Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
Kwesiga. »Was können wir machen?«
»Wir werden das absolut Notwendige in die Wege leiten«, sagt der Präsident. »Wir wissen nicht, wer außer Sneyers und Kallis noch mit der Sache zu tun hat. Das ist vielleicht unsere einzige Chance. Um sich zu verteidigen, muss man manchmal auf fremdem Territorium Krieg führen. Wenn wir von Israel etwas gelernt haben, dann ja wohl das. Oder von den USA.«
»Für die gelten aber andere Regeln«, sagt Ministerin Kwesiga.
»Diesmal nicht.«
»Ich habe Wattrang überzeugen können, dass ich ihm nicht glaube«, sagt Kwesiga zum General. »Ich habe sogar gelacht. Er hatte das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Also kann er unmöglich damit rechnen, dass wir auf irgendeine Weise aktiv werden. Ich dachte, falls er alles bereut und jemandem von diesem Anruf erzählt, so werden die ihre Pläne nicht ändern, wenn ich gesagt habe, dass ich ihm nicht glaube.«
»Das war ganz richtig«, sagt General Muinde. »Sehr gut gemacht.«
Er stellt vorsichtig die Teetasse hin.
»Weniger als vierundzwanzig Stunden«, sagt er. »Das ist nicht viel Zeit. Es wird eine Gruppe aus fünf Personen. Nicht meine eigenen Leute. Falls es Komplikationen gibt, ist es besser so. Wir haben Waffen in der Botschaft in Kopenhagen. Sie müssen dort landen und mit dem Wagen nach Schweden fahren. Die Überquerung der Grenze ist total unproblematisch.«
Er erhebt sich mit einer leichten Verbeugung.
»Ich muss einiges erledigen, wenn ihr also entschuldigt …«
Er salutiert. Der Präsident nickt nachdenklich. Und der General verlässt den Raum.
Diddi erscheint mitten beim Dessert beim Essen auf dem Herrensitz Regla. Plötzlich steht er in der Türöffnung zum Esszimmer. Der Schlips baumelt wie ein lockerer Fetzen um seinen Hals, das Hemd hängt halb aus der Hose, die Jacke am Zeigefinger, vielleicht wollte er sie anziehen, hat es aber vergessen, und jetzt schleift er sie hinter sich her wie einen verletzten Schwanz. Die ganze Gesellschaft verstummt und sieht ihn an.
»Verzeihung, excuse me«, sagt er. »Tut mir leid.«
Mauri erhebt sich. Er ist wütend, aber beherrscht.
»Du gehst bitte sofort«, sagt er auf Schwedisch in einem äußerst liebenswürdigen Tonfall.
Und Diddi steht in der Türöffnung wie ein Kind, das aus einem bösen Traum erwacht ist und die Eltern beim Essen stört. Er ist rührend, als er in gepflegtem Englisch bittet, für einen Moment mit seiner Frau sprechen zu dürfen.
Dann fügt er auf Schwedisch in dem gleichen sanften Tonfall hinzu:
»Sonst mache ich eine Szene, Mauri. Und da wird dann Innas Name erwähnt. Verstehst du?«
Mit einem kurzen Nicken fordert Mauri Ulrika auf, zu ihrem Mann zu gehen. Sie bittet um Entschuldigung und verlässt den Tisch. Ebba schickt ihr ein kurzes, mitfühlendes Lächeln hinterher.
»Domestic problems«, sagt Mauri bedauernd zur Tafelrunde.
Die Herren lächeln. Das kommt schließlich in den besten Familien vor.
»Lass mich wenigstens andere Schuhe anziehen«, jammert Ulrika, als Diddi sie über den Hofplatz zieht.
Sie spürt, wie die Feuchtigkeit durch die glitzernden Riemchensandalen von Jimmy Choo steigt.
Dann weint sie. Es ist ihr egal, dass Mikael Wiik, der vor dem Haus auf der Veranda sitzt, sie hört. Diddi zieht sie weg vom Hofplatz, fort vom Licht der Laternen.
Sie weint, weil Diddi dabei ist, ihr gemeinsames Leben zu zerstören. Aber sie sagt nichts. Es hat keinen Zweck, sie hat den Versuch aufgegeben. Mauri wird ihn feuern. Und dann haben sie nichts, wovon sie leben können, und keinen Ort zum Wohnen.
Ich muss ihn verlassen, denkt sie. Und dann weint sie noch mehr. Denn sie liebt ihn wirklich immer noch, aber das hier geht nicht, das ist vollständig unmöglich. Und was hat er sich nun schon wieder in den Kopf gesetzt?
»Wir müssen weg hier«, sagt Diddi, als sie sich ein Stück vom Haus entfernt haben.
»Lieber Diddi«, fleht Ulrika und versucht, sich zusammenzunehmen. »Wir reden morgen über alles. Ich gehe jetzt zurück und esse mein Dessert und …«
»Nein, du verstehst das nicht«, sagt er und packt ihre Handgelenke. »Ich meine nicht, dass wir wegziehen müssen. Ich meine, wir müssen weg hier. Sofort!«
Ulrika hat Diddis Paranoia schon häufiger erlebt, aber jetzt macht er ihr wirklich Angst.
»Ich kann das nicht erklären«, sagt er mit einer solchen Verzweiflung, dass sie wieder in Tränen ausbricht.
Dieses Leben war so perfekt. Sie liebt Regla. Sie liebt ihr schönes Haus. Sie und Ebba sind gute Freundinnen
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