Readwulf
Blumentopf daneben. In hohem Bogen krachte dieser hart zu Boden und zerbrach. Den Bruchteil einer Sekunde später, stand Readwulf plötzlich vor mir: »Alles in Ordnung? Hast du dir weh getan?«
Ich wollte ihn anbrüllen: Was ihm einfällt, einfach in mein Zimmer zu stürmen. Aber ich konnte weder sprechen, noch mich bewegen. Stattdessen schaute ich nur tief in seine unergründlichen Augen, bis meine Knie versagten und ich den Halt verlor. Readwulf reagierte blitzschnell und daher schlug ich die Augen in seinen Armen wieder auf. Er hielt mich fest an seinen Körper gepresst, als wolle er einem kleinen Kind Schutz bieten. So nah bei ihm zu sein, war das wundervollste Gefühl überhaupt, nur bei meiner Mom hatte ich mich bisher ähnlich geborgen gefühlt. Das mein ganzer Körper zitterte, bemerkte ich erst Minuten später.
»Hey, alles gut. Ich bin ja bei dir.« Er nahm mein Gesicht zwischen seine starken Hände. Dann wischte er mir mit den Daumen die Tränen von den Wangen. Mein Herz schlug schneller, denn mit dieser gefühlvollen Geste hatte ich nicht gerechnet. Meine Augen fielen einfach zu und mein Gesicht schmiegte sich wie automatisch in seine warmen Handflächen.
»Jules«, flüsterte er kaum hörbar ganz nah an meiner Stirn, dabei hob er meinen Kopf leicht an. Seine Lippen berührten sanft meine Augenlider. Ich schwebte davon, als sein Mund im Anschluss den meinen fand. Es war wundervoll und wahnsinnig intim, auch wenn er mich nur küsste. Das war der beispiellos ergreifendste Moment, den ich je erlebt hatte.
Als ich die Augen wieder öffnen konnte, schaute er mich liebevoll an: »Was machst du nur mit mir?«
Eine Weile hielt er mich innig in seinen Armen, bevor er mich zu meinem Bett trug und behutsam in die Kissen nieder ließ.
»Ruh dich jetzt etwas aus«, erklärte er leise.
»Nein, geh nicht.« Ich hielt den Ärmel seiner Jacke fest. Wortlos legte er sich neben mich. Mein Kopf ruhte auf seiner starken Brust. Sein Herz schlug schnell und taktvoll. Sein Rythmus grub sich tief in meine Gedächtnis ein. Alles in mir, was sich bis zu diesem Moment noch gewehrt hatte, verstummte. Ich gestand mir endlich ein: Du hast dich schrecklich verliebt, Jules! Wer er war oder wieso er so zu sein schien, wie ich, all das spielte keine Rolle mehr! Jedenfalls nicht in dieser Nacht.
Die Sonne schien mir ins Gesicht, als ich blinzelnd die Augen aufschlug. Ich lag allein in meinem Bett. Neben meinem Kopfkissen lag ein Zettel und auf ihm war ein einziges rotes Rosenblatt platziert worden. Es war also kein Traum. Sein Duft umhüllte meine Laken und auch wenn wir `nur´ nebeneinander geschlafen hatten, schwebte ich noch immer auf Wolken. Ich roch erst an dem Blütenblatt und nahm dann den gefalteten Zettel zur Hand:
Guten Morgen mein Herz.
Ich habe wundervoll neben dir geschlafen.
Ich kann es kaum erwarten dich wieder zu sehen!
Ruf mich an 07870317826
Kuss Read
Diesmal zitterten meine Hände vor freudiger Aufregung.
»Seine Handynummer«, kreischte ich los und küsste das Blatt Papier, wie ein unreifer Teenager, ab. Mit der Liebe hatte ich bisher kaum Erfahrungen gemacht. Da gab es nur Timmy aus der zweiten Klasse und James, meine erste High School Liebe. In London lief es bisher nicht so gut, ab und an ein kleinerer Flirt, aber wirklich verliebt hatte ich mich bisher nicht.
»Wahnsinn.« Ich schlüpfte aus dem Bett und riss die Tür auf: »Cloé?« Es polterte laut in ihrem Zimmer, dann schrillte es zurück: »Wie, wer, wo? Was denn?« Ich rannte sofort in ihr Zimmer und überrollte sie in ihrem Bett. Stürmisch umarmte ich sie, so fest ich nur konnte. Um Luft ringend fragte sie dann: »Alles OK? Was ist denn nur los?«
»Nichts«, versicherte ich ihr: »Nur Readwulf«, gluckste ich.
Sie löste sich aus meiner Umklammerung und schüttelte erleichtert den Kopf: »Man, muss Liebe schön sein.«
Ich strahlte sie übers ganze Gesicht an: »Willst du auch Frühstück?«
Bedächtig schaute sie auf ihren Wecker. »Jules, es ist Samstagmorgen um halb sieben!«, antwortete sie und dabei rieb sie sich ein Auge.
»Oh, tut mir leid.« Ich lächelte entschuldigend.
»Schon gut, ich bin ja selbst Schuld. Hätte ihn ja nicht einladen müssen.« Sie schmunzelte zurück: »Na mach schon. Ich hätte gern zwei hartgekochte Eier als Dankeschön«, fügte sie noch an und bedeutete mir in die Küche zu eilen.
Sie bekam ihre zwei Eier und ein Megafrühstück, mit Allem was der Kühlschrank hergab, noch dazu. Ich ließ die Musik
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