach Worten. »Wir haben jetzt
gar nicht … über … du weißt schon geredet.«
    »Soraya … du musst das können … sonst ist es Befehlsverweigerung. Darauf steht die
Todesstrafe. Denk drüber nach … und wir reden dann noch mal.«
    Ich nickte. Die Sache auf dem Dach macht mir immer
noch Angst. Es ist so viel passiert, das ich einfach nicht verstehe, auch
Connors Zögern, nachdem er bereits die Waffe gehoben hatte.
    »Warum … hast du seine Fesseln lösen lassen?«,
habe ich ihn schließlich gefragt.
    »Wohl aus demselben Grund, aus dem Erikson ihm die
Kapuze abgenommen hat.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Seine Würde … ich habe sie ihm gelassen.«
    »War das nicht riskant?«
    »Nein. Es war menschlich.«
    »Und der General?«
    »Du glaubst, der Affe könnte das durchschauen?
Nein. Der denkt nicht in diesen
Gefilden.«
    Ich muss mir eingestehen, dass auch ich noch nie
über Dinge wie Würde oder Menschlichkeit nachgedacht habe. Zumindest kann ich
mich nicht erinnern. Und im Moment bin ich auch viel zu müde dazu.
    Endlich bin ich am Eingang zur Sektion zwei
angelangt. Es ist mittlerweile kurz nach zehn Uhr. Unterwegs sind mir kaum noch
Leute begegnet. Erleichtert greife ich zur Tür. Lautlos wie ein Schatten
schiebe ich sie auf.
    Reisle kommt mir entgegen.
    »Sie sehen blass aus.« Sie streicht mir über den Oberarm.
»Nehmen Sie sich nach dem Training genügend Zeit zum Essen und Ausruhen! Die
Kantine auf der Premium-Station ist doch ganz nett. Meinetwegen müssen Sie sich
nicht abhetzen. Ich weiß ja, wo Sie sind.«
    »Danke. Das Training ist wirklich knallhart. Aber
ich muss unbedingt die Leistungsziele erreichen – da will ich mich nicht
beschweren.«
    Sie nickt. »Schlafen Sie gut!«
    »Danke.«
    Leise husche ich in den Schlafraum.
    Im Dunkeln schlüpfe ich in den Schlafanzug.
Allmählich gewöhne ich mich an das spärliche Licht der Notbeleuchtung. Ich
putze mir im Bad die Zähne und dann klettere ich in mein Bett. Kaum liege ich,
sehe ich, einen lautlosen Schatten, elegant wie eine Katze. Alice hüpft auf den
Boden und zieht sich zu mir hoch. Sie setzt sich an die Kante, lässt die Beine
baumeln.
    Alice, du
falsche Schlange, ich weiß, wer du bist.
    »Na, wie war’s?«, flüstert sie.
    Unter mir raschelt es. Kikis Kopf erscheint in
meinem Blickfeld. Ich setze mich auf, lasse die Beine ebenfalls baumeln, sodass
Kiki Platz an meiner rechten Seite findet.
    »Allesch gut?«, fragt Kiki.
    Ich nicke. »Connor hat mir seine Musiksammlung
gezeigt. Wow. Er träumt vom Regenbogen und hat Sterne in seinem Zimmer. Er war
sehr nett zu mir. Entweder mag er mich wirklich oder er schauspielert sehr gut.«
    »So?«, zischt Alice. In der Frage schwingt nichts
mit, aber sie langt, um alles hinein zu interpretieren. Ich nutze die
Gelegenheit und übernehme weiterhin das Ruder. Wenn ich sicher vor Alice sein
will, muss ich sie jetzt mit Informationen füttern. Bevor sie fragt, ist es besser, ich erzähle etwas, das ihre Neugier stillt. Schließlich ist sie ein Spitzel der
Regierung. Ein Sucher. Und vermutlich soll sie herausfinden, ob hinter meinem
Ausbruch aus der Stadt mehr steckt, als ein dummer Einfall.
    »Natürlich hat er mich gefragt, warum ich mich aus
der Stadt geschlichen habe«, sage ich, und mir gelingt sogar ein
verschwörerisches Lächeln.
    Alice schiebt sich eine schwarze Haarsträhne
hinters Ohr. »Und?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Ich hatte eine
Karte. Ich habe sie zufällig irgendwo in den Trümmern gefunden. Darauf war ein
Wasserfall abgebildet. Ich war von der fixen Idee besessen, dass ich so etwas
mal in echt sehen wollte.«
    »Ha«, lacht Kiki verschwörerisch. »Heißt es nicht,
dass man dort in einer Vision den Zukünftigen sehen kann?«
    Ich spüre, wie mir die Hitze in die Wangen steigt
und bin froh, dass es im Zimmer dunkel ist und das grüne Nachtlicht

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