Readwulf
seitlich fest an seinen Körper. Fast hätte er für nichts mehr garantieren können und Darius einfach das Genick gebrochen. Diese Wut in ihm war übermächtig, er fühlte sich so betrogen, verraten und benutzt. »Du bist krank und du hast keine Liebe in dir!«
»Aber du?«, hinterfragte Darius irritiert. »Du hast niemanden Junge, außer mir«, setzte er provozierend nach, dabei kehrte ein Funke Leben in seine toten Augen zurück.
Readwulf wurde plötzlich ruhig, angewidert bemerkte er: »Da irrst du gewaltig! Du selbst hast mich zu meiner Liebe, meinem neuen Leben und meiner Zukunft geführt. Leb damit und dann verrecke von mir aus in diesen alten Mauern!«
Was dann folgte war pure Häme, Darius blickte finster drein und sein Lachen klang bitter und verspottend.
»Ach, du bist es nicht Wert.« Read wendete sich verachtend ab und wollte diesen Teil seiner Vergangenheit nur noch hinter sich lassen. Doch Darius schrie ihm hinterher: »Du kannst sie nicht mehr retten. Es ist bereits zu spät, Readwulf!«
Die Autotür krachte, sein Motor heulte auf und die Reifen drehten durch, als er das Gaspedal voll durch trat. Doch was hatte der alte Mann damit gemein, es sei zu spät und er könnte sie nicht mehr retten? Reads Pupillen weiteten sich und eine schreckliche Ahnung beschlich ihn.
***
Darron war ein gutaussehender Mitdreißiger, auch wenn er nicht meinem Typ-Mann entsprach. Er war groß, gepflegt und doch war seine Anwesenheit kaum zu bemerken. In einem Cafe oder auf der Straße würde er nicht sofort auffallen, ganz anders als Readwulf. Er saß in der Küche, in seinen Laptop versunken und bearbeitete dumpf die Tastatur.
»Wollen sie auch einen Tee?«, fragte ich unsicher, als ich den Wasserkocher einstellte. Es war eigenartig einen Bodyguard in der Wohnung zu haben. Ich wusste nicht richtig mit ihm umzugehen, geschweige denn, was und ob ich überhaupt mit ihm sprechen sollte. Sympathisch geht anders.
Er schaute kurz auf, quälte sich ein Lächeln auf die Lippen und meinte kopfschüttelnd: »Nein, Kaffeetrinker.«
Ich zog die rechte Augenbraue hoch: »Und, solls dann ein Kaffee sein?« Wieso können Männer eigentlich nicht in vollständigen Sätzen mit Inhalt antworten? Diese Frage stellte ich mir übrigens in letzter Zeit öfter.
Darron überhörte meinen Tonfall scheinbar. Er blickte nicht einmal auf: »Ja bitte, wenn es keine Umstände macht.«
Kopfschüttelnd murmelte ich vor mich hin: »Noch so einer!«, und kümmerte mich dann auch noch um Kaffeewasser.
»Das hab ich gehört!«, sagte er trocken und starrte weiter in den Bildschirm vor sich.
Sehr unterhaltsam würde die Zeit mit dem nicht, dessen war ich nun sicher. Die Heißgetränke nahmen wir in verschiedenen Zimmern zu uns, bevor wir dann gemeinsam zur Uni fuhren. Gesprochen wurde nicht.
Halt, stopp, doch. Er erinnerte mich vor dem Aussteigen noch an die Anweisung zu Nathan Abstand halten zu müssen. Dann betrat ich das Unigelände allein und verlor meinen neuen Schatten aus den Augen.
Die Vorlesungen wirkten sehr entspannend auf mich und daher hatte ich Mühe, mich zu konzentrieren. Die Aufregung der letzten Tage saß mir ganz schön in den Knochen.
Der gleiche Tratsch, wie immer. Ich saß allein in der Cafeteria und aß einen Hot Dog, als ständig vereinzelt Echos von Unterhaltungen bei mir ankamen. Der stechende Schmerz überraschte mich jedes Mal und ließ mich unfreiwillig zusammenzucken. Das erst recht, als eine Hand sich sanft auf meine Schulter legte. »Guten Tag, Juliette.«
Ich fuhr erschrocken herum: »Oh, Prof. Stonehaven. Sie sind es.« Ich schluckte schnell den letzten Bissen herunter.
»Wie gefällt es ihnen bei Dr. Nail?« Er zwinkerte mir zu, was bei ihm absolut unpassend wirkte. »Sie sind ja ganz schön turbulent gestartet«, fügte er hinzu. Ich möchte nicht wissen was Nail dem erzählt hatte.
»Ja leider. In letzter Zeit ziehe ich Schwierigkeiten an, wie Motten das Licht.«
Er lächelte und bot mir seine Hilfe an, falls ich diese je benötigen würde. Dann richtete ich schöne Grüße an die Frau Gemahlin aus und tat so, als hätte ich es mächtig eilig, zur nächsten Vorlesung zu kommen. Nail und Richards würden mich am Nachmittag noch genug ins Kreuzverhör nehmen. Die Frauenleichen waren zwar eingeäschert worden, aber vielleicht gab es ja Neuigkeiten aus dem Labor. Nach Frankreich sah mir der Einstich an meinem Hals verdächtig bekannt aus. Ich war mir sicher, dass die drei Frauen an etwas gestorben waren,
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