Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
Vom Netzwerk:
dünnen
    chinesischen Schnurrbart. Mein Blick fiel auf die Erdbeerdame. Die Nationalhymne hatte sie mitten im Essen überrascht; in ihrer Hand hielt sie noch den Teller mit Huhn in Aspik. Sie hielt ihn steif vor sich, als ob sie eine Kollekte einsammeln wollte. Alle Munterkeit war aus ihrem Gesicht verschwunden. Als der letzte Ton verklungen war, atmete sie auf und machte sich mit wahrem Feuereifer wieder über ihr Huhn her und redete mit vollem Mund auf einen Bekannten ein.
    Jemand hatte meine Hand gepackt und schüttelte sie.
    «Vergessen Sie nicht, am vierzehnten kommen Sie zu uns zum Essen.»
    «Ja.» Ich sah verständnislos hoch.
    «Ja, Ihre Schwägerin hat auch versprochen zu kommen.»
    «Ach, wie nett!»
    «Pünktlich halb neun, kleines Abendkleid. Wir freuen uns schon, Sie bei uns begrüßen zu dürfen.»
    «Ja, ich freue mich auch.»
    Die Gäste standen schon an, um sich zu verabschieden.
    Maxim befand sich am anderen Ende des Zimmers. Ich legte mein Lächeln wieder an, das nach dem «Freut euch des Lebens» etwas fadenscheinig geworden war.
    «Der netteste Abend seit langem!»
    «Wie mich das freut!»
    «Vielen Dank für den reizenden Abend.»
    «Wie mich das freut!»
    «Sehen Sie, wir haben bis zum bitteren Ende durchgehalten.»
    «Wie mich das freut!»
    Gab es denn keinen anderen Satz in unserer Sprache? Ich lächelte und nickte wie ein Automat, und meine Augen suchten Maxim. Er stand vor der Bibliothekstür, und um ihn herum drängten sich Gäste. Beatrice war ebenfalls von einem Menschenhaufen umgeben, und Giles hatte eine kleine Gruppe Unermüdlicher zum Büffet in den Salon geführt. Frank sah wohl draußen auf der Anfahrt bei den Wagen nach dem rechten. Ich konnte mich kaum noch rühren.
    «Auf Wiedersehen und vielen, vielen Dank! Es war zu nett!»
    «Wie mich das freut!»
    Endlich fing die große Halle an, leerer zu werden. Die fade Atmosphäre nach einem vergangenen Fest schlich sich bereits ein, und ein müder Tag dämmerte herauf. Die Terrasse lag schon im grauen Morgenlicht. Ich konnte allmählich das rauchige Gerüst für das Feuerwerk draußen auf dem Rasen erkennen.
    «Auf Wiedersehen, es war ein himmlisches Fest!»
    «Wie mich das freut!»
    Maxim war zu Frank hinausgegangen; Beatrice gesellte sich zu mir und streifte sich die Armringe ab. «Ich kann die Dinger nicht mehr ausstehen. Himmel, bin ich müde, ich glaube, ich hab nicht einen einzigen Tanz ausgelassen. Es war jedenfalls ein riesiger Erfolg.»
    «Meinst du?» fragte ich.
    «Meine Liebe, willst du nicht gleich zu Bett gehen? Du siehst ganz abgekämpft aus. Du hast ja fast den ganzen Abend gestanden. Wo sind unsere Männer?»
    «Maxim und Frank sind draußen, und Giles ist im Salon.»
    «Ich werde mir jetzt etwas Kaffee und Schinken und Ei-er zu Gemüte führen. Du auch?»
    «Nein, danke, Beatrice, lieber nicht.»
    «Du hast wirklich entzückend in deinem blauen Kleid ausgesehen. Jeder hat das gesagt. Und kein Mensch hat auch nur etwas geahnt von – von dem Vorfall, du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.»
    «Nein.»
    «An deiner Stelle würde ich erst mal gründlich ausschlafen. Bleib ruhig liegen und laß dir das Frühstück ans Bett bringen.»
    «Ja, vielleicht.»
    «Soll ich Maxim sagen, daß du schon raufgegangen bist?»
    «Ja bitte, Beatrice.»
    «Also schön, meine Liebe, schlaf gut.» Sie küßte mich hastig und klopfte mir gleichzeitig auf die Schulter und ging dann in den Salon, um Giles zu suchen. Ich stieg langsam Stufe um Stufe die Treppe hinauf. Die Musiker hatten das Licht in der Galerie gelöscht und waren hinuntergegangen, um sich ebenfalls mit Spiegeleiern und Schinken zu stärken. Einzelne Notenblätter lagen auf dem Boden verstreut. Ein Stuhl war umgefallen. Auf dem Klavier stand ein Aschenbecher, der bis an den Rand mit Asche und Stummeln gefüllt war. Das Nachspiel eines gelungenen Abends. Ich ging den Korridor entlang zu meinem Zimmer. Es wurde mit jeder Minute heller; die Vögel begannen schon zu singen. Ich brauchte kein elektrisches Licht mehr, um mich auszuziehen. Vom Fenster her wehte ein kühler Wind herein. Ich sah hinaus. Die Gäste mußten den Rosengarten während des Abends bevorzugt haben, denn die Stühle waren beiseite gerückt worden. Auf dem einen Tisch stand ein Tablett mit leeren Gläsern. Jemand hatte eine Handtasche liegenlassen. Ich zog die Vorhänge zu, um das Zimmer zu verdunkeln, aber das graue Morgenlicht drang an den Seiten herein.
    Ich legte mich ins Bett; meine Beine zitterten

Weitere Kostenlose Bücher