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Reagans Satellit

Reagans Satellit

Titel: Reagans Satellit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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einer Stunde, daß die Behauptung, Kolumbus sei ein Jude gewesen, nicht mehr war als ein Märchen. Sie zählte zum Misthaufen von Verleumdungen und Halbwahrheiten, den man im Verlauf von fünf Jahrhunderten auf den Namen des Entdeckers gehäuft hatte, und ihr einziger Hintergrund bestand in der vorsichtigen Andeutung eines unverläßlichen Chronisten. Aber das spielte keine Rolle mehr. Emir Talal hatte ein endgültiges Wort gesprochen. Saudi-Arabien würde keine Obligationen kaufen.
    Regan sah keine Möglichkeit, die Absage der Öffentlichkeit vorzuenthalten. Er hatte die Zusage bereits bekanntgegeben, und nun mußte er die Öffentlichkeit auch von der bösen Wendung informieren. Er tat es, ohne den Grund zu nennen. Um 14 Uhr klapperte die Neuigkeit in die Fernschreiber der Börse. Die Aktien der Global Factors standen bei 109 Punkten. Erst gestern hatten Börsenspezialisten orakelt, daß die Global-Aktien, sollten sie unter 107 sinken, einen Abwärtsrutsch bis auf 80 tun könnten.
    Regan wanderte im Büro auf und nieder, blieb am Fenster stehen und sah Schnee herabrieseln. Mit einem heftigen Druck seines Zeigefingers verdunkelte er das Fenster. Er wollte keinen Schnee sehen. Er wollte jetzt überhaupt nichts sehen.
    Er starrte in die gräßliche Fratze des drohenden Ruins.
    Wenn die Global-Aktien infolge der saudi-arabischen Investitionsweigerung sanken, mußte der gesamte Aktienmarkt folgen, weil die Global seit Jahren an der Börse eine Führungsposition besaß. Der allgemeine Zusammenbruch war dann ein selbsttätiger Prozeß; die Investoren sahen sich zum Verkauf gezwungen, neue Aktien wurden zu Schleuderpreisen angeboten, und die Aktien mußten fallen und fallen und fallen, ohne Aussicht auf ein Ende. Resultierte aus dem Börsensturz eine allgemeine Krise, wurde überall der Rotstift angesetzt, um Einsparungen vorzunehmen – das hieß, in Staaten und Unternehmen strich man die Gelder für die Pavillons der Weltausstellung. Ohne Aussteller war die Weltausstellung nicht durchführbar. Ohne Weltausstellung bekamen die Käufer der Obligationen keinen Profit, und der Kauf wurde für sie zum Verlustgeschäft. Und der Hauptgläubiger – mit viereinhalb Milliarden Dollar – war die Global Factors. Dank Regans Bemühungen waren eineinhalb Milliarden in Obligationen investiert worden, und Obligationen für ungefähr drei Milliarden, die technisch der Columbus Equities gehörten, hatten sie noch in Kommission. Wenn die Weltausstellung zum Fehlschlag wurde, erlitt die Global Factors einen schweren Schlag, der vielleicht mit ihrem Untergang endete.
    »Wie lauten die Notierungen?« fragte Regan.
    »Global-Aktien werden stark gehandelt«, berichtete Martinelli. »Die letzte Transaktion wurde mit 108 1/2 abgewickelt. Nicht zu übel, aber die Börse ist noch nicht geschlossen.«
    Wie gebannt beobachtete Regan den Fernschreiber. Die Global-Aktien waren plötzlich jene an der Börse, die am meisten gehandelt wurden. Ein Aktienbündel erzielte 108 3/8, dann wurden eintausend Aktien zu 108 1/8 notiert. Die Punkte verringerten sich rasch.
    »Gibt es wirklich eine Panik, wenn sie unter 107 sinken?« fragte Henderson, ohne daß er eine bestimmte Person ansprach.
    »Die Spezialisten behaupten es«, antwortete Martinelli. »Wenn Aktien unter den kritischen Punktwert sinken, kommen sie erst beim nächsttieferen Standardwert zum Stehen. Für die Global liegt er bei 83.«
    »Jesus«, sagte Henderson.
    Regan schwieg. Er fühlte sich auf einmal wie gelähmt.
    »Achthundert Aktien zu 107 7/8«, konstatierte Martinelli. Gleich darauf: »Siebenhundert zu 107 1/2.«
    Nur noch ein halber Punkt fehlte zum Verhängnis. Im ganzen Land griffen Aktionäre zum Telefon, um ihre Global-Aktien verkaufen zu lassen, bevor sie weiter fielen. Bald mußte eine Welle von Aktienverkäufen durch das Land rasen. Nicht lange, und die Panik würde auf die Wall Street übergreifen.
    Was auch geschehen mochte, Claude Regan würde Millionär bleiben. Im Gegensatz zu den Männern, die ihn umgaben, brauchte er keine persönlichen Härten zu fürchten. Was hier verlorenging, waren Gewinne, die auf Papieren stand, und übrigbleiben würde genug. Er fürchtete den Verlust seiner Macht. Er hatte eine solche Höhe erklommen – und nun, mit fünfunddreißig, drohte er zu scheitern. Was sollte er mit den restlichen fünfzig oder sechzig Jahren seines Lebens anfangen? Wo konnte er, mit Schande beladen, sich verbergen?
    »Tausend Aktien zu 107 3/8«, sagte Martinelli mit

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