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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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unterbrach ich ihn, «wenn er glaubt, daß ich ihm einen so häßlichen Streich spielen konnte, dann ist es sein gutes Recht, nie mehr mit mir zu sprechen und mich nie wiedersehen zu wollen.»
    «So dürfen Sie nicht reden», sagte Frank. «Sie wissen nicht, was Sie da sagen. Darf ich auf einen Augenblick herüberkommen? Ich glaube, ich kann Ihnen alles erklären.»
    Was für einen Zweck hatte es, Frank kommen zu lassen und mit ihm im Morgenzimmer zu sitzen? Jetzt konnte ich keine Freundlichkeit mehr gebrauchen. Es war zu spät.
    «Nein», sagte ich, «nein, ich will nicht immer und immer wieder davon sprechen. Es ist nun einmal geschehen und kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Vielleicht ist es auch ganz gut so; es hat mich wenigstens etwas erkennen lassen, worüber ich mir schon hätte klar sein sollen, als ich Maxim heiratete.»
    «Was wollen Sie damit sagen?» fragte Frank.
    Seine Stimme klang merkwürdig scharf. Es war mir unverständlich, was es ihm ausmachen konnte, daß Maxim mich nicht liebte.
    «Ich bin mir über ihn und Rebecca klargeworden», sagte ich, und wie ich ihren Namen jetzt aussprach, klang er fremd und abstoßend wie ein verbotenes Wort; ich empfand keine Erleichterung und Freude mehr dabei, nur noch ein heißes Schamgefühl, als beichtete ich eine Sünde.
    Frank schwieg. Ich hörte ihn am anderen Ende der Leitung tief Atem holen. «Was meinen Sie damit?» fragte er noch schärfer und kürzer als zuvor. «Was meinen Sie damit?»
    «Er liebt mich nicht, er liebt Rebecca», sagte ich. «Er hat sie nie vergessen können; er denkt immer noch an sie, Tag und Nacht. Mich hat er nie geliebt, immer nur Rebecca, Rebecca, Rebecca.»
    Frank stieß einen Laut aus, als ob ihn etwas erschreckt hätte; aber mir war jetzt gleichgültig, was er von mir dachte. «Jetzt wissen Sie, wie mir zumute ist», sagte ich. «Jetzt werden Sie mich vielleicht verstehen.»
    «Mrs. de Winter», sagte er, «hören Sie, ich muß Sie unbedingt sprechen. Es ist von größter Wichtigkeit. Ich kann es nicht durchs Telephon sagen. Hören Sie, Mrs. de Winter?»
    Ich warf den Hörer auf die Gabel und erhob mich. Ich wollte Frank jetzt nicht sehen. Er konnte mir ja doch nicht helfen. Das konnte nur ich selbst. Mein Gesicht war vom Weinen ganz fleckig und gerötet. Ich ging im Zimmer auf und ab, biß in mein Taschentuch und zerrte mit den Zähnen daran.
    Ein unerklärlich starkes Gefühl bemächtigte sich meiner, daß ich Maxim nie wiedersehen würde. Ja, er war fortgegangen und würde nicht zurückkehren. Ich hatte gespürt, daß Frank das auch glaubte und es nur nicht am Telephon zugeben wollte. Er wollte mich nicht erschrecken.
    Ich trat ans Fenster und starrte auf die kleine Lichtung, wo der Faun auf seiner Flöte blies.
    Die Rhododendren waren verblüht. Ihre Zeit würde erst in einem Jahr wiederkommen. Die hohen Büsche sahen jetzt düster und kahl aus. Eine Nebelbank wälzte sich von der See empor, und ich konnte kaum bis zum Waldrand sehen. Es war sehr heiß und schwül. Die Sonne hatte sich hinter der Nebelwand versteckt. Es war, als ob ein böser Zauber Manderley des Himmels und des Tageslichts beraubt hätte. Einer der Gärtner ging mit einem Schubkarren voll Abfall von gestern abend vorüber.
    «Guten Morgen!» sagte ich.
    «Guten Morgen, Madam.»
    «Der Ball hat Ihnen wohl eine Menge Extraarbeit gemacht», sagte ich.
    «Das macht nichts, Madam», sagte er. «Ich glaube, gestern hat sich jeder ordentlich amüsiert, und das ist ja schließlich die Hauptsache.»
    «Ja, da haben Sie vielleicht recht», erwiderte ich.
    Er warf einen Blick auf den Waldrand, hinter dem das Tal sich zum Strand hinunterzog. Die hohen schwarzen Stämme waren nur noch undeutlich zu erkennen.
    «Es zieht sich schön dick zusammen», bemerkte er.
    «Ja», sagte ich.
    «Ein Glück, daß es nicht gestern abend schon so war.»
    «Ja», sagte ich.
    Er wartete einen Augenblick, legte dann grüßend die Hand an die Mütze und schob seinen Karren weiter. Ich ging über den Rasen auf den Wald zu. Der Nebel hatte die Zweige und Blätter beschlagen, und es rieselte wie dünner Regen auf mich nieder. Jasper stand mit betrübter Miene und eingekniffenem Schwanz und lang heraushängender Zunge neben mir.
    Die feuchte Schwüle machte ihn schwerfällig und teilnahmslos. Von meinem Standort konnte ich das Meer hören, das langsame Grollen, mit dem es gegen die Bucht brandete. Der weiße, nach Tang und Seewasser riechende Nebel wälzte sich an mir vorbei auf das

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