Readwulf
finster und furchterregend.
»Deine Augen!« Seine Worte klangen wie eine Drohung.
»Meine Augen? Ich verstehe nicht?«
Dieser unschuldige Ton brachte ihn ebenfalls zum Kochen, denn gleich darauf packte er mich und drückte mich unsanft gegen die Wand. »Wer bist du?«, brüllte er mir ins Gesicht.
»Juliette Pickering«, flüsterte ich, weil ich die Frage noch immer nicht verstand.
»Verdammt! Spiel nicht mit mir«, forderte er grob und jetzt kehrte das Leuchten in seine Augen zurück, das ich auch im Club bemerkt hatte. Es war beängstigend mit anzusehen, denn eine natürliche Erklärung gab es für eine derartige Veränderung einfach nicht.
»Lass mich los! Ich weiß nicht was du meinst«, schrie ich ihn verzweifelt an und versuchte mich aus seinem Griff zu lösen.
Einige Sekunden vergingen und seine leuchtenden Augen prüften weiter jede Bewegung von mir, dann sagte er heißer: »Du weißt es wirklich nicht, oder?«
»Sag ich doch«, entgegnete ich zerknirscht. Er griff sofort meinen Oberarm und zog mich ins Bad vor den Spiegel.
»Lass mich los! Reicht es dir noch nicht?«, protestierte ich wild um mich schlagend.
»Sieh hin!« Er packte mein Kinn und drehte meinen Kopf bestimmend in Richtung Spiegel.
»Meine Augen leuchten, und?«, motzte ich trotzig zurück. Dann verstummte ich fassungslos. Meine Augen glühten, ebenso wie seine, um den äußeren Rand der Iris. Jedoch nicht goldbraun, wie bei ihm, sondern extrem goldgrün. Er musterte mich ausgiebig weiter.
»Ich … ich hab keine Ahnung. Vielleicht das Licht?«, stammelte ich unsinnig vor mich hin.
»Das Licht?«, schrie er mich wieder wütender werdend an. »Du weißt doch genau so gut wie ich, dass dieses Leuchten einen anderen Grund hat.«
»Verdammt, lass mich endlich los«, zischte ich unbeherrscht zurück. »Ich weiß gar nichts ...« Meine Stimme versagte abrupt. Wir schwiegen uns fast eine Ewigkeit an und in meinem Gesicht konnte er meine Fassungslosigkeit deutlich erkennen.
»Ich, ja. Wieso du? Sind wir?«, stotterte ich mein Spiegelbild an. Dabei wurden meine Augen glasig und der funkelnde Schimmer verblasste langsam.
Sein Griff lockerte sich und seine Hand wanderte unter mein Kinn, das er daraufhin anhob. Ich versuchte standhaft zu bleiben und die Fassung nicht ganz zu verlieren. Dann erklärte er mit tiefer Stimme: »Ich auch. Wieso du? Wir sind gleich!« Sein Gesicht wirkte sanft, behielt aber einen wachsamen Ausdruck.
»Ich kann das nicht«, röchelte ich gequält, denn in meinem Mund war eine Wüste. Ich hob die Hand und deutete an, mich in mein Zimmer zurückziehen zu wollen. Sein Arm versperrte mir weiterhin den Weg.
»Jules.« Das war das erste Mal, dass er mich so nannte. »Wir müssen reden. Ich brauche Antworten.«
»Ich kann jetzt nicht«, wiederholte ich. Fast wäre ich unter seinem eindringlichen Blick zusammengebrochen, doch Cloés Hereinpoltern rettete mich in letzter Sekunde. Readwulf schaute auf, ich wand mich unter seinem Arm hindurch und lief vorbei an ihr in mein Zimmer.
»Was denn, hast du versucht sie zu küssen?«, hörte ich Cloé noch spötteln, als ich weinend die geschlossene Zimmertür, mit dem Rücken angelehnt, nach unten rutschte.
Meine Augen brannten wie Feuer. Mein Kopf drohte zu platzen und meine Gedanken waren nicht mehr zu kontrollieren. Tränen liefen mir übers erstarrte Gesicht. Alles in mir überschlug sich. Ich müsste doch glücklich sein, denn ich war nicht mehr allein. Wieso war ich dann so furchtbar traurig? Ich hatte keine Ahnung mehr, was und wie ich mich zu fühlen hatte.
Readwulf ließ nicht locker, abermals klopfte er leise an meiner Zimmertür: »Bitte Jules, wir müssen reden. Das lässt sich nicht aufschieben.«
»Bitte geh weg«, quetschte ich mühsam heraus, meine Kehle war immer noch wie zugeschnürt. Luft, ich bekomme keine Luft mehr. Mit diesem Gedanken sammelte ich alle Kraft zusammen und bemühte mich schnell das Fenster zu erreichen.
Die kühle Prise tat gut auf meiner brennenden Haut. Es hatte gerade aufgehört zu regnen. Die Luft roch nach einem Regenguss für mich immer besonders angenehm.
Reglos stand ich so einige Minuten da, atmete tief ein und aus und starrte auf unseren kleinen blühenden Garten.
Dieses Bild beruhigte mich langsam, die Tränen jedoch rannen unaufhörlich weiter über meine Wangen und tropften auf das Fensterbrett. Mit dem Ärmel meines T-Shirts wollte ich die kleine Pfütze Traurigkeit wegwischen, erwischte dabei jedoch auch den gelben
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