Rebecca
entzückendes Fest, mein Kompliment!» sagte sie, und ich antwortete: «Sehr freundlich, daß Sie das sagen, ja, es ist eine lustige Stimmung, nicht wahr?»
«Ich höre, man hat Ihnen ein falsches Kostüm geschickt?»
«Ja, zu dumm.»
«Auf diese Schneider ist nie Verlaß. Es ist immer dasselbe. Aber Sie sehen wirklich ganz reizend aus in diesem hübschen Blau. Ich beneide Sie direkt darum, wenn ich sehe, wie kühl Sie aussehen; dieser Samt ist furchtbar heiß. Also vergessen Sie nicht, Sie müssen bald zu uns zum Essen kommen.»
«Das werden wir sehr gern tun.»
Wie spät mochte es sein? Ich wußte es nicht. Die Nacht schleppte sich Stunde um Stunde dahin, und immer dieselben Gesichter, dieselben Melodien. Hin und wieder tauchten die Bridgespieler aus der Bibliothek auf wie Eremiten aus ihrer Höhle, um dem Tanz zuzusehen, und zogen sich dann wieder zurück. Beatrice kam mit flattern-dem Gewand auf mich zu und flüsterte mir ins Ohr: «Warum setzt du dich nicht? Du siehst aus wie der leibhaftige Tod.»
«Ich fühle mich aber ganz wohl.»
Dann erschien Giles, dem die Schminke vom Gesicht lief und der in seinem dicken Burnus fast kochte, an meiner Seite. «Komm mit auf die Terrasse und sieh dir das Feuerwerk an.»
Und ich ging mit ihm hinaus und starrte zum Himmel empor, während die kindischen Raketen hinaufzischten und herabfielen. Dort in einer Ecke stand die kleine Clarice mit einem von den Knechten. Sie lächelte beseligt und quietschte vor Vergnügen, als ein Frosch zu ihren Füßen knallte und spuckte. Sie hatte ihren Kummer vergessen.
«Hallo, das wird ein Riesending!» Giles sah mit offenem Mund nach oben. «Da, siehst du, bravo, großartig gemacht!»
Das scharfe Zischen der Rakete, wie sie hochstieg, der Knall, als sie zerplatzte, der Sprühregen smaragdgrüner Sterne, ein beifälliges Murmeln der Menge, bewundernde Ausrufe, dann Händeklatschen.
Eine nach der anderen schossen die Raketen pfeilgleich in die Luft, und der Himmel färbte sich grün und blutrot und gold. Manderley hob sich wie ein verzaubertes Schloß von der Dunkelheit ab; die Fenster schienen zu brennen; die grauen Mauern liehen sich gespenstisches Licht von den sprühenden Raketen.
Ein Märchenhaus mitten im dunklen Wald. Und als die letzte Rakete verlöscht war und die Beifallsrufe verstummten, schien die Nacht, die eben noch so festlich gewesen war, plötzlich düster und melancholisch zu werden, und der Himmel wurde zum Leichentuch. Die kleinen Gruppen auf dem Rasen und auf den Wegen lösten sich auf und zerstreuten sich. Die Gäste drängten sich durch die Glastüren in den Salon. Alles, was jetzt kam, war eine Antiklimax; das kümmerliche Nachspiel begann. Wir standen mit blassen, leeren Gesichtern herum.
Jemand brachte mir ein Glas Champagner. Ich hörte die ersten Wagen draußen vorfahren.
Man bricht auf, dachte ich. Gott sei Dank, man bricht auf. Die Erdbeerdame fing wieder an zu essen. Es würde noch einige Zeit dauern, bis die Halle sich geleert hatte.
Ich sah Frank der Kapelle ein Zeichen geben. Ich stand in der Tür zwischen dem Salon und der Halle neben einem Mann, den ich nicht kannte.
«Das war mal ein gelungener Abend», sagte er begeistert.
«Ja», sagte ich.
«Ich habe mich nicht eine einzige Minute gelangweilt», sagte er.
«Das freut mich.»
«Molly war außer sich, daß sie nicht mitkommen konnte.»
«So?» sagte ich.
Die Kapelle stimmte «Freut euch des Lebens» an. Mein Nachbar ergriff meine Hand und begann sie auf und ab zu schwingen. «Los!» rief er, «alle mitmachen!» Irgend jemand schwang jetzt auch meine andere Hand, und nach und nach taten immer mehr Gäste mit. Wir standen in einem großen Kreis und sangen aus voller Kehle. Der Mann, der sich nicht eine einzige Minute gelangweilt hatte und mir erzählte, daß Molly außer sich gewesen sei, trug ein chinesisches Mandarinkostüm, und seine falschen Nägel verfingen sich in seinen weiten Ärmeln, wie wir so unsere Hände schwangen. Er brüllte vor Lachen. Wir lachten alle.
«Freut euch des Lebens!» sangen wir.
Die ausgelassene Fröhlichkeit verebbte mit dem letzten Takt, und der Trommelwirbel kündete das unvermeidliche «God Save the King» an. Das Lächeln wich aus unseren Gesichtern wie fortgewischt. Der Mandarin riß die Absät-ze zusammen und stand militärisch stramm. Ich weiß noch, daß mir der flüchtige Gedanke kam, ob er wohl Offizier sei. Wie komisch er aussah mit seinem langen, unbeweglichen Gesicht und seinem
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