Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
Vom Netzwerk:
beinahe Kopf und Kragen gekostet, die
Worte der Falkgreifer zu lesen. Frau Kasten hätte sich ihren Aufstand wirklich
schenken können – an diesem Text war meiner Meinung nach nichts Rebellisches zu
finden. Wer so etwas liest, wird auch nicht automatisch zum Verbündeten dieser
Krallenmonster. Was haben die Greifer sich bloß dabei gedacht? Erst greifen sie
uns an, und dann beschweren sie sich, wenn wir uns wehren. Sie sind schon
merkwürdige Geschöpfe.
    Am Ausgang der Krankenstation lasse ich mir sagen,
welche Zimmernummer Eriksons Büro hat. Es liegt in der Nähe der Trainingshalle
für die Gill-Anwärter.
    Vor der Tür atme ich einmal tief durch, dann
klopfe ich an.
    »Ja, bitte!«
    Zögernd trete ich ein. Mein Sportlehrer sitzt am
Schreibtisch und betrachtet bunte Grafiken oder Tabellen auf einem Tablett-PC.
Mit der halbrunden Brille wirkt er auf mich wie ein Gelehrter, und auch
irgendwie älter.
    »Setzen Sie sich!« Mit einer ausladenden
Handbewegung dirigiert er mich zu dem Sessel neben seinem Schreibtisch.
    »Danke«, flüstere ich und hocke mich auf die
Kante.
    »Machen Sie es sich bequem! Ich brauche hier noch
eine Minute.«
    Er blickt auf und zeigt zu dem kleinen Tisch
zwischen meinem Sessel und seinem Schreibtisch.
    »Tee? Bedienen Sie sich! Er ist frisch aufgebrüht.«
    »Ja gerne.« Ich hebe die Kanne vom Stövchen und
gieße mir dampfenden Blütentee ein.
    Erikson beugt sich zu einem aufgeklappten Laptop
und tippt etwas auf der Tastatur. Er blinzelt kurz zu mir rüber. »Probieren Sie
den Kandis dazu!«
    »Mach ich.«
    Ich puste und linse über den Tassenrand
unauffällig in den kleinen Raum. Er ist zugestellt mit Pokalen, antiken
Büchern, kleinen Ölgemälden und chinesischen Porzellantassen. Niemals hätte ich
vermutet, dass dieser Lehrer mit den riesigen Pranken und den Muskeln eines
Bären hauchdünnes Porzellan sammelt. So kann man sich täuschen.
    Mit der heißen Tasse in der Hand warte ich und
beobachte wie der goldene Kandis sich langsam löst, dann in zwei Stücke
zerfällt und immer mehr verschwindet.
    »Nun zu Ihnen!«
    Er dreht den Oberkörper und schiebt den hölzernen
Drehstuhl in meine Richtung.
    Bedächtig setzt er die Brille ab, legt sie
sorgfältig zusammen und platziert sie neben sich auf dem Schreibtisch. Dann
sieht er mich mit gefährlich blitzenden Augen an. »Unsere liebe Frau Kasten
würde Sie am liebsten einkerkern und ein wenig foltern.« Erikson gestattet sich
ein winziges Lächeln, indem er einen Mundwinkel zucken lässt. »Ehrlich gesagt,
bin ich mir nicht sicher, ob ich ihr da sogar zustimmen sollte.«
    Ich japse nach Luft und stelle die Porzellantasse
ab, bevor ich sie noch vor Schreck zerbreche.
    Erikson legt die Fingerspitzen gegeneinander. Er
macht eine kurze Pause. Dann redet er leise weiter. »Können Sie mir folgen?«
    Ich schüttele den Kopf. Mir wäre es lieber, er
würde in gewohnter Weise Befehle schreien. Seine liebenswürdige, leise Stimme
macht mich wahnsinnig. Und vor allem verstehe ich nicht, was er von mir will.
    »Also gut. Kommen wir noch einmal auf unser
letztes Gespräch zurück. Ich dachte, ich hätte mich über meine Erwartungen an
Sie klar und deutlich ausgedrückt und wir hätten uns in dieser Angelegenheit
verstanden, Frau Mistral. Was auch immer sie tun, müssen Sie mit Bedacht
angehen. Es gab keinen Grund, eines der Flugblätter mitzunehmen. Doch wenn Sie
schon ihrer primitiven Neugier nachgeben, dann, verdammt noch mal, lassen Sie
sich nicht dabei erwischen! Egal wie beschissen es Ihnen geht. Sie müssen auf
sich selbst aufpassen. Verstanden?«
    »Ja, es tut mir leid.«
    »Ich habe jetzt diese Frau am Hals. Frau Kasten
ist ein Angstbeißer. Sie frisst sich an anderen Leuten fest, damit sie nicht in
die Schusslinie der Gesinnungsbehörde gerät. In den kommenden Wochen wird sie
nun versuchen, mich zu beißen. Und ich bin mir nicht sicher, ob sich mein
Einsatz auszahlen wird. Zeigen Sie mir, was Sie können! Enttäuschen Sie mich
nicht noch einmal. Und vor allem, beeindrucken Sie mich im Training. Ich will,
dass Sie meine beste Kämpferin werden.«
    »Ich werde Sie nicht enttäuschen.«
    »Versprechen Sie nichts, was sie nicht halten
können.«
    »Ja, Sir.«
    Erikson verschränkt die Finger und drückt die
Gelenke gegeneinander, bis sie knacken. »Noch eine Kleinigkeit. General Stone
hat offenbar einen Narren an Ihnen gefressen. Er sagt, Sie hätten den gewissen
Kampfgeist im Blick. Enttäuschen Sie auch den General nicht.«
    Ich räuspere

Weitere Kostenlose Bücher