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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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brauchte. Er brauchte etwas, was ich ihm nicht geben konnte und was ihm vorher zuteil geworden war. Maxim liebte mich nicht, er hatte mich nie geliebt. Unsere Hochzeitsreise in Italien, unser Zusammenleben hier bedeuteten ihm nichts. Was ich für Liebe, Liebe für mich ganz allein, gehalten hatte, war keine Liebe. Er war ein Mann und einsam, und ich war eine Frau und jung, das war alles. Er gehörte mir gar nicht, er gehörte Rebecca. Er dachte immer noch an Rebecca. Rebecca würde ihn immer hindern, mich zu lieben. Es war, wie Mrs. Danvers gesagt hatte: sie befand sich noch auf Manderley, in ihrem Zimmer im Westflügel, in der Bibliothek, im Morgenzimmer, in der Galerie. Selbst in dem kleinen Blumenzimmer, wo ihr Regenmantel noch hing.
    Und auch im Garten und im Wald und in dem Bootshaus am Strand. Ihre Schritte klangen noch in den Gängen, ihr Duft verweilte noch auf den Treppen. Sie war Mrs. de Winter. Ich hatte hier gar nichts zu suchen. Wie ein unachtsamer Tölpel war ich hier auf fremden Grund und Boden eingedrungen. «Wo ist Rebecca?» hatte Maxims Großmutter ausgerufen. Und Beatrice – wie hatte sie mich damals bei unserer ersten Begegnung gemustert und dann ganz freimütig gesagt: «Du bist so ganz anders als Rebecca!» Und Frank, der immer, wenn ich von Rebecca sprach, so verlegen und zurückhaltend wurde. Rebecca, immer Rebecca. Wo immer ich ging, wo immer ich saß, selbst in meinen Gedanken und in meinen Träumen begegnete ich Rebecca. Ich wußte jetzt, wie sie ausgesehen hatte; ich kannte ihre langen schlanken Beine, ihre schmalen zarten Füße, ihre Schultern, breiter als meine, ihre geschickten, energischen Hände. Hände, die ein Segel raffen, einen Zügel halten konnten. Hände, die Blumen geschmackvoll in Vasen geordnet, ein Schiffsmodell gezimmert hatten, die auf die Titelseite eines Gedichtbandes «Max von Rebecca» geschrieben hatten. Auch ihr ovales, schön geschnittenes Gesicht war mir jetzt vertraut, mit dem reinen weißen Teint und dem duftigen lockigen Haar, das es umgab. Ich kannte ihr Parfüm und konnte mir ihr Lachen und ihr Lächeln vorstellen. Ich würde ihre Stimme unter tausend anderen heraushören. Ich würde von Rebecca niemals loskommen. Rebecca, immer Rebecca. Sie war stärker als ich.
    Ich stand auf und zog die Vorhänge zurück. Die warme Sonne strömte ins Zimmer. Die Gärtner hatten den Rosengarten wieder in Ordnung gebracht. Dann sah ich plötzlich ein Zettelchen, das unter der Tür durchgeschoben worden war. Ich hob es auf und erkannte Beatrices steile Schrift.
    Sie mußte es nach dem Frühstück mit Bleistift geschrieben haben. «Ich klopfte an Deine Tür, erhielt aber keine Antwort, nehme also an, daß Du meinen Rat befolgt hast und Dich tüchtig ausschläfst. Giles muß gleich wieder nach Hause; er ist gerade angerufen worden, ob er nicht für jemand in unserer Kricketelf aus dem Dorf einspringen könnte, und der Match fängt um zwei an. Wie er allerdings nach dem vielen Champagner, den er sich gestern einverleibt hat, den Ball sehen will, ist mir ein Rätsel. Ich selbst fühle mich ein bißchen wackelig auf den Beinen, habe aber großartig geschlafen. Frith sagt, Maxim sei schon früh unten gewesen.
    Jetzt ist er nirgends zu entdecken. Grüß ihn also bitte von uns und nochmals vielen Dank für den schönen Abend, wir haben ihn von Herzen genossen. Und mach Dir keine Gedanken mehr wegen des Kostüms. (Der letzte Satz war zweimal dick unterstrichen.) Herzlich, Deine Bee.» Dann noch eine Nachschrift: «Ihr müßt uns bald besuchen kommen.»
    Oben in eine Ecke hatte sie neun Uhr dreißig hingekritzelt, und jetzt war es fast halb zwölf.
    Sie waren also schon fast zwei Stunden fort und mußten bald zu Hause sein.
    Mich hielt es nicht länger in meinem Schlafzimmer. Außerdem mußte das Mädchen jetzt darin saubermachen.
    Vielleicht hatte Clarice doch nicht bemerkt, daß Maxims Bett unberührt geblieben war. Ich zerknüllte die Kissen und das Laken, damit es so aussah, als ob er darin geschlafen hätte.
    Wenn Clarice nicht schon etwas gesagt hatte, dann brauchte das Hausmädchen auch nichts davon zu erfahren.
    Ich badete und zog mich an und ging nach unten. Die Handwerker hatten die Tanzfläche bereits entfernt, und die Blumen waren verschwunden. Auch die Notenpulte waren nicht mehr da; die Musiker hatten wohl einen frühen Zug nach London genommen. Die Gärtner fegten jetzt den Rasen und die Anfahrt, um die Raketenhüllen und Stöcke zu beseitigen. Bald würde nichts mehr

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