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Reagans Satellit

Reagans Satellit

Titel: Reagans Satellit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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so alt wie Bruce Regan, und doch regierten sie das größte Geldimperium, das es je gegeben hatte. Und geriet die Global Factors nur leicht ins Schwanken, folgte daraus eine Erschütterung des ganzen kapitalistischen Systems. Regan hatte lange versucht, diese Verantwortung zu ignorieren.
    »Wir schaffen es schon«, sagte Regan.
    »Wenn sich nur die Obligationen verkaufen ließen ...«
    »Wir schaffen es«, wiederholte Regan. »Die Profite aus der Weltausstellung werden mir recht geben.« Einen Moment lang schloß er die Augen und sah den Satelliten, wie er durch seine Kreisbahn wirbelte, die prächtigen Pavillons von fünfzig Ländern im zerbrechlichen Leib, und den ununterbrochenen Strom von Fähren, die schaulustige Menschen empor zu dem Wunderwerk trugen.
    Oder war alles nur ein Luftschloß? Einmal angenommen, es besuchte niemand die Weltausstellung? Der Satellit würde verrotten, unbeachtet, ungenutzt. Die Weltausstellung ginge bankrott. Global Factors erlitte den größten Verlust der Geschichte des Unternehmens. Und ihn würden aufgebrachte Aktionäre lynchen.
    »Ich gedenke, nochmals zu verreisen«, murmelte Regan. »Zum Mars. Mit meiner Frau. Eine kurze Erholungsreise. Du kannst die Stellung für eine Weile halten, nicht wahr, Tim? Nur für kurze Zeit.«
    Field war sichtlich erschrocken. »Wann?«
    »Das steht noch nicht fest. Mai oder Juni, vielleicht erst im August. Vielleicht nie. Zuvor möchte ich die Weltausstellung auf einer soliden Basis sehen.«
    Drei Tage nach seiner Rückkehr ins Washingtoner Büro unterrichtete man ihn, daß Seine Exzellenz, Emir Talal ibn Abdullah, Gesandter Saudi-Arabiens in den Vereinigten Staaten, um die Gunst eines Gesprächs mit dem Faktoristen Regan ersuche. Regan war freudig erregt. Saudi-Arabien hatte die Zusage, über eine halbe Milliarde Dollar noch nicht eingelöst, doch nun beabsichtigte der Emir anscheinend, den Scheck auszuhändigen.
    Anscheinend.
    Emir Talal erschien mit zehnminütiger Verspätung, gehüllt in wallende Gewänder, ein derber, dunkelhäutiger Mann von etwa vierzig Jahren mit blitzenden Augen und hoheitsvoller Miene. Regan begrüßte ihn überschwenglich. Der Emir erweckte einen eher verschlossenen Eindruck, aber das mußte man von einer Person in seinem Rang durchaus erwarten. Worauf der Emir dann ohne Umschweife zu sprechen kam – darauf war Regan allerdings nicht vorbereitet.
    »Faktorist Regan, warum haben Sie König Feisal verschwiegen, daß diese Festlichkeit zu Ehren eines Juden stattfindet?«
    Regan hatte schon manchen harten Schlag eingesteckt, aber das warf ihn beinahe um. Er brauchte zwei oder drei Sekunden, um sich zu fassen. »Euer Exzellenz, mit der Weltausstellung ehrt man die Entdeckertat von Christoph Kolumbus.«
    »Genau. Kolumbus war Jude.«
    Regans Augen quollen aus den Höhlen. »Ist das euer Ernst, Exzellenz? Kolumbus war Italiener.«
    Die Antwort war schlecht. Der Emir richtete sich zu einer für Regan unglaublichen Höhe auf. Seine Augen funkelten. Fast rechnete Regan damit, er werde einen Säbel aus seinen Gewändern ziehen und ihm den Kopf abschlagen, weil er ihm zu widersprechen gewagt hatte.
    »Wir haben sehr sorgfältig nachgeforscht«, sagte Talal mit einer monumentalen Gebärde. »Kolumbus war jüdischer Abstammung. Sein Glaubensbekenntnis interessiert uns nicht. Jude ist jeder mit jüdischem Blut. Kolumbus war Jude. Sicherlich erwarten Sie nicht, Faktorist, daß wir Geld für eine Veranstaltung zu Ehren eines Juden zur Verfügung stellen.«
    Es ist ein Scherz, dachte Regan. Es muß ein Scherz sein. Der Mann hat einen seltsamen Humor.
    »Das muß ein Mißverständnis sein, Exzellenz«, sagte er so beherrscht wie möglich. »Ich begreife den heiklen politischen Aspekt sehr wohl, aber ich kann mir kaum vorstellen, daß Kolumbus ... Kolumbus ...«
    »Unter diesen Umständen«, erklärte der Emir, »wird es uns kaum möglich sein, Ihrem Anliegen zu entsprechen. König Feisal war nicht vollständig über die Tatsachen informiert, als Sie mit ihm verhandelten. Wir hoffen auf Ihr Verständnis.« Er verabschiedete sich mit einem knappen Nicken.
    Regan starrte ihm nach. Kolumbus ein Jude? Was war das für ein Unfug?
    Und eine halbe Milliarde dahin! Woher bekomme ich nun die halbe Milliarde? dachte Regan. Erstmals seit er im Finanzgeschäft tätig war, empfand er Furcht. Kein Unbehagen, keine Unsicherheit – sondern entsetzliche Furcht.
     

 
7.
     
    Hastige Nachforschungen einiger Leute von Regans Stab ergaben nach bereits

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