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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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Türen zur Bibliothek, die Lelys und van Dycks an den Wänden, die kunstvoll geschnitzte Treppe zur Galerie; und dann, die ganze Halle füllend, ein Meer von Gesichtern, die mich mit offenen Mündern neugierig anstarrten. Eine Gestalt löste sich aus der Menge, hager und groß, in tiefes Schwarz gekleidet; die hervorstechenden Backenknochen und tiefliegenden großen Augen gaben ihrem pergamentenen Gesicht das Aussehen eines Totenschädels.
    Sie kam auf mich zu, und ich streckte ihr meine Hand entgegen und beneidete sie um ihre würdige und gemessene Haltung; aber die Hand, die die meine ergriff, war schwer und schlaff, eiskalt, und fühlte sich an wie ein lebloses Ding.
    «Das ist Mrs. Danvers», sagte Maxim, und sie fing zu sprechen an, ohne diese tote Hand wegzunehmen, ohne ihren toten Blick von mir zu wenden, so daß ich unsicher wurde und sie nicht ansehen konnte, und als sie das merkte, bewegte sich ihre Hand, das Leben kehrte in sie zurück, und ich empfand aus irgendeinem Grund Scham und Unbehagen.
    An ihre Worte erinnere ich mich nicht mehr, aber ich weiß, daß sie mich im Namen der ganzen Dienerschaft willkommen hieß, eine förmliche, banale Rede, die sie für diese Gelegenheit auswendig gelernt hatte und mit einer Stimme vortrug, die so kalt und leblos klang, wie ihre Hand sich angefühlt hatte. Als sie geendet hatte, blieb sie vor mir stehen, als erwarte sie eine Erwiderung von mir, und ich erinnere mich, daß ich tief errötete, während ich ein paar Worte des Dankes stammelte, und in meiner Verwirrung ließ ich die Handschuhe fallen. Sie bückte sich, um sie aufzuheben, und als sie sie mir reichte, bemerkte ich, wie sich ihr Mund zu einem verächtlichen kleinen Lächeln verzog. Ich erriet sofort, daß sie mich nicht für voll nahm. Irgend etwas im Ausdruck ihres Gesichtes flößte mir ein Gefühl von Unruhe ein, und schon als sie zu den anderen zurückgetreten war, schien ihre schwarze Gestalt sich von den übrigen abzuheben, eine einzelne unter den vielen, und obwohl sie nun schwieg, fühlte ich ihre Augen noch immer auf mir ruhen. Maxim nahm meinen Arm und sprach seinen Dank für die Begrüßung aus, völlig unbefangen und sicher, als sei es das Selbstverständlichste von der Welt, und dann führte er mich in die Bibliothek zum gedeckten Teetisch, schloß die Tür hinter uns, und wir waren endlich wieder allein.
    Zwei Spaniels kamen vom Kamin auf uns zu. Sie sprangen an Maxim hoch, die langen, seidigen Ohren zur zärtlichen Begrüßung zurückgelegt, und bohrten ihre Nasen in seine Hände. Dann ließen sie von ihm ab, kamen zu mir und beschnupperten zurückhaltend und mißtrauisch meine Füße. Der eine Hund, die Mutter des anderen, die auf einem Auge blind war, wurde meiner schnell überdrüssig und rollte sich mit einem Seufzer wieder vor dem Kamin zusammen; aber Jasper, ihr Sohn, schnüffelte an meiner Hand und legte seinen Kopf auf meine Knie, mich mit seinen sprechenden Augen betrachtend. Und als ich ihm über das weiche Fell strich, wedelte er mit dem Schwanz.
    Ich fühlte mich bedeutend wohler, nachdem ich meinen Hut und meinen lächerlichen kleinen Pelzkragen abgenommen und beides zu Handschuhen und Handtasche auf die Fensterbank geworfen hatte. Es war ein geräumiges, behagliches Zimmer, in dem wir uns befanden. Die Wände verschwanden ringsum bis unter die Decke hinter dichten Bücherreihen, ein Zimmer, in dem ein Junggeselle sein Leben verbringen konnte, mit schweren Sesseln vor dem großen, offenen Kamin und Hundekörben, die allerdings nur selten benutzt zu werden schienen, denn die Sessel wiesen verräterische Vertiefungen auf. Die hohen Fenster boten einen freien Blick auf die Rasenflächen und weit dahinter auf das ferne Glitzern des Meeres.
    Dem Zimmer haftete ein eigener, angenehm dumpfiger Geruch an, als verändere sich die Luft in ihm nur wenig, trotz dem süßen Duft von Flieder und Rosen, der im Sommer hier eindrang. Jeder Luftzug, der in dieses Zimmer gelangen mochte, ob nun vom Garten oder von der See her, büßte hier schnell seine Frische ein und wurde eins mit den Büchern, muffig und verstaubt, eins mit der geschnitzten Decke, den dunklen Paneelen, den schweren Vorhängen.
    Es war ein alter, würziger Moosgeruch, der Geruch einer stillen Kirche, in der nur selten ein Gottesdienst abgehalten wird, in der die rostbraune Flechte zwischen den Steinen wächst und der Efeu sich vor den Fenstern rankt. Ein Raum des Friedens, ein Raum der Besinnlichkeit.
    Bald wurde der Tee

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