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Readwulf

Readwulf

Titel: Readwulf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofi Mart
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Stirn kräuselte sich, mein Blick tadelte ihn.
    »Schau nicht so finster. Ich wollte dir zeigen was wir vorhaben. Das schien mir sinnvoller«, erklärte er und hielt mir einen Picknickkorb vor die Nase. Obenauf lag eine rot-blau karierte Wolldecke. Was sich in dem Korb befand, konnte ich daher nicht erkennen, aber es roch sensationell nach Schinken. Ich tippte auf: »Mitternachtspicknick?«
    Er lächelte geheimnisvoll und nahm meine Hand.

    Im Untergeschoss vor der Eingangstür lag der bereits schnarchende Poltron. Ihn galt es jetzt noch zu überwinden. Er hob den Kopf, als Read einfach die schwere Eingangstür öffnete und den Hund so zur Seite schob.
    »Brav. Bleib!«, unterstrich er sein Handeln. Der müde Braune gähnte geräuschvoll, zeige dabei sein gewaltiges Gebiss. Dann legte er seinen Kopf wieder auf die Pfoten.
    Als Readwulf die schwere Eingangstür wieder geschlossen hatte, drehte er sich zu mir: »Mal sehn ob du Schritthalten kannst?«
    Ich hatte kaum begriffen, was er damit meinte, da lief er bereits in atemberaubendem Tempo davon.
    »OK, gehen wir laufen«, brüllte ich hinterher und nahm sogleich seine Verfolgung auf.
    Etwas Mühe hatte ich schon den Anschluss zu finden, zumal das Gelände unwegsamer wurde. Readwulf steuerte direkt die kleine Bergformation oberhalb der Weinberge an. Diese Felsen hatte ich tagsüber von der Terrasse aus bewundert. Sie sahen aus wie Felsklippen einer Bucht, von denen sich Klippenspringer todesmutig in die Tiefe stürzen würden. Nur das die weißen Riesen nicht an einer Bucht standen, sondern auf einem Bergrücken thronten.
    Immer höher sprangen und kletterten wir hinauf. Das machte Spaß und Reads Tempo war hier kein Problem mehr für mich. Und dann standen wir auf dem schmalen, aber ebenen Gebirgskamm. In die Weite zu schauen, hatte etwas von absoluter Freiheit und dem Himmel ein Stück näher kommen.
    Einen romantischeren Platz für ein Picknick zu Zweit konnte ich mir nicht vorstellen.
    Stolz erklärte er: »Ich habe diesen Ort bereits gestern entdeckt, als ich das Gelände gesichert habe. Schön hier, oder?«
    In der Ferne erblickte ich deutlich die Meeresbucht: den kleinen Hafen und die malerisch in die Landschaft gebaute Ortschaft `Saint-Chamas´. Eine leichte Brise wehte mir durch die Haare und die Luft roch klar und frisch. Ich atmete tief durch, streckte die Arme weit auseinander und bestätigte: »Jaa, es ist absolut umwerfend.«
    Er lächelte zufrieden.
    Ich fügte meinem Lob: »Genau wie du.«, an. Das schien ihn verlegen zu machen und war die gerechte Strafe für seine kleinen Frechheiten mir gegenüber. Sekunden später sank ich in seine Arme und hatte wieder einmal große Mühe die Funktionalität meiner Knie aufrecht zu erhalten. Glücklicher Weise hatte er ein Gespür dafür und so setzen wir uns auf die mitgebrachte Kuscheldecke. Meine Beine baumelten am Rand des Felsens in Richtung der Bucht.
    Dieser unvergessliche Moment: Er, der perfekte Gentleman, Rotwein, Schinken und Weintrauben. Sogar Gläser hatte er in seinem Korb dabei. Immer wieder legte er seinen Arm um mich und zog mich fest an sich. Ich glaubte, er genoss diese Nacht mindestens genauso sehr, wie ich. Wir lagen nebeneinander auf der Decke, schauten in den sternenüberfüllten Nachthimmel und versuchten uns gegenseitig die nicht vorhanden Astronomie Kenntnisse näher zu bringen. »Schau mal da, der große Esel«, erklärte er grinsend und fuhr mit meiner Hand in seiner eine hell leuchtende Sternkombination nach.
    »Und da, der graue Star.« Ich musste schmunzeln.
    Zu gern wäre ich einfach mit ihm hier liegen geblieben, aber der Morgen und unsere damit verbundene Abreise kamen viel zu schnell.

    Manon machte uns noch Brote für die Fahrt zum Flughafen. Wie süß von ihr und absolut unnötig, nach dem Frühstück hatte ich für Tage keinen Hunger mehr. Claude schenkte uns zum Abschied eine kleine Kiste seiner erlesensten Weine und Manon brach wie erwartet vollkommen in Tränen aus. Es fiel mir sehr schwer, die beiden zu verlassen und damit hätte ich noch auf der Herfahrt niemals gerechnet.
    Das Leben ist schön und unberechenbar, oder wie meine Lateinlehrerin immer so schön zu sagen pflegte »Es kommt immer anders, als wie man denkt.« Das war grammatikalisch total daneben, aber irgendwie hatte sie ja recht damit.
    Der arme Poltron war unserem Auto noch eine Meile hinterhergelaufen, er hatte wahrscheinlich nicht mitbekommen, dass sein Beschützerauftrag vorerst beendet war.
    Der Flug

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