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Readwulf

Readwulf

Titel: Readwulf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofi Mart
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müsste ein Tablett mit Gläsern stehen.« Ich stöhnte leise auf, als ich mich in den Stand quälte. Tess schaute irritiert auf: »Wenn du keine Lust mehr hast, dann sag es einfach!«
    Sie hatte die kleine Weinverkostung als Überraschung für mich geplant und wirkte jetzt enttäuscht von meiner Reaktion.
    »Klar hab ich noch Lust! Ich hab mich nur etwas Verhoben, sonst nichts.«
    »Ja klar, am Kärtchenkarton oder womit?«
    »Wo sind die Gläser?« Ich lief zur Theke. Sie griff zum Korkenzieher.

    Ich nippte nur kurz an den Gläsern und lauschte ihren Ausführungen über Herkunft und Abgang der erlesenen Rebgetränke. Dabei bemühte ich mich, aufmerksam zu wirken. Immer wieder lachte Tess über ihre kleinen Versprecher. »Entschuldige, ich wollte das so professionell wie möglich rüber bringen und jetzt denkst du bestimmt, dass ich keine Ahnung hab.«
    »Nein, du machst das prima. Ich weiß nur nicht für welchen Wein ich mich entscheiden soll. Ich hab wirklich keine Ahnung.«
    »Wieso entscheiden? Am Wein wird nicht gespart. Und nun zum Sekt!« Sie beugte sich zur zweiten Kiste, die unter dem Tisch stand.
    »Oh nein, das schaff ich nicht mehr«, protestierte ich abwinkend.

    Es war bereits kurz vor Mitternacht, als ich daheim eintraf.
    Der kommende Tag versprach aufregend zu werden: mein erster Tag in der Gerichtsmedizin und die offizielle Einführung in meine künftigen Aufgaben.
    Vor Aufregung konnte ich nicht einschlafen. Wo Cloé wohl steckt? Readwulf und dieser eigenartige Geruch an ihm.
    Ich sprang aus dem Bett und machte mich auf in die Küche. Eine heiße Milch mit Honig würde mir bestimmt die nötige Bettschwere verleihen. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel: Bin Übermorgen wieder da, muss was erledigen! Liebe Grüße Cloé.

    Am nächsten Morgen betrat ich zum ersten Mal die heiligen Hallen der Rechtsmedizin des Imperial College School of Medicine, den seit 1995 integrierten Teil des National Heart and Lung Institute. Dr. Nail erwartete mich bereits, obwohl ich eine halbe Stunde zu früh war. Zunächst bekam ich einen Überblick, was mich in den kommenden Jahren erwarten würde. Das Team um Nail beschäftigte sich hauptsächlich mit Forschungen im Bereich der Populationsgenetik. Das war der Hauptgrund, mich für die Londoner Uni zu entscheiden.
    Ich wollte unbedingt in dieses Forschungsteam, kostete es was es wolle. Mich interessierte besonders der Teilbereich Gendrift. Das ist die zufällige Veränderung der Genfrequenz innerhalb des Genpools einer Population. Genauer gesagt werden beim Gendrift ganze Segmente von Genen zusammen ausgetauscht und das hat oft ausgeprägte funktional-qualitative Veränderungen zur Folge.
    Mein Plan war, hier Antworten für mich zu finden. Bisher war die einzig rationale Erklärung, dass ich irgendwie eine neue Evolutionsstufe von Mensch sein musste. Das hört sich zwar sehr vermessen und völlig durchgeknallt an, ich hatte aber nichts Besseres bei meinen Recherchen finden können. So blieb für mich nur der Schritt, hier mein Wissen zu erweitern. Mit der Untersuchung meines Blutes wollte ich anfangen. Wenn ich mich nicht von Ärzten untersuchen lassen wollte, musste ich doch selbst der Sache auf den Grund gehen.
    Bevor ich der Forschungsgruppe beitreten konnte, musste ich zunächst den normalen Alltag in der Rechtsmedizin bestreiten.
    Das Forschungsprojekt wurde gestützt von der forensischen Abteilung. Mir standen also nicht nur Obduktionen bevor, sondern auch Untersuchungen an Lebenden für die Erstellung von Gutachten wie zum Beispiel Vaterschaftstests oder Zurechnungsfähigkeitsanalysen von Personen. Faszinierender fand ich, Tatortspuren auszuwerten, um neue Erkenntnisse über Straftaten an die Staatsanwaltschaft weitergeben zu können.
    Dr. Nail gab mir meinen neuen Dienstplan in die Hände. Es mussten ja immer mindestens zwei Personen bei Obduktionen anwesend sein, also durfte ich gleich zuschauen und lernen.
    Super!, freute ich mich, als ich Nachtschicht las. Hmm, was macht man nicht alles im Namen der Forschung. Ich lächelte weiter vor mich hin, denn eigentlich kam mir das gerade recht. So konnte ich meine Selbstversuche besser unterbringen, vermutlich auch ohne erwischt zu werden.
    Ich war zufrieden.
    Dr. Nail bemerkte: »Na, nicht so lächeln junge Dame! Das ist in der Forensik eher unangebracht. Wir haben auch Kontakt zu Familienangehörigen, deren Verlust noch sehr schmerzt.«
    »Entschuldigen sie bitte, dessen bin ich mir bewusst. Es war nur …«
    »War

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