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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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lebte, war es der Gästeflügel. Ich möchte nur rasch die Briefe zu Ende durchsehen, dann komme ich nach. Lauf nur zu und freunde dich ein bißchen mit Mrs. Danvers an, das ist eine sehr günstige Gelegenheit dazu.»
    Als ich mich erhob und langsam hinausging, fühlte ich meine Unsicherheit wiederkehren.
    Am liebsten hätte ich auf ihn gewartet und dann Arm in Arm mit ihm zusammen die Zimmer besichtigt. Ich wollte nicht allein mit Mrs. Danvers sein. Wie riesig kam mir die leere Halle jetzt vor.
    Meine Schritte hallten auf den Steinfliesen, und die Decke warf ihr Echo zurück; fast fühlte ich mich schuldbewußt bei diesem Geräusch, so wie in der Kirche, wenn man das beklemmende Gefühl hat, von allen angestarrt zu werden.
    «Es ist hier alles so groß, nicht wahr?» sagte ich zu Frith, zu forsch, zu gezwungen, wieder das Schulmädchen; aber er antwortete ganz ernsthaft: «Ja, Madam, Manderley ist ein großer Besitz. Nicht so groß wie manche andere, aber doch recht groß. In früheren Zeiten war hier die Festhalle. Bei besonderen Gelegenheiten, einer Abendgesellschaft oder einem Ball, tritt sie wieder in ihre alte Funktion. Und einmal in der Woche ist hier auch öffentlicher Besuchstag, wie Sie vielleicht wissen.»
    «Ja», sagte ich, immer noch von meinen lauten Schritten verfolgt. Wie ich da hinter ihm herging, hatte ich das Gefühl, daß er mich genauso behandelte wie einen Besucher, der Manderley besichtigte, und ich betrug mich auch ganz so, blickte höflich nach rechts und nach links, betrachtete die Waffen und die Bilder an den Wänden, strich mit der Hand über das geschnitzte Geländer.
    Eine schwarze Gestalt erwartete mich am Kopf der Treppe, die tiefliegenden Augen in dem weißen Totenschädel prüfend auf mich gerichtet. Ich sah mich unwillkürlich schutzsuchend nach Frith um, aber er war bereits in einem anderen Flur verschwunden.
    Ich war jetzt allein mit Mrs. Danvers. Ich stieg die breite Treppe zu ihr hinauf, und sie wartete regungslos, die Hände vor sich gefaltet, und blickte mir unverwandt entgegen.
    Ich zwang mich zu einem Lächeln, das nicht erwidert wurde, und ich konnte ihr das auch nicht übelnehmen, denn mein Lächeln hatte gar keinen Sinn. Es war töricht und unnatürlich.
    «Hoffentlich habe ich Sie nicht warten lassen», sagte ich.
    «Ich habe mich nach Ihnen zu richten, Madam», entgegnete sie. «Ich bin nur dazu da, Ihre Befehle auszuführen.»
    Und dann drehte sie sich um und schritt durch die Galerie zu dem anschließenden Korridor.
    Wir gingen einen breiten, mit Teppichen ausgelegten Gang entlang, wandten uns dann nach links durch eine Eichentür, stiegen eine schmale Treppe hinunter und auf der anderen Seite eine entsprechende Treppe hinauf und kamen so wieder zu einer Tür. Diese stieß sie auf und trat dann zur Seite, um mich vorbeizulassen, und ich befand mich in einem kleinen Vorraum, einer Art Boudoir, in dem ein Sofa, ein paar Stühle und ein Schreibtisch standen, und gelangte von da in ein großes, doppelbettiges Schlafzimmer mit breiten, hohen Fenstern und einem anschließenden Badezimmer.
    Ich ging sofort an ein Fenster und sah hinaus. Unten lag der Rosengarten und der östliche Teil der Terrasse, und hinter dem Garten erstreckte sich ein glatter Rasen bis zum nahen Wald.
    «Das Meer kann man von hier aus nicht sehen», sagte ich, mich zu Mrs. Danvers umwendend.
    «Nein, von diesem Flügel aus nicht», antwortete sie. «Man kann es nicht einmal hören. Man sollte von diesem Flügel aus gar nicht meinen, daß das Meer so nahe ist.»
    Sie sprach mit einer merkwürdigen Betonung, als verberge sie etwas hinter ihren Worten, und sie legte einen sonderbaren Nachdruck auf die Worte «diesem Flügel», als wollte sie mir zu verstehen geben, daß die Räumlichkeiten hier in mancher Hinsicht etwas zu wünschen übrig-ließen.
    «Das ist schade. Ich liebe das Meer so», sagte ich.
    Sie starrte mich nur schweigend an; ihre Hände hielt sie immer noch vor sich gefaltet.
    «Es ist aber trotzdem ein entzückendes Zimmer», sagte ich, «und ich bin überzeugt, daß ich mich hier wohl fühlen werde. Ich hörte, daß es ganz neu für uns hergerichtet wurde.»
    «Ja», sagte sie.
    «Wie sah es denn früher aus?» fragte ich.
    «Es hatte eine lila Tapete und andere Vorhänge; Mr. de Winter fand es zu düster. Es ist nie viel benutzt worden, außer von gelegentlichem Logierbesuch. Aber Mr. de Winter ordnete in seinem Brief ausdrücklich an, daß dies Ihr Zimmer werde.»
    «Dann war es also

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