Reagans Satellit
der Tat äußerst interessant. Regan beschloß, sich einmal ausgiebig mit seiner Frau zu unterhalten. Allerdings nicht in Denver. Sie würden den Marsurlaub antreten. Und zwar sofort.
10.
Der Raumhafen machte einen unfertigen Eindruck. Er existierte seit sechs Jahren, und in diesem Zeitraum hatte man die Lande- und Startfelder angelegt und die Verwaltungsgebäude errichtet. Sämtliche Feinheiten standen noch zu erwarten. Im Sommer 1991 war der Nevada-Raumhafen mit sechs Mond- und zwei Marsflügen im Monat der geschäftigste der Welt, aber beileibe kein blühendes Unternehmen.
Selbst eine Persönlichkeit wie Regan kam nicht umhin, die üblichen Kontrollen über sich ergehen zu lassen wie jeder Sterbliche – er wurde gewogen und untersucht; das Gepäck durchsuchte man mit äußerster Sorgfalt nach Bomben.
»Wirklich«, meinte Nola, »ich verstehe das nicht. Ich sehe nicht ein, warum ...«
»Aber ich«, schnauzte Regan. »Menschenleben sind in Gefahr. Sie dürfen kein Risiko eingehen.«
»Warum sollte ein Faktorist in seinem Gepäck eine Bombe mitschleppen?«
»Vielleicht aus besserem Grund als andere Leute«, erwiderte Regan. »Wenn ein großer Mann mit allem Schluß machen will, macht er es auf großkotzige Art.«
Das Raumschiff ruhte wie ein riesiger, schimmernder Fisch auf dem kahlen Raumhafengelände. Regan lächelte bei seinem Anblick. Das Schiff wirkte machtvoll, und er liebte Macht. Während die Passagiere an Bord stiegen, führten Techniker die letzten Kontrollen durch. Regan und Nola hatten eine Kabine Erster Klasse belegt – nicht eben luxuriös, aber vom gegenwärtigen besten Raumschiffkomfort.
Nachdem sie angeschnallt waren und die Beschleunigung erwarteten, beschäftigte Regan sich aus bloßer Langeweile mit dem Gedanken, ob das Schiff wohl sicher ankommen werde. Wahrscheinlich. Im Verlauf der kurzen Geschichte der kommerziellen Raumfahrt waren nur zwei Schiffe verunglückt, und das war ein ungeschlagener Rekord. Ein Flug zum Mars galt statistisch als sicherer als einer von New York nach London. Trotzdem ... Regan lächelte. Er hoffte, daß alles klappte. Es wäre zu schade, könnte er die Eröffnung der Weltausstellung nicht erleben.
»Wird man uns mit einer Blaskapelle begrüßen?« fragte Nola.
»Wenn du ihn so nennen willst«, sagte Regan.
»Ihn?«
»Dick Avery. Er ist unser Mann in Marsport. Er wird uns abholen.«
*
Nach der Landung wurde zunächst, während draußen Geländefahrzeuge für die Passagiere bereitstanden, eine Quarantäne über die Ankömmlinge verhängt. Ärzte examinierten zuerst die Mannschaft und dann die Passagiere der Ersten Klasse. Eine halbe Stunde verging, bevor die Regans das Schiff verlassen konnten. Ein Fahrzeug brachte sie über das Raumhafengelände zur Kuppelstadt Marsport. Sie wurden nicht von einer Blaskapelle empfangen, sondern nur von einem stämmigen Mann in fürchterlicher Kleidung, nämlich einer purpurroten Hose und einer hellgrünen Tunika. Er war ungeheuer breitschultrig und sah mit seinem buschigen roten Bart wie ein Pirat aus. Eine mächtige Pranke drückte Regans Hand.
»Gute Reise gehabt, Faktorist?«
»Keine schlechte, jedenfalls. Dick, das ist Nola, meine Frau. Nola, das ist Dick Avery, unser Repräsentant auf dem Mars.«
Der wuchtig gebaute Mann schlang einen Arm um Regans Schultern, eine Geste, die sich auf der Erde kein Angestellter der Global erlaubt hätte. »Nun, Faktorist, möchten Sie einen Blick in unsere Filiale tun?«
»Ich möchte lieber erst ins Hotel«, sagte Regan. »Der Filiale werde ich später einen Besuch abstatten. Diese Reise ist als Urlaub geplant.«
»Klar. Ich fahre Sie ins Quartier. Ich nehme an, Sie möchten auch eine allgemeine Besichtigung machen, wie? Sie waren lange nicht hier, und inzwischen hat sich manches verändert.«
»Kann ich mir vorstellen. Die Marsianer, zum Beispiel. Damals wußte man noch nichts von ihnen. Ich würde sie mir gerne einmal anschauen.«
»Ich wende mich an die Anthropologen. Sie werden das arrangieren.«
»Tun Sie das«, sagte Regan.
Nola sagte kein Wort, während Avery sie durch die Straßen von Marsport zum Hotel fuhr. Regan sah sie an. Sie starrte durch das gewölbte Dach des Fahrzeugs auf die schäbigen alten Gebäude, die ungepflasterten Straßen.
»Enttäuscht?« fragte er.
»Ein bißchen.«
»Was hast du erwartet? Ein zweites Paris?«
»Alles ist so häßlich, Claude.«
»Herrgott, Nola, es ist alles noch im Aufbau. Seit der Landung des ersten
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