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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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zu. Weitere Emotionen zeigt er nicht, denn wir sind kurz vor dem
Ausgang und diese Bereiche sind mit Kameras gesichert.
    »Glaubst du, es gibt weitere Städte … und irgendwo
noch mehr Menschen, die damals die Katastrophe überstanden haben?«, frage ich
leise.
    Kill antwortet nicht, blickt geradeaus. Mir wird
bewusst, dass er sehr vorsichtig ist. Lieber
nicht vor Kameras über solche Themen reden, sagt mir seine verschlossene
Miene. Ich beiße mir auf die Unterlippe.
    Er bleibt vor einer Stahltür stehen. Wir befinden
uns irgendwo hinter den Trainingshallen. Den Weg habe ich mir gemerkt. Es
beruhigt mich, im Notfall einen Fluchtweg in die Freiheit zu kennen. Die Tür
führt direkt nach draußen. Das erkenne ich an dem blauen Schild »Notausgang«,
dem digitalen Bedienfeld und der blinkenden Kamera. Müsste oder wollte ich
jemals über so eine Tür flüchten, wären die Sicherungsmaßnahmen allerdings ein
unüberwindbares Problem. Ich bin nicht autorisiert, die Tür zu öffnen. Und
draußen wären dann noch die Wachen auf dem Dach …
    Kill tippt einen Code aus Zahlen und Buchstaben
ein und legt seinen Daumen auf das Autorisierungsfeld. Die Tür öffnet sich. Er
geht hindurch. Dann drücke ich meinen Finger auf den Scanner und folge ihm.
    Ich blinzele in die Sonne und weiß, was ich
vermisst habe: Frische, klare Luft, den Himmel über mir und den belebenden Wind
auf meiner Haut.
    »Herrlich«, sagt er, streckt sich und atmet tief
durch. Offenbar ist auch er froh, aus dem stinkenden, schwarzen Bunker raus zu
sein.
    Er stapft sofort los.
    Ich folge ihm schweigend zum Elektrozaun, der das
Gelände um den Erntebunker sichert und uns vor Überfällen schützt. Der Zaun
besteht aus fünf Meter hohem Maschendraht, durch den Tag und Nacht Strom
fließt. Oben befindet sich zusätzlich Stacheldraht. Kill öffnet eine kleine Tür
im Zaun per Daumenabdruck. Auch ich autorisiere mich. Dann treten wir hindurch
und folgen dem schmalen Pfad in die Berge.
    »Natürlich gibt es andere Städte«, beantwortet er
nach einer Weile meine Frage von vorhin.
    »Wie kannst du dir da so sicher sein?«
    »Wie kannst du zweifeln?«
    Über seine Reaktion muss ich erst nachdenken. Also
schweige ich. Wenn es andere Städte gäbe, wäre das eine Sensation. Ich würde
jubeln und gleichzeitig trauern. Denn ich finde den Gedanken unerträglich, dass
wir isoliert voneinander leben. Mir wird übel und flau bei dem Gedanken, dass
es keinen Weg zueinander gibt. Dann ist es mir lieber, dass wir die letzten Überlebenden der
gesamten Menschheit sind …
    Das kurze Gras biegt sich im Wind. Steine und
Geröll liegen kreuz und quer auf dem schmalen Pfad. Konzentriert suche ich nach
sicherem Tritt. Es geht stetig leicht bergauf. Wir werden die Bergkette
erklimmen, die hinter den Apfelbaumhainen beginnt.
    Der erste richtige Berg nach dem langen Anstieg
ist der Apollo. Als wir fast oben sind,bücke ich mich und hebe einen kubischen
Stein auf. Vielleicht war hier früher mal eine gepflasterte Straße.
    Ich wiege den Basaltbrocken eine Weile in der
Hand. Dann werfe ich ihn im hohen Bogen fort.
    »Mädchen!«, raunt Kill abfällig und hebt einen
weiteren Stein auf. »Nimm dazu jeden Muskel deines Körpers und werfe mit viel
mehr Schwung aus der Schulter heraus! So!«
    Sein Stein fliegt die gesamte Wegstrecke zurück,
bis über den Elektrozaun. Kein Mensch kann so weit werfen. Hoffentlich hat das
niemand von den Turmwachen gesehen. Ich mustere den riesigen, fensterlosen Bunker.
Die roten Fahnen flattern lustlos an den Stangen, dann geben sie ganz auf und
hängen schlaff. Doch, als könnten sie sich nicht entscheiden, zappeln sie im
nächsten Moment wie loderndes Feuer. Drohend bläht sich die schwarze Flagge am Mast
des Mittelturms.
    Es ist unberechenbar böig heute.
    Keine Wolken.
    Spätsommerwetter.
    Die Sonnenstrahlen reflektieren an den glänzenden
Stahltüren des Bunkers.
    Ich strecke den Arm aus und zeige auf das Gebäude.
»Wie machst du das eigentlich mit dem Fingerabdruck, wenn du da rein und wieder
raus gehst? Uns haben sie erklärt, die Eingänge seien sicher gegen Wolfer.«
    »Sind sie auch.« Er grinst.
    »Nein, sind sie nicht, sonst hätte das System ja
Alarm geschlagen.«
    »Meine Identität ist mit einem Toten verknüpft,
dessen Profil wir wiederbelebt haben. Ein Programm führt meine Biodaten auf
eine abzweigende digitale Spur und umgeht eure Sicherung.«
    Ich runzele die Stirn. »Ist das nicht sehr
kompliziert?«
    »Das Prinzip ist simpel. Stell dir

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