Readwulf
sagen wir unnatürlich Seite, nicht von mir hat. Wie sie wissen, wurde die Eizelle künstlich befruchtet. Für mich ist eine Manipulation nicht auszuschließen. Ich kann nur so viel mit Gewissheit sagen: Es muss mit diesem Geheimbund und dem goldenen Kästchen zu tun haben. Ich beschwöre sie, fliehen sie mit Juliette und beschützen sie sie. Diese Männer sind mehr als gefährlich und haben ihre Finger überall drin. Das sind Richter, Anwälte, Ärzte … die Liste ist lang.«
Readwulf schüttelte erneut den Kopf: »Davon laufen. Das kann ich nicht! Ich muss wissen wer ich bin. Oder was.«
»Aber verstehen sie denn nicht, dass sie auch ein Teil dieses perfiden Spiels sind? Die brauchen euch beide.«
Nachdenklich lehnte sich Read zurück: Nein, unmöglich. Ich habe Tudor und Blakeney umgebracht. Die Akten waren eindeutig. Darius! Irgendetwas stimmt da nicht .
»Manon, bitte erzählen sie Juliette nichts von unserem Gespräch. Ich möchte sie nicht unnötig aufregen.«
Sie nickte zustimmend.
***
Kapitel 9
Unwiderstehliche Augen
Die Sonne blendete mich, als ich gegen Mittag die Augen wieder aufschlug. Poltron lag ausgestreckt vor meinem Bett und schlief. Es sah aus, als ob er gerade einen aufregenden Traum hätte. Seine Beine bewegten sich rhythmisch im Takt zu seinen grunzenden Geräuschen.
»Du bist mir ja ein schöner Beschützer«, flüsterte ich ihm zu und sprang aus dem Bett.
Die heiß-kalte Dusche wirkte wahre Wunder. Aus der Küche roch es fantastisch durchs ganze Haus. Manon hatte uns wohl bereits ein Mittagessen gekocht.
Als ich dem Duft folgend unten am Türrahmen stehen blieb, verschaffte sich mein Magen Gehör. Readwulf stand vor dem Herd und rührte in einem der Töpfe herum: »Na du Schlafmütze. Manon ist in die Stadt gefahren. Wir sind allein im Haus.«
»Wer bist du, Houdini?«
»Ach, hatte ich vergessen das zu erwähnen: Ich kann Gedankenlesen.«
»Echt?«
Er drehte kurz seinen Kopf und warf mir einen amüsierten Blick zu. In Chefkochmanier richtete er mir einen Teller an.
»Setz dich. Deinen Magen kann man nicht überhören.«
»Ich mag das Essen hier«, bemerkte ich und deutete auf den nur halb gefüllten Teller. »Mehr, bitte!«
Read sah müde aus. Er war still und stocherte mit der Gabel in seinem Essen herum.
Der Arme war die ganze Nacht wegen mir wach geblieben , erinnerte ich mich und griff nach seiner Hand. Er schaute auf und versuchte zu lächeln, was ihm nicht sonderlich gut gelang.
»Was hast du?«
»Nichts, ich habe nichts. Wir müssen nur bald wieder abreisen.«
»Wieso macht dich das traurig?«
»Ich bin nicht traurig.«
»Ja aber was dann? Du bist so still. Irgendwas ist doch?«
Er zog seine Hand weg, stand auf und stellte sich stumm ans Fenster.
Dieser Mann macht mich noch wahnsinnig. Wieso kann er nicht einfach sagen, was er hat , dachte ich, sagte aber: »Read, ich merke doch, das dich etwas sehr beschäftigt. Möchtest du es mir nicht sagen?«
Er schaute weiter auf das lila Fliederfeld, was bis zu den Weinbergen reichte und murmelte ein: »Doch doch, aber es ist kompliziert«, vor sich hin.
»Pohh und da heißt es immer Frauen seien kompliziert. An diesem Punkt waren wir schon!«, platze mir heraus. Ich hielt mir sofort die Hand vor den Mund, als wenn ich diese Worte ungeschehen machen könnte.
Readwulf drehte sich um. Seine Stirn lag in Falten.
»Ich habs nicht so gemeint, entschuldige«, flüsterte ich.
»Komm her«, forderte er forsch.
Da war es wieder: Ich fühlte mich wie ein Schulmädchen, dass gerade etwas angestellt hatte. Ohne zu murren folgte ich seiner Anweisung.
Er nahm mich in die Arme und drückte mich fest an seine Brust, dann begann er zu sprechen: »Ach Jules, ich will keine Geheimnisse mehr vor dir haben, aber manchmal fällt es mir sehr schwer so ... so offen zu sein.«
Seine Brust fühlte sich stark und gut an. Mir war fast egal, was er mir schon wieder beichten musste. Ich seufzte nur und kuschelte mich fest an ihn.
»Es gibt ein paar eigenartige Zusammenhänge. Manons Antworten haben bei mir nur noch mehr Fragen aufgeworfen. Ich muss unbedingt mit Darius sprechen. Ich kann dich nicht mitnehmen.«
»Weil er mich tot sehen will«, wiederholte ich meinen ersten Gedanken laut und fügte an: »Bleibe ich hier?«
»Nein. Ich habe einen Freund, der sich um dich kümmern wird. Wir müssen zurück nach London. Unser Flieger geht schon morgen früh, du hast also nicht mehr viel Zeit hier. Vielleicht möchtest du doch mit Manon
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