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Reagans Satellit

Reagans Satellit

Titel: Reagans Satellit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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brüchiger Stimme.
    Unsinn, dachte er. Wenn die Katastrophe kam, würde er ganz einfach von vorn beginnen. Was er einmal geschafft hatte, das würde ihm auch ein zweites Mal gelingen. Bis er vierzig war, so versprach er sich, würde er wieder so weit sein wie heute. Er würde es durchstehen. Irgendwie. Etwas ruhiger als zuvor schritt er zum Fernschreiber hinüber. Der Apparat klapperte heftig. Er sah näher hin und erkannte das vertraute Global-Symbol.
    »Tausend zu 107 1/2«, sagte er. »Anscheinend stabilisiert es sich ein bißchen.«
    Eine Minute verstrich. Der Fernschreiber, obwohl komputerisiert, begann hinter den Ereignissen an der Börse zurückzubleiben. Offenbar überstürzte sich die Entwicklung. Dann zeichnete sich eine neue Tendenz ab. Die Global-Aktien fielen nicht mehr. Die Transaktionen pendelten sich bei 107 1/2 Punkten ein.
    »Anruf aus Denver!« rief jemand.
    »Sollen warten!« schnauzte Regan.
    107 3/4.
    107 7/8!
    Die Aktien stiegen. Der Fernschreiber, inzwischen um acht Minuten im Rückstand, spuckte weiterhin Daten aus. Regan sah zu; Henderson und Martinelli warteten hinter ihm und schwiegen. Die letzte Notierung kam: Als die New Yorker Börse schloß, standen die Global-Aktien bei 108 Punkten. Das Tages-Minus betrug 1 1/8.
    »Lassen Sie die Ergebnisse von der Westküste durchgeben«, ordnete Regan an.
    Dort geschahen noch weitaus verwirrendere Dinge. Die Global-Aktien wurden auch dort kräftig gehandelt, aber mit allen Anzeichen der Gesundung. Um 16 Uhr hatte die Global alle Verlustnotierungen ausgeglichen. Zehn Minuten später setzte Aufwärtsentwicklung ein – 109 1/2, so lautete das letzte Ergebnis.
    »Verrückt«, sagte Regan. »Sie haben alle den Verstand verloren. Warum steigen die Aktien?«
    Henderson schüttelte nur den Kopf. Martinelli schnaufte ungläubig. Ja, warum? Weshalb stiegen die Aktien plötzlich, nachdem sie bis dicht an den Rand des Unglücks gesunken waren?
    »Denver am Apparat, Faktorist Regan!«
    Er schaltete sein Visifon ein. Der Anrufer war Tim Field; sein Gesicht war verzerrt, und seine Lippen bebten vor Erregung. Regan erkundigte sich nach dem Grund des Anrufs.
    »Ich muß dich von der morgigen Sondersitzung des Aufsichtsrats informieren.«
    » Welche Sondersitzung?«
    »Morgen. Hier in Denver.«
    »Wer hat sie einberufen?«
    »Dein Onkel und Bennett«, sagte Field. »Sie brachten sechs Antragsteller zusammen, also genug für die Einberufung einer Sondersitzung.«
    Regan vermeinte, sein Schädel müsse platzen. »Das weiß ich«, sagte er. »Was ist der Anlaß? Die Dividende?«
    Field schüttelte den Kopf. »Nein.« Er sah aus, als wolle er sogleich zusammenbrechen. »Die Sondersitzung ... nun, also ... wir vermuten, es hängt damit zusammen, daß Bennett und seine Leute mächtig Global-Aktien zu kaufen begannen, als sie bei 107 lagen.«
    »Um sie zu stützen?«
    »Nein«, sagte Field. »Um ihre Position bei Abstimmungen zu stärken. Die Sondersitzung – sie haben sie einberufen, um dich aus der Geschäftsführung der Gesellschaft zu entfernen.«
     

 
8.
     
    Früh am nächsten Morgen jagte ein Delta-Jet über die Vereinigten Staaten nach Westen. Der einzige Passagier, Faktorist Claude Regan, schluckte Stimus und sah der bevorstehenden Auseinandersetzung kaltblütig entgegen.
    Weltausstellung, dachte er verbissen. Wer brauchte sie? Er runzelte die Stirn. Monatelang hatte er sich bis zur Erschöpfung engagiert, nicht für persönlichen Gewinn, sondern für das Gelingen der Weltausstellung. Gewonnen hatte er nichts, und nun bestand die Gefahr, daß er sehr viel verlor. Wenn es der Alten Garde gelang, ihm die Geschäftsführung zu entreißen, so war sein Einsatz für die Weltausstellung daran schuld.
    Er rang mit seinen Zweifeln. Ja, die Weltausstellung war eine Absurdität. Gewiß, sie war eine Darbietung der Eitelkeit. Aber es gab eine andere Seite, oder? Es erforderte Mut und Tapferkeit, um zu Ehren eines toten Seefahrers einen metallenen Mond in den Himmel zu schießen. Als der Jet zur Landung auf dem Flughafen des Großraums Denver ansetzte, hatte Regans Laune sich gebessert. Eine schlaflose Nacht hatte ihn vorübergehend in Depressionen gestürzt, doch nun kehrten seine Energien zurück. Die Weltausstellung war unsinnig und grandios zugleich, aber auf jeden Fall würde sie ein wichtiges Datum der Menschheitsgeschichte sein. Und nur ein Mann, ein einziger, war imstande, ihr Gelingen zu gewährleisten. Regan wußte, daß er nicht der eigenen Furcht erliegen und

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