Readwulf
Ricitox vertieft. Das Zeug war wirklich faszinierend. Es hatte die Eigenschaften von stark überdosiertem Ricin. Die perfekte Mutation. Es ist ebenfalls Geruchs- und Geschmacksneutal, führt zu Lähmungen, zu plötzlichem Organversagen bis hin zum Atemstillstand. Während Ricin in kochendem Wasser neutralisiert werden kann, löst sich Ricitox bereits bei einer Umgebungstemperatur von 48,5 Grad in seine Bestandteile auf. Das Gift kann auch inhaliert oder injiziert werden. Die Symptome ändern sich dementsprechend, bereits 1 mg führt unweigerlich in Sekunden zum Tod eines Menschen.
Unaufmerksam rempelte ich jemanden an: »Entschuldigung!« Ich schaute erschrocken auf.
»Juliette.«
»Oh, Nathan. Sorry, ich hab gerade gelesen und nicht aufgepasst wohin ich laufe«, erklärte ich automatisch, bevor Readwulfs mahnende Worte `Halte dich von Nathan Dunn fern.´ ihren Weg in mein Gedächtnis fanden. Ich zupfte nervös am Papier in meiner Hand und suchte insgeheim nach einer Ausrede, nicht länger stehen bleiben zu können.
»Alles okay Süße? Du siehst so blass aus«, fragte er und wirkte besorgt.
So richtig wusste ich nicht, wie ich jetzt reagieren sollte. Das war schließlich Nath. Mir war noch nie irgendetwas Gefährliches an ihm aufgefallen, eher im Gegenteil. Ich war bereits kurz davor, Reads Warnung in den Wind zu schlagen, als Darron mit seinem Auto laut bremsend neben mir anhielt. Er stieß die Beifahrertür vom Fahrersitz aus auf und rief: »Komm Jules, hüpf rein. Wir haben es heute eilig.« Dabei klang seine Stimme drängend, aber freundlich.
Verwirrt schaute ich erst Darron und dann Nathan an.
»Wer ist das, Jules?«, fragte Nath mit einem amüsierten Lächeln um die Lippen.
»Darron, ein alter Freund von ... ach frag nicht!« Mir fehlten die Wort und die Zeit ihm alles zu erklären. Darron wurde ungeduldig. Mister Coolman hupte in kurzen Abständen.
»Nath, tut mir leid. Du siehst ja, ich muss jetzt los«, sagte ich kurz, zog die Schultern hoch und stieg ins Auto.
Natürlich wusste Darron durchaus jedes Klischee zu bedienen. Er ließ demonstrativ die Reifen durchdrehen und somit Nathan in einer kleinen Rauchwolke zurück.
»Was sollte das denn?«, fuhr ich ihn an.
»Ich habe nur gerade ihr Leben gerettet«, erklärte Darron ernst.
»Ja genau, weil Nath auch gleich seine Pistole gezückt und mich erschossen hätte«, erwiderte ich unfreundlich und tippte mit dem Finger an die Schläfe.
»Eher eine Glock 21 Short Frame mit verkleinertem Griffstück und nein, er hätte bestimmt gewartet bis ihr allein seid. Man, so nah wie vorhin, ist er dir in der ganzen letzten Woche nur ein einziges Mal gekommen und dabei bist du fast drauf gegangen Mädel!«
»Sie denken Nath war das in Frankreich?« Mein Scharfsinn verblüffte selbst mich und so schauten wir uns beide mit ähnlichem Gesichtsausdruck an.
»Ich hab schon viel zu viel gesagt, lass dir das von Read erklären. Ruhe jetzt!«
»Nee, so billig abspeisen lass ich mich nicht mehr! Wie kommen sie dazu, einen meiner Freunde einfach zu beschuldigen! Und seit wann sind wir beide beim DU?«
Darron bremste heftig ab und hinter uns begann postwendend ein Megahupkonzert.
»Pass mal auf Besserwisser-Woman«, fuhr er herum: »Dein sogenannter Freund hatte eine 21-zwanziger hinten in seiner Hose steckten! Ich glaube nicht, dass die zur Grundausstattung eines Forschungsassistenten gehört, oder?« So über den Mund gefahren, war mir schon lange niemand mehr.
»Ich glaube nicht«, stammelte ich.
»Können wir jetzt wieder?«, fragte Darron und deutete auf den Verkehrsstau hinter uns, dann ließ er die Reifen erneut durchdrehen.
Ich rollte mit den Augen: So ein Kotzbrocken. Man Read, wo bist du nur? , dachte ich und blieb den Rest der Fahrt stumm.
***
Kapitel 11
Schwarz wie die Nacht
Ich saß in meinem Zimmer und fühlte mich wie eine Gefangene in der eigenen Wohnung. Innerlich schimpfte ich wie ein Rohrspatz: Ich kann an dem überhaupt aber auch gar nichts leiden und ich wiederhole mich, aber der stinkt. Und dieses Parfüm erst. Wiederlich! Wieso ausgerechnet der, Read?
Ich sortierte meine Sachen vom Kleiderständer in den Schrank.
Draußen wurde es langsam dunkel. Ich stand am Fenster und beobachtete wie die blutrote Sonne, hinter den Häusern auf der anderen Straßenseite, langsam verschwand. Ich vermisste ihn und konnte es kaum noch abwarten, Cloé endlich wieder zu sehen. Leider stand noch eine sehr einsame Nacht zwischen uns, also versuchte ich
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