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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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an den Kostümball auf Manderley erinnern. Wieviel Arbeit hatten doch die Vorbereitungen gekostet, und wie schnell war man mit dem Aufräumen fertig!
    Robert polierte die Tischplatte im Eßzimmer. Er war wieder ganz der alte mit seinem stumpfsinnigen, unbeweglichen Gesicht, nicht mehr nervös und aufgeregt wie in den letzten Wochen.
    «Guten Morgen, Robert», sagte ich.
    «Guten Morgen, Madam.»
    «Haben Sie Mr. de Winter irgendwo gesehen?»
    «Er ist gleich nach dem Frühstück hinausgegangen, Madam, noch bevor Mr. und Mrs. Lacy herunterkamen. Seitdem habe ich ihn nicht gesehen.»
    «Und Sie wissen auch nicht, wohin er gegangen ist?»
    «Nein, Madam.»
    Ich ging wieder in die Halle zurück, ich ging durch den Salon ins Morgenzimmer. Jasper stürzte auf mich zu und leckte mir begeistert die Hände, als ob ich nach einer langen Abwesenheit wiedergekehrt wäre. Er hatte die Nacht auf Clarices Bett verbracht, und ich hatte ihn seit dem Tee gestern nachmittag nicht mehr gesehen. Vielleicht waren ihm die Stunden ebenso lang vorgekommen wie mir.
    Ich nahm den Hörer ab und verlangte die Nummer des Verwaltungsbüros. Vielleicht war Maxim bei Frank. Ich fühlte, daß ich ihn sprechen mußte. Und wenn es nur zwei Minuten wären. Ich mußte ihm erklären, daß ich das gestern abend nicht absichtlich getan hatte. Selbst wenn das meine letzten Worte an ihn sein sollten, das mußte ich ihm sagen. Der Sekretär antwortete und teilte mir mit, daß Maxim nicht da wäre.
    «Aber Mr. Crawley ist da, Mrs. de Winter», sagte er. «Möchten Sie mit ihm sprechen?» Ich wollte es eigentlich nicht, aber er ließ mich nicht zur Antwort kommen, und schon hörte ich Franks Stimme.
    «Ist irgend etwas los?» Eine merkwürdige Art, ein Gespräch zu beginnen, schoß es mir durch den Kopf. Er sagte weder guten Morgen noch «Haben Sie gut geschlafen?»
    Warum fragte er, ob etwas los sei? «Ich bin’s, Frank», sagte ich. «Wo ist Maxim?»
    «Ich weiß nicht, ich habe ihn heute noch nicht gesehen. Er ist gar nicht ins Büro gekommen.»
    «Nicht ins Büro?»
    «Nein.»
    «So, na ja, es macht weiter nichts.»
    «Haben Sie ihn denn nicht beim Frühstück gesehen?» fragte Frank.
    «Nein, ich hab’s verschlafen.»
    «Wie hat er geschlafen?»
    Ich zögerte, aber Frank war der einzige Mensch, dem ich mich anvertrauen konnte. «Er ist gar nicht zu Bett gegangen.»
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen, als ob Frank angestrengt nach einer Antwort suchte. «Oh», sagte er endlich langsam, «so, so.» Und dann, nach einer weiteren Pause: «Ich fürchtete schon so etwas.»
    «Frank», sagte ich verzweifelt, «was sagte er gestern nacht, als alle weggegangen waren?
    Was habt ihr noch gemacht?»
    «Giles und Mrs. Lacy und ich haben noch ein Sandwich gegessen», erwiderte er, «Maxim war nicht dabei. Er murmelte irgendeine Entschuldigung und ging in die Bibliothek. Ich bin dann gleich danach gegangen. Aber vielleicht kann Mrs. Lacy Ihnen etwas Näheres sagen.»
    «Die beiden sind schon fort», sagte ich, «gleich nach dem Frühstück. Sie schrieb mir einen Zettel. Sie hat Maxim auch nicht mehr gesprochen.»
    «Oh», sagte Frank. Die Art, wie er das sagte, wollte mir nicht gefallen. Es klang so bedeutsam und ahnungsvoll.
    «Wo glauben Sie, daß er stecken kann?» fragte ich.
    «Ich weiß nicht», antwortete Frank, «vielleicht ist er nur spazierengegangen.» Er sprach wie ein Arzt mit den Angehörigen eines Patienten.
    «Frank, ich muß ihn sprechen», sagte ich. «Ich muß den Vorfall von gestern aufklären.»
    Frank antwortete nicht. Ich sah sein besorgtes, nachdenkliches Gesicht vor mir.
    «Maxim glaubt, ich hätte es absichtlich getan», sagte ich, und meine Stimme bebte, und ich konnte es nicht verhindern, daß die Tränen, die mir gestern abend in die Augen gestiegen waren, mir jetzt, sechzehn Stunden später, über die Wangen hinabliefen. «Maxim glaubt, ich hätte einen Scherz machen wollen, einen gemeinen, niederträchtigen Scherz.»
    «Nein, nein.»
    «Doch, ich weiß es. Sie haben seine Augen nicht gesehen, Sie standen nicht den ganzen Abend neben ihm und beobachteten ihn. Er hat kein Wort mit mir gesprochen, Frank, und mich nicht einmal angesehen. Wir standen den ganzen Abend nebeneinander, ohne miteinander zu reden.»
    «Dazu war ja auch keine Gelegenheit», sagte Frank, «bei den vielen Gästen. Natürlich fiel es mir auf; glauben Sie denn, ich kenne Maxim nicht gut genug? Hören Sie …»
    «Ich mache ihm gar keinen Vorwurf»,

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