Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm
Polizei und zeige euch wegen Kindesentführung an. Ich schwöre auf die Bibel, dass ich das tun werde. Und vorher stürze ich noch in euer Wohnzimmer und mache ein Höllengeschrei. Sara ist Sannas Tochter, und Sanna will sie bei sich haben. Die Entscheidung liegt bei euch. Entweder holt ihr sie jetzt, oder die Polizei holt sie. «
Kristina Strandgård schaut besorgt hinter der Schulter ihres Gatten hervor.
» Sanna « , sagt er eindringlich zu seiner Tochter, ohne Rebecka aus den Augen zu lassen. » Sanna. «
Sanna starrt zu Boden. Fast unmerklich schüttelt sie den Kopf.
Und dann geschieht es. Olofs Stimmung schlägt um. Er macht ein besorgtes und verletztes Gesicht.
» Kommt rein « , sagt er und geht rückwärts ins Haus.
» Wenn das so wichtig für dich ist, dann hättest du es doch einfach sagen können « , sagt Olof zu Sanna, die Sara den Nylonoverall und die Stiefel anzieht. » Ich kann schließlich keine Gedanken lesen. Wir dachten nur, ein kinderloses Wochenende könnte auch mal nett für dich sein. «
Schweigend zieht Sanna Sara Mütze und Handschuhe an. Olof spricht leise, er hat Angst, die Gäste könnten ihn hören.
» Du hättest wirklich nicht herkommen und eine solche Szene zu machen brauchen « , erklärt er.
» Das sieht dir wirklich nicht ähnlich, Sanna « , flüstert Kristina, aber ihr Blick haftet hasserfüllt an Rebecka, die sich an die Haustür lehnt.
» Morgen lassen wir das Türschloss auswechseln « , sagt Rebecka, als sie zum Auto gehen.
Sanna trägt Sara auf dem Arm und sagt nichts. Sie hält die Kleine so fest, als wolle sie sie nie wieder loslassen.
Herrgott, was war ich wütend, dachte Rebecka. Und es war doch nicht einmal mein eigener Zorn. Eigentlich hätte Sanna wütend sein müssen. Aber dazu war sie einfach nicht in der Lage. Und wir haben das Türschloss auswechseln lassen, bloß gab sie dann zwei Wochen später ihren Eltern einen neuen Schlüssel.
Sanna packte sie am Arm, um sie in die Gegenwart zurückzuziehen.
»Die werden bestimmt die Mädchen zu sich holen wollen, wenn ich in Haft sitze«, sagte Sanna.
»Mach dir keine Sorgen«, antwortete Rebecka zerstreut. »Ich rede mit der Schule.«
»Wie lange muss ich hier bleiben?«
Rebecka zuckte mit den Schultern.
»Sie können dich nicht länger als drei Tage in Gewahrsam halten. Danach muss die Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft beantragen. Und darüber muss spätestens vier Tage nach deiner Festnahme entschieden werden. Spätestens am Samstag also.«
»Und komme ich dann in Untersuchungshaft?«
»Das weiß ich nicht«, sagte Rebecka und fühlte sich überhaupt nicht wohl in ihrer Haut. »Vielleicht. Dass sie Viktors Bibel und dieses Messer in deiner Bank gefunden haben, ist ja nicht gerade lustig.«
»Aber die kann doch wirklich jeder da hineingelegt haben, als ich zur Kirche gegangen bin«, rief Sanna. »Du weißt doch, dass ich die Tür nie abschließe.«
Sie verstummte und spielte an dem roten Pullover herum.
»Was ist, wenn ich es doch war?«, fragte sie plötzlich.
Rebecka spürte, wie schwer ihr das Atmen fiel. In dem kleinen Raum schien es keine Luft mehr zu geben.
»Wie meinst du das?«, fragte sie.
»Ich weiß nicht«, jammerte Sanna und presste die Hände auf ihre Augen. »Ich habe doch geschlafen. Ich habe geschlafen und weiß nicht, was passiert ist. Aber was ist, wenn ich es war? Das musst du herausfinden!«
»Ich verstehe nicht, was du meinst«, sagte Rebecka. »Wenn du geschlafen hast …«
»Aber du weißt doch, wie ich bin. Ich vergesse so viel. Wie damals, als ich mit Sara schwanger war. Ich konnte mich ja nicht einmal daran erinnern, dass ich mit Ronny geschlafen hatte. Das musste er mir erzählen. Wie schön das gewesen war. Ich kann mich noch immer nicht daran erinnern. Aber schwanger war ich ja, also muss es passiert sein.«
»Na gut«, sagte Rebecka langsam. »Aber ich glaube nicht, dass du es warst. Weiße Flecken auf der Gedächtniskarte zu haben bedeutet nicht, dass man jemanden ermordet haben kann. Aber du musst genau nachdenken.«
Sanna blickte sie fragend an.
»Wenn du das nicht warst«, sagte Rebecka langsam, »dann hat irgendwer Messer und Bibel in deine Bank gelegt. Irgendwer will dir die Schuld zuschieben. Jemand, der weiß, dass du nie abschließt. Verstehst du? Das war nicht irgendein dahergelaufener Verrückter.«
»Du musst herausfinden, was passiert ist«, sagte Sanna.
Rebecka schüttelte den Kopf.
»Das ist nun wirklich Sache der Polizei.«
Beide
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