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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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Schweigend
treten wir den Rückweg an.
    Vor mir drückt ein Mann ein Tuch gegen seine
Wange. Blut quillt daran vorbei, läuft an seinem Hals herunter und durchtränkt
sein Hemd. Eine Frau wird rechts und links von zwei Arbeitern gestützt. Sie
schleifen die Frau mehr mit, als dass diese aus eigener Kraft gehen kann. Ihr
Hemd ist am Rücken aufgerissen und hängt in Fetzen. Drei tiefe, blutende
Krallenspuren ziehen sich zwischen den Schulterblättern an der Wirbelsäule
hinab. An einer Stelle klafft die Haut auf und das Blut rinnt über Rücken und
Hose.
    Auch über meinen linken Unterarm ziehen sich drei
tiefe, blutende Kratzer. Einer der Gills reicht mir einen Verband. Im Laufen wickele
ich den Stoffstreifen um meinen Arm und verknote die Enden. Mit den Zähnen
ziehe ich den Knoten fest. Ich spüre keinen Schmerz. Vermutlich liegt es am
Adrenalin, das immer noch durch meine Adern pulst.
    Im flirrenden Nachmittagslicht liegt vor mir der
schwarze Bunker. Wir kommen ihm beängstigend langsam näher. Am Morgen war mir
der Weg nicht so weit vorgekommen. Ich lasse den Turm nicht aus den Augen. Er
wirkt auf mich wie ein in den Himmel gestreckter Finger, die Spitze verschwindet
hinter einer Wolkenwand. Das Einzige, was mich halbwegs beruhigt, sind die
Gewehrmündungen, die aus den Schießscharten herausragen.
    Als wir endlich angekommen sind, teilt uns jemand
in zwei Gruppen: Verletzte und Unverletzte. Die Arbeitsfähigen müssen zu den
unteren Hallen, wo sie die Äpfel für den Transport verpacken sollen. Ich folge
den Verletzten auf die Krankenstation.
    Eine Krankenpflegerin sprüht ein Desinfektionsmittel
auf meinen Arm. Der Alkohol brennt wie Feuer. Dann wickelt sie einen Verband herum.
Für die geprellte Schulter bekomme ich Salbe. Mir wird für die nächsten drei
Tage der Status innendiensttauglich gewährt. Der Gedanke, so lange keinen Sonnenstrahl zu sehen, gefällt mir gar
nicht. Aber ich sehe ein, dass ich als Premium-Zögling ein paar Privilegien
genieße. Vom Sport werde ich ebenfalls krankgeschrieben. Eine Entscheidung, die
ich sehr begrüße. Ich bin gespannt, was mein Sportlehrer dazu sagt. Er wollte
mich sogar vom Mond abholen, erinnere ich mich an seine Worte.
    Als ich abends zurück auf mein Zimmer komme, bin
ich hungrig und erschöpft. Die Angst der letzten Stunden hat sich in meinen
Knochen festgesetzt. Plötzlich steckt keine Kraft mehr in mir und ich schleppe
mich zu meinem Bett. Kiki zieht mich auf ihre Bettkante.
    »Erzähl, wo warscht du, als der Angriff kam?«
    »Äpfel pflücken, wo sonst?«
    »Warst du in der Nähe der Felsenkette?« Alice
setzt sich neben mich.
    Ich nicke. »Ja, am Hain unterhalb der Felsen.«
    »Wir haben uns solche Sorgen gemacht, weil du
nicht zurückkamst.« Sie hält mir ein Metallkästchen hin. »Hier, dein Abendbrot.«
    »Wie lieb von dir. Ich hätte nicht gedacht, dass
es erlaubt ist, auf dem Zimmer zu essen.«
    »Nur, wenn jemand krank ist. Sie wollen ja, dass
wir bei Kräften bleiben, um arbeiten zu können.«
    Ich öffne das Kästchen und beiße in das Brot.
    Kiki wird ungeduldig. »Nun erzähl schon. Wo
warscht du, als die Falkgreifer kamen?
    »Auf einem Baum oberhalb eines Hügels.«
    Kiki macht große Augen. »Hascht du mit einem
gekämpft?«
    »Nein, das hätte ich wohl nicht überlebt. Ich habe
versucht, ihm die Erntestange in den Bauch zu rammen. Er wollte mich gerade am
Arm packen, als einer der Gills vom Berg aus auf ihn geschossen hat. Doch er
hat den Falkgreifer nicht erwischt.«
    Kiki zieht die Stirn kraus. »Du muscht disch
irren. Da stehen keine Gills mit Gewehren. Zu riskant. Die Berge haben sie nüscht
im Griff.«
    »Das glaube ich nicht«, mischt Alice sich ein. »Die
Bergkette ist gut passierbar. Sie ist nur zu weit weg, um uns von dort zu
beschützen. Und außerdem gehört sie den Göttern. Deshalb stehen da keine
Wachen.«
    »Merkwürdig, ich war mir so sicher. Wer sonst
hätte von dort schießen können? Die Greifer bekriegen sich doch nicht
untereinander.«
    »So ist es«, flicht Alice ein. »Außerdem haben sie
keine Schusswaffen. Mit den Krallen haben sie Schwierigkeiten, den Abzug zu bedienen.«
    »Und Rebellen?«, fragt Kiki. »Was glaubscht du,
Alice?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Warum sollten sie das
tun? Die wären doch froh, wenn wir drauf gehen.«
    Ich halte den Atem an. »Rebellen? Du meinst
Demoganier! Das klingt spannend. Erzählt ihr mir, was ihr über sie wisst?«, hake
ich nach und unterdrücke nur mit Mühe meine innere

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