Raylan (German Edition)
von der Bühnenmitte bis zu Winona und setzte sich. »Was glauben Sie?«
»Die ganzen Beschwerden kennen Sie doch schon. Ich glaube, Sie wollen mehr über Raylan wissen. Von einer Frau, die mal mit ihm verheiratet war.«
Carol fragte: »Ist er fremdgegangen?«
»In sechs Jahren nicht ein einziges Mal.«
»Wieso können Sie sich da so sicher sein?«
»Ich hätte es beim Nachhausekommen seinem Gesicht angesehen. Habe ich aber nie.«
»Er hat Sie verlassen, oder?«
»Ich ihn. Immer, wenn wir im Bett waren, hat er von irgendwelchen Verbrechern angefangen. Ich musste immer diverse Tricks nutzen, um ihn abzulenken.«
»Heute sind Sie mit einem Immobilienmakler verheiratet.«
»Wenn man das verheiratet nennen kann. Die große Liebe ist es nicht gerade. Ich hatte einfach ein gewisses Bedürfnis nach Sicherheit.«
»Welches offenkundig überflüssig ist«, sagte Carol. »Brauchen Sie einen Job?«
»Nie im Leben würde ich für einen Kohlekonzern arbeiten«, sagte Winona. »Es wundert mich, dass Sie das tun, Ihr Vater war doch auch Kumpel.«
»Er ist gestorben«, sagte Carol, »als ich noch studierte. Ich habe das Hauptfach gewechselt, von Literaturwissenschaft zu Bergbaumanagement, und dann bei der Firma angefangen.«
»Und der Einzige, den Sie lieben, ist Ihr Hund?«
»Ich habe eine Katze. So nenne ich sie auch: Katze. ›Hey, Katze, wie geht’s denn so?‹ Sie schnurrt nie.«
»Kann ich ihr nicht verdenken.«
Carol fragte: »Welcher Trick hat am besten funktioniert?«
»Bei Raylan? Alle. War mir aber zu anstrengend, ständig verführerisch sein zu müssen.«
Carol fragte: »Sie sind wieder an ihm interessiert, oder?«
»Ich setze das Geld, das Sie mir schulden«, sagte Winona, »darauf, dass Sie ihn nicht ins Bett kriegen.«
Carol sagte: »Aber vielleicht in die Limo?«
Raylan eiste sich von den Kumpeln los, die ihm grinsend sagten, er solle sich aufs Richteramt bewerben, und ging rüber zu Boyd und Ada, die immer noch an der Wand standen.
Boyd straffte sich und sagte zu Raylan: »Ich hoffe von ganzem Herzen, dass du diesen Bauerntrampel aus Mayfield verhaftest. Du hast doch da oben auf der Bühne gehört, wie er mich bedroht hat. Sag mir, dass du genau das tun wirst, damit ich mich endlich beruhigt hinsetzen kann.«
»Er hat dich nicht bedroht«, sagte Raylan, »er hat dich einen Lügner genannt.« Dann sagte er mit einem angedeuteten Grinsen zu Ava: »Ms. Crowder, Sie sehen in Ihrem gelben Kleid aus wie eine Waffel mit zwei Kugeln Eis.«
Ava sagte: »Ich würde Sie ja mal probieren lassen, Raylan, aber ich bin mit Boyd zusammen. Wir kucken gerade, wie wir so miteinander klarkommen, bevor wir unsere Beziehung offiziell machen. Sie wissen schon, was ich meine.«
»Die Crowders haben es Ihnen offensichtlich angetan«, sagte Raylan. »Erst hatten Sie Bowman geheiratet, den Sie dann erschießen mussten. Ich will Sie gar nicht kritisieren. Sie fanden ja, dass er es verdient hatte.«
Ava sagte: »Danke.«
Boyd sagte: »Hey, lass uns in Ruhe, ja?«
»Ich wollte dir nur sagen«, sagte Raylan, »dass ich einen Weg finden werde, dich vor Gericht zu bringen, weil du Otis auf Carols Geheiß erschossen hast. Wenn du sie mit reinziehst, lautet die Anklage vielleicht nur noch auf Mord mit bedingtem Vorsatz. Dann kriegst du nur zwanzig Jahre.«
Ava fasste Boyd und sagte: »Ich will mir das nicht anhören.«
»Er lügt«, sagte Boyd. »Will mir doch nur vorsätzlichen Mord anhängen, damit er sich in meiner Abwesenheit an dich ranschmeißen kann. Sich dir aufdrängen.«
Ava schien kurz zu zögern und stolperte über eine Stufe, als Boyd sie Richtung Tür zog. Dort drehte sie sich noch einmal um und sah Raylan über die Schulter hinweg an.
Neunzehntes Kapitel
A m Morgen des Tages der Versammlung hatte Gott Pervis befohlen, Dewey Crowe wie Honig einzusetzen, um die Fliegen anzulocken.
Pervis hatte fast kerzengerade im Bett gesessen. Gottes Botschaft war in seinem Kopf, und er wusste auch, wer die Fliegen waren: Casper Mott und die anderen, die seinen Berg wollten, den Big Black. Er rief Rita an, die von allen Leuten die Telefonnummern hatte.
Sie sagte: »Ich komme morgen, nicht heute.«
»Weiß ich«, sagte Pervis, »ich will nur sichergehen, ob du, wenn ich aus Cumberland zurück bin, sicher durch die Tür trittst und flötest: ›Ich bin da-a!‹ Ich habe schon wieder dieses Ziehen im Schritt. Jetzt müsstest du allerdings erst mal Dewey Crowe für mich ausfindig machen und mir erzählen, was er so
Weitere Kostenlose Bücher