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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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Haus zu. Ich legte meine Hand auf Jaspers Kopf. Sein Fell war klatschnaß. Als ich zum Haus zurücksah, konnte ich die Schornsteine und die Umrisse nicht mehr unterscheiden, ich erkannte nur noch eine große dunkle Masse, aus der die hellen Blumenkübel auf der Terrasse und ein paar blinkende Fenster herausleuchteten. Die Läden von Rebeccas Schlafzimmerfenster waren aufgestoßen, und eine Gestalt war in der Öffnung sichtbar. Zunächst sah ich sie nur verschwommen, und einen kurzen qualvollen Augenblick lang glaubte ich, es sei Maxim.
    Dann bewegte sich die Gestalt und streckte einen Arm heraus, um die Läden zuzuziehen, und da erkannte ich Mrs. Danvers. Sie hatte mich also beobachtet, wie ich hier im Nebel am Waldrand stand. Sie hatte mich langsam über den Rasen hierher wandern sehen; es war gar nicht ausgeschlossen, daß sie mein Gespräch mit Frank vom Nebenapparat in ihrem Zimmer belauscht hatte. Dann wußte sie jetzt, daß Maxim in der vergangenen Nacht nicht in seinem Bett geschlafen hatte. Sie hatte mich sprechen und weinen hören. Sie wußte also auch, welche Rolle ich während der langen Stunden gespielt hatte, in denen ich in meinem blauen Kleid neben Maxim am Fuß der Treppe stand, und daß er mich kein einziges Mal angesehen und kein Wort zu mir gesprochen hatte. Sie wußte es, weil es ihr Plan gewesen war, daß alles so kommen sollte. Ihr Plan war geglückt; sie und Rebecca durften über mich triumphieren.
    In einem plötzlichen Impuls ging ich wieder über den Rasen zum Haus zurück. Ich durchquerte die Halle und stieg die große Treppe hinauf; ich ging durch die Galerie und öffnete die Tür zum Westflügel und ging durch den stillen dunklen Korridor, der zu Rebeccas Zimmer führte.
    Ich machte die Tür auf und trat ein. Mrs. Danvers stand noch vor dem geschlossenen Fenster.
    «Mrs. Danvers», sagte ich. Sie wandte sich um, und ich sah, daß ihre Augen gerötet und vom Weinen geschwollen waren wie meine eigenen und daß tiefe Schatten sich auf ihrem bleichen Gesicht abzeichneten.
    «Ja, was ist?» sagte sie, und ihre Stimme klang rauh und erstickt von den Tränen, die sie vergossen hatte.
    Ich hatte nicht erwartet, sie so vorzufinden. Ich hatte geglaubt, sie würde wieder so lächeln, wie sie gestern abend gelächelt hatte, hartherzig und böse. Und jetzt sah ich nur eine alte Frau vor mir, die elend und müde war.
    Ich zögerte mit dem Türknopf in der Hand und wußte nicht, was ich sagen, was ich tun sollte.
    Ihre roten, verweinten Augen blickten mich unverwandt an, und ich fand keine Worte. «Ich habe das Menü wie ge-wöhnlich auf den Schreibtisch gelegt», sagte sie. «Waren Sie mit etwas nicht einverstanden?» Ihre Frage gab mir meinen Mut zurück, und ich trat weiter ins Zimmer hinein.
    «Mrs. Danvers», sagte ich, «ich bin nicht hergekommen, um mit Ihnen über das Menü zu reden. Das können Sie sich doch denken.»
    Sie antwortete nicht. Ihre linke Hand öffnete und schloß sich.
    «Sie haben erreicht, was Sie wollten, nicht wahr?» sagte ich. «Denn Sie haben es doch gewollt. Sind Sie jetzt zufrieden und glücklich?»
    Sie drehte sich zur Seite und blickte wieder aus dem Fenster. «Warum sind Sie überhaupt nach Manderley gekommen?» fragte sie mit abgewandtem Gesicht. «Niemand hat Sie hier haben wollen. Wir lebten ganz ungestört, bis Sie kamen. Warum sind Sie nicht dort unten in Frankreich geblieben?»
    «Sie scheinen zu vergessen, daß ich Mr. de Winter liebe», entgegnete ich.
    «Wenn Sie ihn liebten, hätten Sie ihn nicht geheiratet.»
    Darauf wußte ich nichts zu erwidern. Es war eine wahnsinnige, unwirkliche Situation, und Mrs. Danvers fuhr fort, mit ihrer eintönigen, erstickten Stimme zu mir zu sprechen.
    «Erst dachte ich, daß ich Sie haßte, aber das tue ich jetzt nicht mehr», sagte sie. «Jedes Gefühl scheint in mir erstorben zu sein.»
    «Warum sollten Sie mich auch hassen?» fragte ich. «Was habe ich Ihnen denn getan?»
    «Sie haben versucht, Mrs. de Winter zu verdrängen.»
    Sie sah mich immer noch nicht an, sondern wandte mir trotzig den Rücken zu. «Ich habe hier doch gar keine Veränderungen vorgenommen», sagte ich. «Ich wollte auf Manderley alles beim alten lassen. Ich habe nie Anweisungen gegeben; ich überließ alles Ihnen. Ich hätte auch gern Freundschaft mit Ihnen geschlossen, wenn Ihr Benehmen es erlaubt hätte. Aber Sie haben sich von Anfang an gegen mich gestellt; ich sah es schon in Ihrem Gesicht, als ich Ihnen zum erstenmal die Hand gab.»
    Sie

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