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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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Schule haben sie an Silvester einen alten Kinofilm
gezeigt.« Ich räuspere mich. »Aber natürlich habe ich noch nie einen echten
Sternenhimmel gesehen«, gebe ich leise zu.
    »Nicht?«
    »Nein. Bei uns im Bezirk gilt Ausgangssperre für
alle unter siebzehn. War das bei euch im Bezirk etwa nicht so?«
    »Doch.« Er nickt.
    »Ich hatte keine Gelegenheit. Wir wohnten in einem
Keller. Er hatte zugenagelte und mit Strom gesicherte Fenster. Wegen der
Mutare. Und dann kam ich sofort hierher – in diesen fensterlosen Bunker.«
      Connor nimmt
einen Schluck Wein. »Ich sage dir, bei klarem Himmel funkeln die Sterne da
draußen wie riesige Diamanten. Denk an meine Worte, wenn du das siehst … und
genieße jede Sekunde. Du weißt nie, wann es vorbei ist.«
    »War es das wert?«, frage ich leise und komme
damit auf seine Verletzung zurück.
    »Jede einzelne Sekunde.«
    Betreten senke ich den Blick. »Ich verstehe.«
    Connor trinkt das halbe Glas in einem Zug leer und
stellt es ab. »Der Rest ist schnell erzählt. Wir hatten gerade das Holz für das
nächtliche Lagerfeuer zusammengetragen, da waren sie plötzlich über uns. Zwei packten mich und hoben vom Boden ab.
Ich wehrte mich. Als sie hoch genug waren, ließen sie mich fallen. Wenn ich
nicht in einem Gebüsch gelandet wäre, dann hätte mich der Sturz umgebracht. So
habe ich mir nur die Wirbelsäule
gebrochen.«
    »Das ist ja schrecklich. Hinterhältige Bestien.«
    »Später habe ich erfahren, dass ein paar Gills am
Nachmittag zwei Falkgreifer abgeschossen hatten. Die Flugmonster haben sich
dafür an uns gerächt. Ich war übrigens der einzige Überlebende.«
    »Und warum hast du nicht in den Bürodienst
gewechselt?«
    »Das ist nichts für mich.« Er schluckt hörbar. »Eines
Tages schnappe ich mir ein Pferdegespann, fahre bis zum Horizont und immer weiter
… und kehre nicht mehr zurück.«
    So wie er es sagt, ist mir klar, dass er von
Selbstmord spricht, denn da draußen würde er mit viel Glück höchstens einen Tag
überleben.
    »Connor, wenn ich jemals die Sterne vor den Toren
unserer Stadt bewundern darf, dann denke ich an dich. Versprochen.«
    Er lächelt und beugt sich vor. »Wusstest du, dass
es noch weitere Städte gibt?«
    »Ich dachte, das ist ein Gerücht«, flüstere ich
ungläubig.
    »Vielleicht gibt es irgendwo Gegenden, wo keine Greifer-Bestien
sind und wo kein Krieg herrscht. Ich glaube ganz fest daran. Wenn ich erst
einmal da bin, dann heirate ich eine
Frau und schaue zu, wie meine Kinder ohne Angst über eine Blumenwiese laufen.
Das ist mein Traum.«
    Der Kerl ist verrückt, denke ich. Was er sich
vorstellt, ist unerfüllbar. Er wird niemals Kinder haben, aber ich wage es
nicht, ihm zu widersprechen.
    »Es gibt da eine Operation. Sie haben mir
versprochen, es zu tun, wenn ich meine Sache als Sucher gut mache.«
    »Und wenn Sie dich nur ausnutzen?« Meine Stimme
klingt belegt.
    »Kluges Mädchen. Das … das muss ich in Kauf
nehmen.«
    »Connor, versprich mir bitte eines, tue niemals
etwas, was du dir irgendwann nicht verzeihen kannst!«
    Er blickt mich überrascht an.
    Ich bin selbst erschrocken über meine offenen
Worte. War es der Wein, der meine Zunge gelockert hat? Am liebsten würde ich
das Gesagte rückgängig machen.
    Connor streckt die Hand nach mir aus, legt seine
auf meine. Sein Blick ist so verschleiert wie ein nebliger Tag. »Das verspreche
ich … und ich danke dir.«
    »Wofür?«
    »Dass ich durch dich den Sinn für das Wesentliche
wiedergefunden habe.«

 
    ***
    Wie angekündigt beginnt das
Bühnenstück um zehn Uhr. Die Schauspieler mimen Helden, die sich mutig den Falkgreifern
und den Mutare in den Weg stellen. Doch die Dialoge klingen hölzern und gleichen
den Reden der Regierenden.
    Leider bin ich offenbar die Einzige im Saal, die
das Geschehen auf der Bühne komisch findet. Beim ersten Lachanfall tue ich so,
als müsse ich niesen, beim zweiten schluchze ich leise ins Taschentuch und
beuge mich nach vorne unter die Sitze. Connor macht es mir nach und fixiert
mich irritiert von der Seite. Dann begreift er, dass ich nicht weinen muss,
sondern Lachtränen unterdrücke. Er zieht eine Augenbraue hoch und grinst.
    »Sag ich doch, dass die schlecht sind«, zischt er.
    »Nein, sie sind gut. Ich fühle mich bestens
unterhalten«, raune ich zurück.
    »Und ungemein spannend. Das Ende steht von Anfang
an fest.«
    »Leise sein!«, schimpft jemand aus einer der
hinteren Sitzreihen.
    Trotz der enttäuschenden Aufführung bleibe ich bis
zum

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