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Reagans Satellit

Reagans Satellit

Titel: Reagans Satellit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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jedem Monat trafen etwa einhundert neue Kolonisten ein. Täglich hob man neue Schächte aus, baute neue Wohnkomplexe. Die Kliniken waren voll, aber nicht mit Kranken, sondern mit Neugeborenen. Regan spürte den kupfrigen Geschmack von Fieber auf seiner Zunge. Diesmal, so begriff er, hatte ihn das Marsfieber gepackt. Aufbau, Planung, Ausdehnung. Kein Ärger mit Aufsichtsräten. Ein neuer Außenposten der Menschheit im Entstehen ...
    Noch am Abend gab Regan einige tausend Dollar für ein Gespräch mit der Erde aus, um sich nach den Vorbereitungen für die Weltausstellung und den Geschäften der Global Factors zu erkundigen. Die Auskünfte stellten ihn zufrieden. Bolivien und Belgien hatten die Miete für ihre Pavillons vorausbezahlt. Inzwischen waren die ersten Fährenplätze gebucht worden. Die Aktien der Global Factors waren auf 116 Punkte gestiegen. Der Vorrat an unverkauften Obligationen war auf den Wert von 35 Millionen Dollar gesunken.
    Dennoch schlief Regan in der folgenden Nacht sehr schlecht. Die Eindrücke, die auf ihn eingestürmt waren, hatten ihn überreizt; er war überwältigt von den Dingen, die er gesehen, und von den Plänen, die er kennengelernt hatte. Während er wach lag, ballte er die Fäuste, bis die Knöchel hervortraten.
    Es gab so viel zu tun auf dem Mars, so viel – und andere taten es!
    Gleich nach dem Frühstück setzte sich ein ernst dreinblickender junger Anthropologe mit ihnen in Verbindung. Curtis arbeitete, wie er sofort gestand, nur teilzeitig als Anthropologe. »Zwanzig Stunden in der Woche studiere ich die alten Marsianer, ansonsten fahre ich einen Gabelstapler.« Er lachte selbstsicher. »Anthropologie ist hier mehr oder weniger ein Luxus, aber irgend jemand muß die Marsianer studieren, so lange es sie noch gibt.«
    »Ist es weit bis zu ihrem Dorf?« fragte Nola.
    »Man kann binnen einer Stunde dort sein«, sagte Curtis.
    Das Geländefahrzeug erreichte auf dem festen Sand eine hohe Geschwindigkeit. In der Wüste gab es keine Straßen, doch man brauchte keine. Viele tausend Jahre lang hatte heftiger Wind sämtliche Hügel abgetragen. Nur einige rote und grünliche Felsen erhoben sich aus der Wüste. Da und dort sah man Flecken grau-grüner Vegetation.
    »Die Marsianer leben praktisch vor unserer Haustür«, erzählte Curtis, »nur einhundert Meilen von Marsport entfernt, aber wie hätten wir das ahnen sollen? Wir hatten schon eine Menge Ruinen entdeckt, aber nach den Datierungen sind sie zehntausend Jahre lang unbewohnt gewesen. Und dann, eines Tages, ging ein Prospektor in eine Höhle, und darin saßen sie.«
    »Sind es viele?« wollte Regan erfahren.
    »Oh, in dieser Höhle wohnen ungefähr einhundert, aber es ist natürlich nicht die einzige. Wir schätzen die Gesamtzahl der Marsianer auf etwa zehntausend. Die Mehrzahl bekommt man nie zu sehen.«
    »Man kann es ihnen wohl kaum vorwerfen«, sagte Regan. »Wie würden Sie es aufnehmen, käme jemand daher und besiedelte Ihren Heimatplaneten?«
    »Anscheinend macht ihnen das gar nichts aus. Wissen Sie, eigentlich betrachten sie den Mars nicht mehr als ihre Welt. So wenige sind übriggeblieben, daß sie sich selbst als aussterbende Rasse ansehen, und deshalb haben sie nichts gegen uns, solange wir sie in Ruhe lassen. Vor zehn- oder zwanzigtausend Jahren betrug die Bevölkerungszahl – jedenfalls nehmen wir das an – etwa zwei Millionen. Vermutlich war der Mars nie so dicht besiedelt wie die Erde. Dann muß es zu einem Geburtenrückgang gekommen sein, von dem sie sich nie wieder erholt haben. Aufgrund ihrer gegenwärtigen Geburtenrate läßt sich absehen, daß sie in ein paar hundert Jahren ausgestorben sein werden.«
    »Kann man nicht etwas tun, damit sie sich vermehren, statt sich zu vermindern?« fragte Regan.
    Curtis schaute erheitert drein. »Wir können sie nicht züchten, Faktorist. Sie sind kein Vieh, sondern intelligente Wesen.«
    »Sprechen sie Englisch?« forschte Nola.
    »Ein paar von ihnen«, sagte Curtis. »Die meisten sind wenig daran interessiert, etwas von uns zu lernen.«
    »Beherrschen Sie ihre Sprache?«
    »Ein bißchen. Sie sind auch nicht sonderlich daran interessiert, uns etwas beizubringen. Ich würde sagen, Sie sind an uns kaum interessiert. Mir scheint, daß sie uns mehr oder weniger tolerieren.«
    Das Gelände wurde hügeliger. In den fleckigen Sandsteinerhebungen gähnten die Eingänge von Höhlen. Das Fahrzeug hielt.
    »Wir sind am Ziel«, verkündete Curtis.
     

 
11.
     
    Mit Atemhelmen

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