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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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Dummheiten.«
    Der Richter nickt. »So soll es sein.«
    Alina schluchzt einmal auf. Ich atme erleichtert tief
durch. Sie wurde freigesprochen. Die Schläge durch ihren Vater rehabilitieren
die Familie.
    Die Heirat ist allerdings ein schwerer Brocken.
Kerim Nautilus wurde im Kampf mit einem Tigare verstümmelt. Ein Katzenartiger
hat ihm einen Arm und ein Bein abgebissen. Nautilus liegt im städtischen
Hospiz. Sein Schicksal machte Schlagzeile in den Nachrichten. Niemand weiß, ob
er von seinen schweren Verletzungen genesen wird. In der Tat kann ihn nur
intensive, aufopfernde Pflege retten. Da Nautilus jedoch keine Familie hat,
braucht er dringend eine Ehefrau, die ihn umsorgt. Nicht gerade der Traum einer
Siebzehnjährigen. Doch soweit ich weiß, hat Alina bisher noch keinen Mann
gewählt. Wenn ich sie auf mögliche Interessenten ansprach, wurde sie verlegen
und sagte, sie wisse es nicht.
    »Alina Hanna, Sie dürfen das Gericht verlassen«,
verkündet der Richter.
    Ich strecke die Hand nach ihr aus. »Alina, es tut
mir so leid.«
    Sie dreht den Kopf und ein Lächeln huscht über
ihre Lippen. »Schon gut. Ich will gleich zu Nautilus gehen und ihm die Verbände
wechseln.«
    In diesem Moment begreife ich, dass Alina
glücklich über das Urteil ist. Wie habe ich sie doch falsch eingeschätzt. Hat
Pa:ris gewusst, dass er Alina mit der vermeintlichen Strafe, der Ehe mit einem
Krüppel, sogar einen Gefallen tut?
    Zur Bestätigung des Urteils klopft der Richter dreimal
mit einem goldenen Hammer auf den Tisch. Dann schlägt er das schwarze Gesetzesbuch
mit dem Goldschnitt wieder auf. »Kommen wir zur Angeklagten Soraya Mistral.«
    Wie im Nebel nehme ich diesen Teil der Verhandlung
wahr. Ich habe Durst, obwohl ich gerade erst ein Glas Wasser getrunken habe,
meine Füße brennen und plötzlich habe ich das Gefühl, dass alles um mich herum
ein unwirklicher Albtraum ist.
    Im Wesentlichen liegt meine Straftat darin
begründet, dass ich die Tür mit der Schraube manipuliert habe. Ein Feind hätte
eindringen können. Das gilt als Hochverrat. Ich zittere am ganzen Körper. Als
ich die Schraube ins Scharnier gelegt habe, dachte ich nicht daran, was es
bedeutet. Ich wollte lediglich vor meinen Eltern den riskanten Ausflug zum
Wasserfall verheimlichen.
    Nach meiner Anhörung zieht sich das Gericht zurück
und beratschlagt sich. So viel ist mir schon jetzt bewusst: Wenn Pa:ris kein
gutes Wort für mich einlegt, dann erwartet mich eine harte Strafe.
    Ziemlich schnell kommt der Richter zurück. Ich
erhebe mich auf sein Handzeichen.
    »Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: Zwanzig
Hiebe mit der zwölfstrahligen Peitsche und ein halbes Jahr Gefängnis.«
    Tränen schießen mir in die Augen. Das ist mein
Todesurteil. Die Widerhaken an der Peitsche werden mir das Fleisch vom Muskel
reißen. Sollte ich die Schläge auf dem Rücken überleben, dann werde ich im
Gefängnis sterben.
    Mit unbeteiligter Miene gewährt der Richter Pa:ris
das Recht, den Ermessensraum des Gesetzes zu nutzen. Er sieht ihn aufmunternd
an. »Es liegt jetzt an Ihnen, das Urteil anzupassen.«
    Pa:ris hebt die Stimme. »Da die Angeklagte meine
Verlobte ist, sehe ich mich gezwungen, das Urteil abzumildern«, sagt er, ohne
eine äußere Regung zu zeigen.
    Mir ist bewusst, dass er sich gerade auf
eisglattes Parkett begibt. Er hat mich, eine frisch verurteilte Hochverräterin,
als seine Verlobte bezeichnet. Sein Vater wird kochen vor Wut. Aber mir ist
klar, dass er keine andere Wahl hat. Nur Familienmitglieder können ein deutlich
milderes Urteil beantragen, ohne als bestechlich zu gelten. Da Pa:ris zudem eine
hohe Stellung innehat, wird der Richter seinem Verlangen nachgeben.
    » Ich werde
meine zukünftige Frau mit den zwanzig Hieben bestrafen.« Ein Mundwinkel zuckt. »Dann
weiß sie gleich, was sie erwartet, sollte sie noch einmal gegen die Regeln
verstoßen.«
    »So soll es sein.« Der Richter nickt ernst.
    Pa:ris hebt die Hand. »Allerdings wird es mir
gestattet sein, sie mit meinen bloßen Händen zu züchtigen. Die Peitsche wird
nicht nötig sein.«
    »Das sei Ihnen gewährt.«
    Ich begreife plötzlich, worauf Pa:ris anspielt. Als
mein Verlobter ist er – abgesehen von meinen Eltern – der Einzige, der mich berühren
darf. Schläge mit der Hand, die werde ich überleben. Pa:ris hat eine winzige
Gesetzeslücke schamlos zu seinen und meinen Gunsten ausgelegt. Erleichtert und
beschämt senke ich den Kopf. Tränen rinnen über meine Wangen. Er hat mir gerade
das

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