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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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Eimer gut halbvoll, als ein Warnruf
über die Wiese gellt. »Angriff!«
    Ein paar Frauen kreischen und laufen wie die Hasen
kreuz und quer über die Wiese. Jemand schießt. Von meinem Baum aus sehe ich durch
die Lücken des Blattwerks nur winzige Himmelsfetzen. Ich blicke runter. Unter
mir steht die Offizierin mit dem erhobenen Gewehr.
    »Oben bleiben, ran an den Stamm!«, schreit sie
mich an.
    Folgsam balanciere ich in den Schutz der inneren
Krone zurück, dort wo auch der Eimer baumelt. Wie befohlen klammere ich mich an
den Baum.
    Plötzlich höre ich einen Knall über mir und eine
Windböe erfasst mein Haar. Instinktiv drehe ich mich um und greife nach der Holzstange,
die ich in den Baum gehängt hatte. Ich halte sie vor meinen Körper wie eine
Lanze. Keine Sekunde zu spät. Zwischen den Ästen bricht ein Falkgreifer durch.
Panisch suchen meine Augen den Schutz der Gill. Aber sie feuert mit ihrem
Gewehr in eine andere Richtung.
    »Schachhaaa«, kreischt der Greifer und reißt mit
seinen Krallen die Blätter auseinander.
    Ich blicke ihm direkt in die Pupillen, sehr
menschliche Augen mit hellblauer Iris. Auf seiner Stirn prangt ein dunkelroter
breiter Strich, der sich bis über seine Nase zieht. Blut oder Farbe? Ich will
es nicht herausfinden und stoße mit der Holzstange zu. Tatsächlich streife ich
damit seinen nackten Brustkorb. Er weicht zurück, dann landet er mit den Füßen
auf meinem Ast. Unter seinem Gewicht, schwankt der Stamm und beginnt sich zu
neigen. Ich starre auf seine gebogenen Fußkrallen. Ein eiskalter Schauer jagt
mir über den Rücken; ich habe das Gefühl, eine Ratte beißt sich in meinem
Nacken fest.
    »Verschwinde!«, schreie ich mit dem Mut der
Verzweiflung und richte erneut die Holzstange auf den Vogelmann. Seine
Schultern sind mindestens so breit wie bei einem Menschen. Die vorgewölbten
Brustmuskeln glänzen. Sie sind ölig. Vermutlich, damit ihn im Zweikampf niemand
packen kann. Er greift nach meinem lächerlichen Speer und hält ihn fest.
    »Ich reiße dir den Kopf ab!«, droht er mit
kehliger Stimme und schlägt mit seinen Flügeln, während er mir die nutzlose Stange
mit einem Ruck entreißt. Vielleicht hat er gehofft, mich durch seine Stimme einzuschüchtern.
Aber ich habe bereits einen Wolfer sprechen gehört. Das Überraschungsmoment
funktioniert bei mir nicht. Ohne zu überlegen schleudere ich ihm den Eimer mit
den Äpfeln entgegen.
    Natürlich beeindruckt ihn das nicht. Er umklammert
den Ast über seinem Kopf, zieht die Flügel ein und kommt einen Schritt näher.
    Heilige
Himmelsscheiße, denke ich, was treibt die Offizierin? Warum sieht sie nicht
endlich zu mir hoch? Verzweifelt brülle ich »Hilfe!«
    Da fällt ein Schuss irgendwo von der Felskette
hinter den Obsthainen. Der Falkgreifer zögert einen kurzen Moment, er scheint
zu überlegen. Bevor seine ausgestreckte Krallenhand mich packt, springe ich und
rolle mich über meiner rechten Schulter ab. Ich lande wenige Schritte hinter der
Uniformierten. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie das Biest im Zickzackflug die
Flucht ergreift. Mein Hemd ist zerrissen und durch meinen Arm jagt ein
reißender Schmerz.
    Scheiß Falkgreifer,
scheiß Offiziere.
    Endlich dreht die Gill sich zu mir um und schießt auf
das Biest. Ihr Schuss geht ins Leere. Wer war der andere Schütze in den Bergen?
Ich spähe zu den Felsen, kann aber niemanden erkennen.
    Der Angriff ist vorbei. Meine Schulter schmerzt,
als hätte mir jemand gewaltsam den Arm verdreht.
    Unsere unfähige, dämliche Beschützerin marschiert auf mich zu und packt mich an der Schulter.
»Au!« schreie ich.
    »Verdammt!«, brüllt sie. »Missachten Sie noch
einmal meine Befehle, dann erschieße ich Sie auf der Stelle. Sie sollten sich
am Stamm festhalten und den Kopf wegdrehen.«
    »A-aber ich musste mich doch wehren.«
    »Sie müssen Ihre Arbeit machen und meine Befehle
ausführen. Verstanden?«
    Ich knirsche mit den Zähnen und nicke.
    »Antworten Sie!«, schnauzt die Frau mich an.
    »Ja, Sir. Ich habe Sie verstanden.« Trotz der
Schmerzen und der Ungerechtigkeit raffe ich meine Schultern und strecke den
Rücken.
    »Weitermachen!«, befiehlt die Offizierin, wendet
sich von mir ab und starrt zur Felsgruppe.
    Mit zusammengebissenen Zähnen sammle ich die Äpfel
auf. Zu meinem Glück ist ein Ast abgebrochen, an dem reichlich Äpfel hingen.
Nachdem ich die Früchte eingesammelt habe, ist der Eimer voll. Ich bin
erleichtert, denn ich muss nicht noch einmal auf den Baum rauf.

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