Rebecca
ein. «Wir sind um die Hochzeitsfeier gebracht worden, da dürfen Sie uns doch nicht auch noch dieses Vergnügen nehmen. Hände hoch, wer für den Kostümball stimmt! Da, sehen Sie, Mr. de Winter, einstimmig angenommen!» Alle lachten und klatschten in die Hände.
Maxim zündete sich eine Zigarette an, und seine Augen begegneten den meinen über der Teekanne. «Was meinst du dazu?» sagte er.
«Ich weiß nicht», antwortete ich unsicher, «mir ist es einerlei.»
«Aber natürlich brennt sie darauf, einen Ball zu geben», sprudelte Lady Crowan wieder los.
«Welche junge Frau möchte das nicht? Sie würden bestimmt entzückend aussehen, Mrs. de Winter, als kleine Meißener Porzellanschäferin. Sie müßten Ihr Haar pudern und einen Dreispitz tragen.»
Ich dachte an meine ungeschickten Hände und Füße und an meine abfallenden Schultern.
Eine schöne Schäferin würde ich abgeben! Was für eine Gans war diese Frau! Es überraschte mich gar nicht, daß ihr niemand zustimmte, und wieder mußte ich Frank in meinem Herzen danken, daß er die Unterhaltung von mir ablenkte.
«Es stimmt übrigens, Maxim. Neulich sprach jemand davon. ‹Wie ist das eigentlich, Mr.
Crawley, wird nicht bald ein Fest zu Ehren der jungen Herrin von Manderley gegeben?› sagte er. ‹Ich wünschte, Mr. de Winter würde wieder einen von seinen Bällen veranstalten; das war doch jedesmal ein ganz besonderes Vergnügen.› Der alte Tucker von der Home Farm», wandte Frank sich erklärend an Lady Crowan. «Die Leute genießen natürlich jede Gelegenheit, ein solches Spektakel zu sehen. ‹Ich weiß nicht›, antwortete ich, ‹Mr. de Winter hat sich noch nicht darüber geäußert.›»
«Sehen Sie», rief Lady Crowan triumphierend ins Zimmer. «Was habe ich gesagt? Ihre eigenen Leute bitten Sie schon um den Ball, und wenn Sie schon nicht auf uns hören wollen, dann doch wenigstens auf Ihre Untergebenen.»
Maxim beobachtete mich immer noch mit zweifelnder Miene. Es schoß mir durch den Kopf, daß er vielleicht glaubte, ich könne mich diesem gesellschaftlichen Ereignis nicht gewachsen fühlen, ich könne zu scheu sein, um vor der Tradition von Manderley zu bestehen. Ich wollte nicht, daß er das glaubte und womöglich befürchtete, ich würde ihn blamieren.
«Mir würde es schon Spaß machen», sagte ich leise.
Maxim wandte sich mit einem Achselzucken ab. «Das gibt natürlich den Ausschlag», sagte er. «Also schön, Frank, dann triff nur deine Vorbereitungen. Besprich dich lieber vorher mit Mrs. Danvers, sie wird sich noch an die Einzelheiten erinnern.»
«Ach, diese erstaunliche Person ist noch immer bei Ihnen?»
«Ja», sagte Maxim kurz. «Nehmen Sie noch ein Stück Kuchen? Will niemand mehr? Dann wollen wir doch in den Garten gehen.»
Wir gingen auf die Terrasse hinaus, und alle unterhielten sich über den Ball und den geeigneten Tag dafür, aber dann entschlossen sich die Wagenbesitzer zu meiner großen Erleichterung zum Aufbruch, und auch die Fußgänger verabschiedeten sich, als sie zur Mitfahrt aufgefordert wurden. Ich ging in den Salon zurück und goß mir noch eine Tasse Tee ein, die ich jetzt, da ich aller meiner Verpflichtungen ledig war, erst richtig genießen konnte, und auch Frank setzte sich zu mir, und wir zerkrümelten den Teekuchen auf unseren Tellern, aßen ihn mit Löffeln und kamen uns vor wie Verschwörer. Wir sprachen eine ganze Weile kein Wort über den Ball, und erst als ich meinen Tee aus-getrunken und meine klebrigen Finger an der Serviette ab-gewischt hatte, sagte ich zu Frank: «Was halten Sie eigentlich wirklich von dieser Kostümballidee?»
Frank zögerte und warf einen schnellen Blick auf Maxim draußen im Garten. «Ich weiß nicht», sagte er. «Maxim schien ja nichts dagegen zu haben. Ich fand, er nahm den Vorschlag sogar sehr nett auf.»
«Er hätte ja auch sicher etwas anderes tun können», meinte ich. «Was ist diese Lady Crowan doch für eine lästige Person! Glauben Sie wirklich, daß alle unsere Nachbarn von nichts anderem träumen und reden als von diesem Ball?»
«Ich glaube schon, daß ein Fest nach der langen Pause sehr lebhaft begrüßt werden würde», sagte Frank. «Wir sind nämlich hier sehr konservativ in solchen Dingen. Ich muß auch sagen, Lady Crowan hatte gar nicht so unrecht, als sie meinte, daß irgend etwas Ihnen zu Ehren arrangiert werden müßte. Schließlich sind Sie doch die Jungverheiratete Frau des Herrn von Manderley.»
Wie gespreizt und dumm das klang! Ich wünschte,
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